Text "Rohrkrepierer" (Arnd Schirmer)

Aus Mikiwiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Autor Arnd Schirmer
Texttitel Rohrkrepierer
Sprache Deutsch
Textform
Veröffentlichung 1985.09.23 Der Spiegel Nr. 39

Text

Popmusik

Rohrkrepierer

Mit der Kinokomödie Drei gegen drei und einer neuen LP versucht "Trio" ein Comeback.

Erinnert sich jemand an "Trio"? Drei Stichworte: "Da da da".

Gut drei Jahre ist es her, nach Pop-Massstäben eine Ewigkeit, dass "Trio" die Welt mit dem Lied "Da da da ich lieb' dich nicht, du liebst mich nicht aha aha aha" beglückte.

Das Entzücken über das geniale Stück breitete sich in vielen Ländern aus, und die drei Newcomer Stephan Remmler, Gert Krawinkel und Peter Behrens konnten mehr als vier Millionen Exemplare davon losschlagen. Weitere "Trio"-Hits, darunter "Anna - lassmichrein lassmichraus" und "Turaluraluralu - ich mach bubu, was machst du?", mehrten Ruhm und Geld der Combo.

Doch dann stand das "Trio"-Fliessband still. Die drei Wahl-Ostfriesen legten Pause ein, und ihre Wege trennten sich. Remmler trat mit dem Apokalypse-Schlager "Feuerwerk" hervor, Gitarrist Krawinkel half beim Popsänger Müller-Westernhagen aus, und Behrens debütierte in Tausend Augen als Filmschauspieler und Peter-Lorre-Imitation. Ausserdem musste er wegen einer Führerschein-Angelegenheit einsitzen.

Jetzt haben sich die drei Musiker mit dem Gespür für Minimal-Effekte wieder zusammengefunden und streben auf zwei Wegen zum Comeback - mit einer neuen LP und einem Kinofilm. Die "Trio"-Platte Whats the password hält fast durchweg das Roh-Niveau, das der Band früher soviel Wertschätzung einbrachte, aber mit der Kinokomödie Drei gegen drei landet das skurrile Show-Gespann glatt auf dem Bauch.

In dem Film erweisen sich die drei als Opfer eines Trugschlusses: Die Musiker, auf der Konzert-Bühne und im Plattenstudio eine komische Nummer, die mit aufreizendem Understatement die Leute zum Lachen brachten, sind keine Filmkomiker und erst recht keine neuen Marx Brothers. Und so zappeln und grimassieren sie sich hilflos durch eine Verwechslungsklamotte (Regie: Dominik Graf), die eher Erbarmen als Gelächter provoziert.

Die Story ist noch nicht einmal so übel. Drei Generäle aus einer südamerikanischen Bananenrepublik setzen sich ab nach Europa, um dort unterzutauchen und in Ruhe vor Revolutionären ein aufs Schweizer Konto gebrachtes Riesenvermögen zu verbraten. Durch ein spektakulär inszeniertes Attentat sollen drei Doppelgänger in die Luft gejagt werden, damit sich die Generalsspuren verwischen.

Natürlich spielen Remmler & Co. die Generäle plus Doubles, und oft ist gar nicht herauszufinden, wer im Bild ist. Dazu fehlen diesen Laien und Anfängern die professionellen Erfahrungen und Tricks, mit denen Nuancen deutlich und Gags ins Ziel gebracht werden.

Aber das wäre noch zu verschmerzen, wenn überhaupt so etwas wie grotesker, bodenloser Wahnsinn die Szenen animierte. Statt dessen sieht man gelangweilt Leuten zu, die sich wild gestikulierend und Fratzen schneidend abstrampeln und flehentlich um Lacher winseln. Deutscher Lustspiel-Muff, wie gehabt.

Und weil offensichtlich auch den Produzenten dieser Katastrophe beim Drehen Zweifel kamen, ob das alles wirklich komisch sei, streuten sie ein paar Herrenwitze ein, die noch immer für dröhnende Reaktionen gut waren.

Da gibt's, zum Beispiel, eine dusselige Blonde (Sunnyi Melles), die durch die Handlung wackeln muss, dabei auch mal hysterisch kreischt oder einen Heulanfall bekommt - so sind die Frauen eben. In einer Szene fährt ein Panzer auf sie zu, und das Geschützrohr bohrt sich zwischen ihre Schenkel. Die Kanone schwenkt hoch, die Dame rutscht darauf herunter, stöhnt glücklich auf, im Hintergrund gibt's eine feurige Explosion, und Remmler kommentiert mit Macho-Grinsen: "Das is'n Rohr, wa!"

Mit derlei billigen "Supernasen"-Scherzen sind die "Trio"-Musiker dabei, ihren Kredit zu verspielen, den sie sich als raffinierte Pop-Minimalisten erworben haben. Für ihre peinliche Vorstellung als Blödel-Junta und die Vermessenheit, ohne irgendwelche Kinokomiker-Qualitäten in einem weiteren Medium absahnen zu wollen, müssten sie eigentlich damit bestraft werden, sich ihr Werk anzusehen. Dreimal täglich.

Versionen

Datum Autor Format Titel Verlag Anmerkungen
1985.09.23 Arnd Schirmer Artikel Rohrkrepierer DE: Der Spiegel Nr. 39