Text "Da, da, da (Stephan Remmlers Rückkehr)" (Christian Emigholz)

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Autor Christian Emigholz
Texttitel Da, da, da
Untertitel Stephan Remmlers Rückkehr
Sprache Deutsch
Textform
Veröffentlichung 2009.02.21 Weser Kurier

Text

Da, da, da (Stephan Remmlers Rückkehr)

Carsten Werner hat in der Schwankhalle einen bunten Musiktheaterabend über den Popstar inszeniert.

Bremen. "Oben aufm Berg" ist ein merkwürdiger Titel für eine Hommage an einen Musiker aus Bremerhaven, der einst mit der Heimatadresse Grossenkneten bekannt und ziemlich berühmt geworden ist. Dort befindet man sich in der norddeutschen Tiefebene, es gibt allenfalls Endmoränen - von Bergen keine Spur. Die Auflösung ist einfacher als gedacht: "Oben aufm Berg" heisst ein alter Song von Stephan Remmler.

Auch der Untertitel zu diesem Theater-Musik-Abend in der Schwankhalle ist O-Ton Remmler: Auf der Suche nach dem Schatz der verlorenen Gefühle war die Platte betitelt, mit der er einst Freddy Quinn huldigte. Ein Remmler-Abend also. Man denkt sofort an die Neue Deutsche Welle-Vorläuferband "Trio", an "Da da da", sagt sich, das wird lustig. Ganz so lustig wir es nicht, und um Trio geht es nicht, wenn auch irgendwann leise vom Plattenteller im Hintergrund "Turaluraluralu, ich mach BuBu, was machst du" knistert.

Es geht um das Schaffen des heute auf Lanzarote und in Basel lebenden Stephan Remmler, so prätentiös muss man das ausdrücken, nach Trio. Das ist zwar kauzig, kurios und auch komisch, aber richtig lustig ist nur Weniges. Die dadaistische Wurstigkeit, mit der Trio auf die überkommenen Popformen einzimmerten, ist bei Remmler einem Hang zur verkappten Ironie gewichen, die das Schlager-Alphabet bemüht und es zugleich als Waffe gegen den Schlager einsetzt: "Keine Sterne in Athen - stattdessen Schnaps in Sankt Kathrein" lauten dann Songzeilen.

Denis Fischer und Carsten Werner, von denen dieser Abend konzipiert wurde, haben ein kleines Kunststück vollbracht: Der ganze Abend besteht nämlich vollständig aus "Remmler-Sprech", gleichgültig ob gesprochen (seltener) oder gesungen wird, alles basiert auf Texten von Remmler. Schon bevor das Saallicht ausgeht, schallt es aus dem Off "Stell dir vor, es geht das Licht aus" (Songtitel).

Keine Frage, trotz der vielen Songs, die den Abend definieren, ist es zuerst ein Theaterabend, der nach den verlorenen Gefühlen in diesen Songs sucht. Auf dem grünen Bühnenboden verlieren sich Objekte, die wie Alphas und Omegas aussehen, genau so gut aber einen stilisierten Wald symbolisieren können (Bühne: Youdid Poppe). Per Film werden wir in die Bergwelt entführt; eine Alm bei Sankt Kathrein, versteht sich. Hier tummelt sich ein vervielfachter - Matrix lässt grüssen - Remmler (Denis Fischer, Janine Classen, Günther Grollitsch, Verena Fleisser, Carsten Sauer, Ralf Stahn) als eine Dreieinigkeit aus Schauspieler, Tänzer und Musiker.

Die singen "Einer ist immer der Loser", saufen bei "In Gesellschaft trink ich gern ein Gläschen mit", kuscheln beim "Kuschellied", kopulieren, wenn gefordert, oder fühlen sich als "Nabel der Welt".

Irgendwie verschlägt es die Crew später an Sandstrände von Brasilien oder Borkum, und da bevölkern plötzlich auch noch über 30 ältere Herren mit Prinz-Heinrich-Mützen die Bühne: der Neustädter Shanty Chor stimmt "Fährt ein weisses Schiff nach Hongkong" an, und begleitet Denis Fischer bei "Opa Voss".

Einen bunten, poetischen, mitunter überraschenden Theaterabend mit viel Musik hat Regisseur Carsten Werner zusammengebaut, dem nur hier und da das Tempo fehlte.

Versionen

Datum Autor Format Titel Verlag Anmerkungen
2009.02.21 Christian Emigholz Artikel Da, da, da
Stephan Remmlers Rückkehr
DE: Weser Kurier