Greg Irons/Biografie
Gregory Rodman Irons wurde am 29. September 1947 in Philadelphia (Pennsylvania, USA) geboren und besuchte die Swedeland Elementary School in Swedeland (Pennsylvania, USA). Sein Vater war als Grafiker in der Werbebranche und seine Mutter als staatlich geprüfte Krankenschwester tätig. Greg besuchte bis zur zehnten Klasse die Upper Marion High School, wo er als Kunstspringer in der Schwimmmannschaft mitmachte und vor allem auch an der Schulzeitung mitarbeitete. Sein Bruder Mark sagte, Greg habe bereits in jungen Jahren ein starkes Interesse an Kunst gehabt, sogar auf die Gefahr hin deswegen verhauen zu werden. "Er bemalte alle Wände als er jung war, und Mutter wusch sie ab und befahl ihm damit aufzuhören. Eines Tages verschob sie das Bett, um darunter staubzusaugen, da sah sie dass Greg darunter gekrochen war und auf die ganzen Sockelleisten gezeichnet hatte." Greg war ein autodidaktischer Künstler, dessen früheste Einflüsse die Mad-Taschenbuch-Nachdrucke mit Kurtzman, Elder, Wood und Davis waren. Daneben spielte er Bass bei der Lokalgruppe Cat's Cradle, die ausser ihm aus Michael Kac (Keyboard, Gesang; spielte später bei Mandrake Memorial), (Tony Hughes (Gitarre), und Bob Marquiss (Schlagzeug) bestand. Die Gruppe spielte an verschiedenen Orten, aber hauptsächlich in einem Café namens The Artist's Hut in Phialdelphia. Sobald LSD an der Ostküste erhältlich geworden war machte Greg Irons auch seine ersten Erfahrungen damit. Mit Hilfe eines Psychiaters konnte er dann einer Einberufung zum Militärdienst in Vietnam entgehen.
Als Greg Irons Anfang 1967 nach San Francisco zog, war er nicht nur ein versierter Zeichner, sondern auch ein selbstausgebildeter Musiker und Acid-Tripper. Mit seinem Skizzenbuch durchstreunte er Haight-Asbury und zeichnete was er sah - diese drogenbeeinflussten Zeichnungen bildeten später das Rohmaterial für die von ihm gestalteten Konzertplakate. Sein erstes Auftragsposter zeichnete er für die Eröffnung der Western Front-Tanzhalle. Mit seinem gedruckten Poster ging er zum Konzertveranstalter Bill Graham und erhielt von diesem den Auftrag, über Nacht ein Poster für ein im Fillmore Auditorium stattfindendes Konzert von Chuck Berry herzustellen. Obwohl es ihm wie so vielen anderen Künstlern der Zeit am Sinn für Farben fehlte, zeichnete er sich durch seine einzigartige Linienführung und seinen Sinn für Gefüge und Gleichgewicht aus. Die acht Plakate, die er zwischen 1967 und 1969 für das Fillmore herstellte zeigen auch eine karikaturartige Überschwänglichkeit die gut zum freudvollen Geist der Zeit passte. Die Plakate kündigten u. a. Konzerte von Chuck Berry, Moby Grape, Paul Butterfield, Jefferson Airplane, Crosby, Stills, Nash and Young, Albert King und Santana an. Viele dieser Plakate waren später im Buch The art of rock zu sehen.
1968 war Greg als Animator in London und arbeitete am Beatles-Zeichentrickfilm Yellow submarine mit. Daneben fertigte er für Mitch Mitchell in dessen Wohnung ein Wandbild an und malte ein sagenhaftes Werbeplakat für die Gruppe Fairport Covention. Für John Lennon erstellte er zudem ein vom Lied "I am the walrus" inspiriertes Acrylgemälde, das er ihm jedoch nie überreichen konnte.
1969 kehrte er nach San Francisco zurück und stellte wieder Konzertplakate für Bill Graham's Fillmore Auditorium und Chet Helm's The Family Dog herzustellen, ausserdem begann er Albumhüllen für Mercury Records und Bill Graham's Plattenfirma Fillmore zu gestalten. Während dieser Zeit stellte er auch Werbematerial für Grunt Records her, die Plattenfirma von Jefferson Airplane. Zu den beeindruckendsten von ihm gestalteten Albumhüllen gehört sicher dasjenige für Jerry Garcia's Bluegrass-Gruppe, Old and in the way. Dieses Album wurde später mit der originalen Druckvorlage wiederveröffentlicht.
Bob Rita forderte Greg Irons dann dazu auf, für das Print Mint-Comicheft Yellow dog einen eigenen Comic zu zeichnen. Dies führte schliesslich zu seinem ersten Comic Heavy (1969) und bald darauf zu einem zweiten, Light. In den frühen 1970er Jahren arbeitete Greg Irons als Mitwirkender an den Slow death comics, Deviant slice, Dr. Wirtham's comix and stories sowie in Skull comix. In San Fancisco tat er sich mit dem Schriftsteller Tom Veitch zusammen, mit dem er Figuren wie "Jumpin' Jack Flesh", "Our Mutant Brothers" und "Vince Shazam" erschuf. Ron Turner von Last Gasp verlegte eine Menge dieses Materials und seitdem begann Greg Irons regelmässig zu arbeiten. Slow death #1, das erste Buch von Last Gasp, erschien am ersten Earth Day am 15. April 1970 und hatte eine von Irons gezeichnete Titelseite.
Eine der eher obskuren Gemeinschaftsarbeiten mit Veitch war "The Mick Jagger story", die davon handelte, wie Mick Jagger's Hoden von einem Groupie abgeschnitten werden. Die Geschichte sollte im Rolling Stone veröffentlicht werden, da bekam Jagger Wind von der Sache und verhinderte es. Die Geschichte wurde schliesslich in der Zeitung Organ veröffentlicht. Etwa 1974 entschieden sich Tom Veitch und Andrei Codrescul, einen tausendseitigen Roman mit dem Titel The hippie termites zu schreiben. Sie schrieben dann etwa vier Monate lang jeden Tag daran, gaben aber nach etwa 250 Seiten auf, weil ihnen nichts mehr einfiel. Greg Irons illustrierte dann immerhin ein schönen Comic mit einigen Kapiteln der Hippie-Termiten.
Obwohl Irons wegen seiner Darstellungen zu den Themen Sex, Drogen und Gewalt angegriffen wurde, scheute er sich doch nicht, auch soziale Fragen anzugehen. Sein Auto-be recycled (1980) war ein Kommentar zur Verschwendung der Auto-Wiederverwertungsindustrie. The Legion of Charlies (1971) griff die Geschichte von Charles Manson auf und verglich die Greueltaten der Manson Family mit den Verbrechen der US-amerikanischen Truppen in Vietnam. The town that fought to save itself war ein Kommentar zur Umwelt. In The honor and glory of whaling zeigte er die Schrecken des Walfangs und in Slow death #10 befasste er sich mit Krebs.
Irons dachte, der Grund dafür, dass er nie die Anerkennung erhielt, die einigen seiner Zeitgenossen zuteil wurde, läge daran, dass er keine Figur zeichnete, der die Leser folgen konnten, so wie Robert Crumb's Mr. Natural oder Gilbert Shelton's Freak Brothers. Irons hatte zwar "Gregor, the Purple-Assed Baboon" (Gregor, der purpurärschige Pavian), dessen Charakter er als eine Metapher für sich selber sah. Diese Figur verwendete er aber erst in seinen späteren Jahren. In einem Interview mit Cascade comix #19 sprach Irons über Gregor: "Sein Name ist Gregor. Wie Gregor Samsa in [Franz Kafka's] Die Verwandlung. Er war eine Kakerlake, aber dieser Kerl ist ein Pavian. Er ist nicht wirklich ein Pavian, er ist ein Mandrill, aber ich bezeichne ihn als Pavian. Eine Menge der Schriftsteller und Leute, die ich mag, sprechen an verschiedenen Stellen über Affen, wie William Burroughs... es ist bloss ein Bild, das mich beeindruckte."
In den frühen 1970er Jahren war Hausgrafiker für Grunt, die der Gruppe Jefferson Airplane gehörende Plattenfirma, und schuf nicht nur eine Reihe von erinnerswerten Albumhüllen sondern auch zusätzliches Werbematerial - darunter den gefeierten "Grunt Man", der die Innenhülle des Albums 30 seconds over Winterland (1973) zierte, als Mobile erhältlich war und auch in den beiden Grunt-Comics vorkam, die er für die Gesellschaft zeichnete. Er zeichnete auch eine farbige Anzeige für das letzte Studioalbum von Jefferson Airplane, Long John Silver (1972). Andere Albumhüllen gestaltete er unter anderem für Jerry Garcia, Blue Cheer und Jefferson Starship. Ausserdem gestaltete er auch ein Werbeplakat zum Album Black kangaroo (1972) des Gitarristen Peter Kaukonen.
Mitte der 1970er Jahre begann sich das Geschäft mit Underground-Comics abzuschwächen und Irons illustrierte nun öfter Bücher, diese Arbeit wurde zudem auch besser bezahlt als das Comiczeichnen. Während dieser Jahre arbeitete er für Troubadour Press und Sunset Books und zeichnete auch eine Reihe von Ausmalbüchern für Bellerophon Books, darunter Chaucer's The wife of Bath's prologue and tale, das gemeinsam mit der von Gilbert Shelton illustrierten The miller's tale veröffentlicht wurde.
Etwa zur selben Zeit stieg Irons ins Tätowiergeschäft ein. Er war schon viele Jahre zuvor selber tätowiert worden und gab zu, dass Tätowierungen ihn schon immer fasziniert hatten. Seine erste Tätowierung, das Wort "tattoo", liess er sich in den 1960er Jahren auf den linken Unterarm machen. Peter Kaukonen erinnerte sich, 1972 mit einer neuen Tätowierung von Thom deVita aus New York von einer Tournee mit Jefferson Starship zurückgekehrt zu sein. Peter sagte, als Greg die Tätowierung sah und hörte, was er dafür bezahlt hatte, begann er darüber nachzudenken, selber zu tätowieren, um damit seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Die erste Tätowierapparatur liess Greg sich etwa 1975 per Postversand von Spaulding/Rogers kommen. Seine erste Tätowierung (die er an sich selber machte) waren Krähen und ein Schädel auf seinem rechten Knöchel. Peter Kaukonen ist der stolze Besitzer von Greg's zweiter Tätowierung, ein Frosch im japanischen Stil. Greg tätowierte bei sich zuhause, merkte aber bald, dass er einen Laden aufmachen musste, um die Kunst wirklich zu lernen. Das führte 1980 zum Beginn seiner professionellen Tätowierkarriere in Dean Dennis's Laden an #394 Broadway in San Francisco.
Dean Dennis hatte das Handwerk Mitte der 1970er Jahre von Lyle Tuttle in einem Laden an der Seventh Street 30 erlernt, bevor er seinen eigenen Laden an der Webster Street 1523 und später 1543 in Alameda (California, USA) eröffnete. Der Laden lag nur einige Minuten von Dean's Wohnung in San Francisco entfernt und war gleichzeitig Heimathafen für viele Seemänner. Dean arbeitete mehrere Jahre in Alameda, bevor er den Laden am Broadway 394 mietete.
Zu dieser Zeit arbeitete C. W. Eldridge mit Paul Jeffries Calgary (Kanada). Zu Weihnachten 1979 verliess er Kanada um im neuen Laden von Dean Dennis zu arbeiten. Das Geschäft lag damals zwischen den Läden "Mystic Eye" für okkultes Zubehör und "Tibet Shop", einem himalayanischen Headshop. Mit Aussichten auf die Transamerica Pyramid, die San Francisco Bay und die Oben-ohne-Clubs von North Beach, konnten sich die beiden keinen bessern Ort für ihren Laden vorstellen. Bald wurden auch zusätzliche Tätowierer eingestellt, darunter auch Greg Irons, und es wurde schnell klar, dass er mit seinen Erfahrungen eine grosse Bereicherung für das Geschäft war.
Greg Irons arbeitete etwa ein Jahr lang für Dean Dennis und zog dann nach Seattle (Washington, USA), wo er im "Tattoo Emporium" von C. J. Danzl und Pete Stephens zu arbeiten begann. Die Verbindung mit Stephens erzeugte zwei der meistgesuchten Vorlagensets ("flash sets") der 1980er Jahre. Ende 1982 tätowierte Greg wieder in San Francisco, diesmal für Henry Goldfield am Broadway 404. Während dieser Jahre baute er eine treue Anhängerschaft auf und tätowierte an den meisten amerikanischen Treffen, für die er oft auch T-Shirts gestaltete. 1984 stellte er ein zweites, ausserordentlich erfolgreiches Vorlagenset her. Unterdessen hatte er bereits grossen Einfluss in der Tätowierwelt. Seine Vorlagen begannen überall aufzutauchen.
Nach zwei Jahren Tätowieren am Broadway entwickelte Irons ein Geschwür und brauchte dringend Urlaub - auch wenn es bloss ein Arbeitsurlaub wurde. Er ging nach Europa - für ein wenig Rock'n'Roll nach Amsterdam, gefolgt von etwa einem Monat tätowieren bei "Tattoo Bertje" in Oostende (Belgien). Er war rechtzeitig zurück in den USA für das Tätowiertreffen in Houston im September 1984. Er teilte eine Tätowierkabine mit dem "Tattoo Archive" und wie immer bestand grosse Nachrage nach seinen Künsten. Ausgestattet mit einer unglaublichen Arbeitsmoral war er jeweil einer der ersten, die morgens auftauchten und einer der letzten, die das Treffen abends verliessen. Er machte dabei genug Geld, um sich seinen Traumurlaub in Thailand leisten zu können. Bevor er abreiste wurde ihm noch eine Stelle bei D. E. Hardy's weltbekanntem "Realistic Studio" in San Francisco angeboten und war sehr aufgeregt über diese neue Gelegenheit.
In Chiang Mai (Thailand) liess er sich von einem buddhistischen Mönch eine magische Tätowierung machen: eine Schlange - in Thailand ein Symbol des Todes... Auf einer Postkarte aus dieser Zeit schrieb er: "Die Tätowierung erfolgte während einer religiösen Zeremonie in einem Kloster des Hinterlands und dauerte drei Tage, aber war es wert. Der 100 Jahre alte Mönch segnete sie und gab mir ein geheimes Mantra dazu." Soviel zu magischen Tätowierungen!
Kurze Zeit danach wurde Greg Irons am 14. November 1984 in Bangkok (Thailand) von einem Stadtbus erfasst und getötet. Er wurde schliesslich am 24. November 1984 mit einer buddhistischen Zeremonie im Berkeley Buddhist Temple bestattet.
Am 1. September 2007 erschien bei Fantagraphics das retrospektive Greg Irons-Buch You call this art?!!, herausgegeben von Patrick Rosenkranz. Das Buch ist eine tolle Zusammenstellung aus Irons' ganzem Leben und enthält unter anderem 17 Comics in voller Länge.