Werner Thomas
geboren um 1931
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Werner Thomas war der Sohn eines Coiffeurs und einer Wirtin. Die Mutter wirtete in Berg (Thurgau, Schweiz), zuerst im "Schöntal", dann im "Frohheim" an der Hauptstrasse 41. Der Bub half bei beidem aus, beim Haareschneiden und in der Gaststube. Als 10-jähriger litt er an Knochentuberkulose, die jedoch zuerst falsch behandelt wurde, sodass ihm ein Arzt das kranke Knie heraussägen musste. Seither war sein rechtes Bein steif und 17 Zentimeter kürzer als das andere. Schliesslich wurde Thomas Handorgellehrer, konnte jedoch seine eigenen Schüler bald nicht mehr ausstehen. So begann er Anfang der 1950er Jahre durchs Zürcher Niederdorf zu tingeln und ging für 18 Franken pro Nacht von Tisch zu Tisch. Nach Feierabend, gegen Morgen, improvisierte er mit Hazy Osterwald und den Geschwistern Schmid im Restaurant "Kindli", und immer hatte einer eine Flasche Schnaps dabei. "Schöne Zeiten waren das."
1957 fiel ihm eine lüpfige Tonfolge ein, die er "Vogerltanz" nannte und begann an ihr zu feilen. Dann heiratete Thomas die Serviertochter Maria und zog mit ihr nach Klosters (Graubünden, Schweiz). "Ich musste einen Eisenbahnwagen Kartoffelsäcke, 50 Kilo der Sack, zehn Tonnen im Ganzen, auf einen Lastwagen umladen, allein." Invalidenrente? "Hab ich nie bezogen. Erst mit 63 bekam ich die." Irgendwann sprang er im "Cava Grischa" in Davos als Tanzmusikant ein, wurde vom Fleck weg engagiert und war bald der beliebteste Handorgelspieler am Ort. Dann machte er die Taxiprüfung, schliesslich die Wirteprüfung. 1963 übernahm er das "Rössli", spielte jede Nacht im eigenen Dancing auf, "immer am zäh vor", seine Melodie: Taba-däbädä, bä-räm: um zehn vor neun, vor zehn, vor elf, vor Mitternacht, vor eins, vor zwei. "Die Leute konnten nicht genug bekommen."
Anfang 1973 verbrachte Louis van Rijmenant, der Chef des belgischen Plattenlabels Intervox, die Skiferien in Davos, wo er den "Vogerltanz" erstmals hörte. Thomas händigte ihm das Notenblatt aus und hatte schon nach ein paar Tagen die Schallplatte im Briefkasten. Er war entsetzt: "Dä huere Säich!" Van Rijmenant hatte die Akkordeonmelodie von der Bobby Setter Co. über einen Synthesizer spielen lassen, den Gruppennamen Cash and Carry erfunden, das Liedlein zu "Tchip tchip" umgetauft und sich unter dem Pseudonym "Terry Rendall" auch gleich als Mitautor eintragen lassen. Thomas fand es "schaurig, was der aus meinem Stück gemacht hat." Doch bereits nach einem Monat waren 100'000 Singles verkauft, Thomas erhielt in Antwerpen eine Goldene Schallplatte - und war mit dem "huere Säich" versöhnt.
Von da an hätte Thomas nicht mehr zu arbeiten brauchen. Doch der zweifache Vater handorgelte weiter, über Mittag auf dem Jakobshorn für die Skifahrer, nachts im "Sunstar Park" zum Après-Ski. Den albernen Tanz zum albernen Lied erfand Thomas selbst, indem er den Tanzenden auf die Füsse und aufs Maul schaute. Er selber textete damals zu seiner Melodie etwas derbe Verse: "Nimm ihn kräftig in den Mund, ja dann wird er wieder rund - da hilft nur eins, und das ist Blasen." Kein Wunder, dass die wirklich erfolgreichen Fassungen sämtlich ohne Text herausgebracht wurden.
Im Juni 1980 veröffentlichten die niederländische Amateurgruppe Electronica's die Single Radio 2000 mit der B-Seite "De Vogeltjesdans", doch bald stellte sich die B-Seite als der wahre Hit heraus, der in den Niederlanden Platz 6 erreichte, sich 28 Wochen in den Top 40 halten konnte und in der Jahreshitparade 1980 gar Platz 2 erreichte! In Deutschland wurde dieselbe Version der Electronica's anschliessend als "Ententanz" bekannt und konnte sich ab März 1981 51 Wochen in der deutschen Hitparade halten, davon acht Wochen auf Platz 1. Beim dazu passenden Modetanz ahmte man das Flügelschlagen und Hinternwackeln einer Ente nach. In Grossbritannien veröffentlichten die Tweets das Lied "Dance little bird (The birdie song)" und erreichten damit am 10. Oktober 1981 Platz 2 der Hitparade - im Jahr 2000 wurde ihre Version zum ärgerlichsten Lied aller Zeiten erklärt.
Insgesamt verkaufte sich das Lied bisher in 370 Versionen in 42 Ländern über 40 Millionen Mal. Dem Komponisten fielen pro Tonträger 3 bis 15 Rappen zu. In Finnland wurde das Lied als "Kuminauha Twist" veröffentlicht, in den USA als "Chicken dance" und in Italien sang Romina Power das Lied "Il ballo di qua qua" auf Platz 1 der Hitparade. Fred Sonnenschein (alias Frank Zander) In Deutschland sein "Ja, wenn wir alle Englein wären". 1982 veröffentlichten Curt Haagers in Schweden das Album Dansa Kvack Kvack mit "Die Fågeldans" und verkauften davon bis 1984 über 100'000 Exemplare, was ihnen eine Diamantene Schallplatte einbrachte.
Das ursprünglich "Vogerltanz" genannte Lied und der dazugehörige Tanz wurde in verschiedenen Sprachen und Ländern und entsprechend vielen Namen herausgebracht:
Sprache bzw. Land | Name |
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Schweiz | Tchip tchip; Ententanz |
Tschechisch | Ptačí tanec |
Finnisch | Tiputanssi |
Englisch | Chicken dance |
Deutsch | Ententanz; Vogerltanz |
Französisch | La danse des canards |
Hebräisch | ריקוד הציפורים (Rikud Ha'Tsiporim) |
Isländisch | Fugladansinn |
Italienisch | Il ballo del qua qua |
Japanisch | Okashi Tori |
Norwegisch | Fugledansen |
Portugiesisch | A dança do passarinho |
Polnisch | Kaczuszki (Eendjes) |
Russisch | Танец маленьких утят |
Slowenisch | Račke (Eenden) |
Spanisch | Pajaritos a bailar; El baile de los pajaritos |
Schwedisch | Fågeldansen |
Ungarisch | Kacsatánc |
Zwar notierte Thomas auch später noch jede Melodie, die ihm einfiel, und komponierte so über 300 Polkas und Schottisch, doch "keiner will sie hören." Oft bot er Rijmenant neue Stücke an. "Er sagte stets: 'Nein, wir machen nur den einen. Das gibt einen Evergreen, der kommt alle sieben Jahre wieder.'" Das war untertrieben. Als der 75-jährige gefragt wurde, ob ihm der Hit nie verleidet sei: "I wär jo blöd! Hab jedes Mal den Plausch, wenn ich ihn höre, weil ich weiss: Das gibt Geld. Geld stinkt nie, wäisch."
Um 1990 zog der Asthmatiker mit seiner Frau wegen des Klimas in die Nähe von Locarno (Tessin, Schweiz).