Text "Peter Behrens verzweifelt gesucht..." (Ralf bei der Kellen)
Autor | Ralf bei der Kellen |
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Texttitel | Peter Behrens verzweifelt gesucht... |
Sprache | Deutsch |
Textform | |
Veröffentlichung | 2002.05.31 Intro Nr. 95 |
Text
Peter Behrens verzweifelt gesucht...
Wir schreiben das Jahr 1980. Auch ohne die Aufforderung eines Bundespräsidenten geht ein Ruck durch Deutschland: Plötzlich gibt es eine Welle neuer Bands mit Namen wie Fehlfarben oder Ideal, die - noch ein paar Jahre zuvor undenkbar - Popmusik mit deutschen Texten machen. Da wollen auch ein Sänger und ein Gitarrist im Norden Deutschlands, die sich bereits aus alten Krautrock-Tagen kennen, nicht länger untätig herumsitzen und machen sich per Annonce auf die Suche nach einem Schlagzeuger. Die Bewerber müssen, bevor sie an die Schiessbude gelassen werden, erst mal ihre Trinkfestigkeit mit Bommerlunder unter Beweis stellen. Ein 33-jähriger Mann amerikanischer Herkunft mit dem unamerikanischen Namen Peter Behrens schafft es.
Trio sind komplett.
Am 20. Dezember 1980 geben sie das erste gemeinsame Konzert bei Bommerlunder und Grünkohl in ihrer Stammkneipe in Grossenkneten. Der Rest ist Geschichte. Mit Da da da landen sie 1982 einen Hit internationalen Ausmasses: Die Single verkauft sich weltweit 13 Mio. mal, die Debüt-LP Trio erscheint in 20 Ländern (u. a. Brasilien und Hongkong). Gar nicht so übel für eine Kapelle, die noch kurz zuvor in Turnhallen, Jugendzentren und Schallplattenläden Norddeutschlands vor einem zwar stets amüsierten, aber sehr spärlichen Publikum spielte und ihre ersten Tonträger aus dem Tourbus, einem fast schrottreifen PKW, verkaufte. Blickfang der Band ist der von Sänger Stephan Remmler als Karl Knapp vorgestellte, keine Miene verziehende Standschlagzeuger mit den roten Hosenträgern, dem seine Minimal-Performance genug Zeit lässt, während eines Songs einen Apfel zu essen.
1985 lösen sich Trio auf. Remmler arbeitet erfolgreich an einer Solo-Karriere, bevor er sich 1996 ganz von der Musik zurückzieht. Gitarrist Kralle verdingt sich als Session-Musiker und sichert sich als Western-Reiter mit einem Freund einen Eintrag im Guinness Buch der Rekorde. Und Peter Behrens, der Mann, der 99% von Trios Bühnenshow ausmachte? Sein Post-Trio-Output beschränkt sich auf fünf Singles, veröffentlicht zwischen 1987 und 1991. Am Text seiner 1990 erschienenen Single Sie kam Australien wird deutlich, wer den Spirit des alten Trios hochhält: "Die einen kommen immer / und die andren kommen nie / Doch niemand weiss genau wieso / drum steh ich so auf sie / Sie kam Australien nach Ingolstadt / weil sie dort einen Verwandten hat." Den einzigen nennenswerten Erfolg kann Peter mit seiner deutschen Version von Suzanne Vegas Song "Tom's Diner" (Titel: Dep de dö dep) verbuchen. Nach der Single Der Lila-Lederhosen-Lambada von 1991 [i. e. 1992] und seinem Auftritt in Manta (Der Film) wird es still um ihn.
In den letzten Monaten taucht er im Zuge des "Achtziger-Revivals" verstärkt in den privaten TV-Sendern auf. Es gibt ihn also noch. In Wilhelmshaven, munkelt man. Über die Auskunft bekomme ich zwar die Nummer eines Peter Behrens, doch statt des Trio-Drummers erreiche ich dort nur einen zu Recht genervten, da zu Unrecht mit Medienanfragen überzogenen Beamten. Diverse Agenturen versprechen zwar, Nachrichten weiterzuleiten, der Erfolg ist aber gleich Null. Der Redaktionsschluss rückt näher, und treibt mich zu einer Verzweiflungstat: Ich rufe in Behrens' angeblicher Stammkneipe an. "Joh, der Pedder sitzt hier neben mir".
18 Stunden später telefonieren wir dann noch mal. Ja, Musik macht er noch, mit kleinen Bands spielt er in Clubs in und um Wilhelmshaven. Tanzmusik und Oldies. Beruflich dagegen ist reichlich Ebbe, Peter ist zur Zeit arbeitslos. Drei Jahre lang hatte er bei der Wilhelmshavener AIDS-Hilfe und beim Jugendamt eine ABM-Stelle, die dann nicht mehr verlängert wurde. Auf Trio wird er, gerade wenn mal wieder was im Fernsehen war, noch häufig angesprochen. Nervt das? "Nee, ich sag' immer, ich habe mir die Suppe eingebrockt, nun muss ich sie auch auslöffeln. Ist ja letztendlich auch ein Kompliment für das, was man mal geschaffen hat."
Dabei ist Peter derjenige, dem am wenigsten vom Ruhm Trios geblieben ist. Schon 1995 erklärte er dem Stern in einem Interview: "Das Geld ist weg. Weiber, Alkohol, Kokain. Ich hab' richtig zugelangt." Heute sagt er dazu: "Tja, die GEMA-Geschichte, da habe ich wohl nicht aufgepasst. Ich kriege heute nichts mehr. Damals hat Stephan Remmler die Texte gemacht, Kralle die Musik, und ich die Performance." Und auf letztere gibt es keine Rechte. Als "Da da da" Ende der 90er im Zuge einer Volkswagen-Werbung in den USA wieder in die Charts kam, hat es noch mal ein paar Dollars extra gegeben. Von seinem Anteil habe er sich einen neuen Anzug kaufen können, sagt Behrens. Und lacht. "Ich weine der Nummer keine Tränen nach. Wenn ich ab und zu mal 'nen Anfall hab', ärger' ich mich auch mal zehn Sekunden, aber dann ist's auch wieder gut."
Zu Remmler hat er überhaupt keinen Kontakt mehr, das müsse auch nicht sein. Kralle wohnt jetzt in Spanien, und wenn er zu Weihnachten seine Eltern in Cuxhaven besucht, ruft er bei ihm an und manchmal machen sie auch noch ein bisschen Musik.
Eine Anekdote noch, zum Schluss: "Im Februar 1982 sind wir mit Dieter Meier von Yello nach Zürich und haben da Da da da aufgenommen. Damals konnte man noch keine Beats am Rechner loopen. Und ich musste die ganzen Drums am Stück einspielen, auch für die Maxi-Single! Stundenlang immer nur diesen Beat! Ich wäre fast verzweifelt! Aber dafür sagt man mir heute noch nach, ich sei das lebende Metronom." Das kennt man sonst nur von Chic.
Versionen
Datum | Autor | Format | Titel | Verlag | Anmerkungen |
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2002.05.31 | Ralf bei der Kellen | Artikel | Peter Behrens verzweifelt gesucht... | DE: Intro Nr. 95 |
Anmerkungen
- Der Artikel basiert offenbar auf etwas Biografiestudium und zwei Telefonaten mit Peter Behrens 2002.