Harald Juhnke/Biografie/1997

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Januar 1997

11. Januar: Heidi Kabel (82) und Harald Juhnke (67) geben unter dem Motto "Heidi und Harald" ihr erstes gemeinsames Konzert in der ausverkauften Musikhalle in Hamburg. Das Hamburger Polizeiorchester unter der Moderation von Friedhelm Mönter ("Heidi, nimmst du Vitamine als Aufputschmittel?" - "Nöö, erst wenn ich alt bin") spielt Highlights wie "Mein Hamburg, ich liebe dich" und Sinatra-Hits ("My way"). Gast-Star Nana Gualdi, die im März 1997 ihr 50. Bühnenjubiläum feiert, tritt mit Broadway-Medleys auf. Nach zweieinhalb Stunden singen Heidi und Harald zum Abschluss "In Hamburg sagt man tschüs".
"Heidi Kabel muss man einfach lieben", sagt der ausgepowerte Harald Juhnke nach Konzertschluss in seiner Garderobe - er trank ausschliesslich Cola und Wasser. "Leider sehen wir uns nur selten." Die beiden lernten sich 1969 beim Film Klein Erna auf dem Jungfernstieg kennen. Um 23:30 hilft Harald Heidi in den Mantel. Später trifft Harald den Deutschrocker Udo Lindenberg und verantstaltet mit ihm bis 2 Uhr morgens ein Wodkagelage in der Hamburger Hotelbar "Atlantic".

12. Januar: Harald Juhnke lässt die geplante Talk-Show im "Kleinen Theater" in Geesthacht (Schleswig-Holstein) platzen. Moderator Friedhelm Mönter vermutet, es sei in der letzten Nacht wohl zu einem Alkoholrückfall Juhnkes gekommen. Als er den Entertainer am Sonntag nachmittag mit dem Auto zu dem Auftritt in Geesthacht abholen will, spricht das Hotelpersonal bereits von "kleineren Problemen mit Herrn Juhnke". "Verstört" steigt Juhnke dann in das Auto. "Er wollte aussteigen, wir sollten öfter anhalten, weil ihm die Fahrt zu lange dauerte".
Die Berliner Zeitung meldet: "Jetzt trinkt er mit dem Tod. Die Ärzte wissen: Der nächste Absturz kann der letzte sein." Zuvor hatte er nach Gesprächen mit einem Psychiater gesagt: "Nicht zu trinken, ist eine Verpflichtung, die ich einhalten muss. Auf Deibel komm raus."

15. Januar: Offizieller Einstand des Dosenstechervereins "De Hager Büssenstekkers 1996 e.V. - Dosenstecherbrigade Harald Juhnke Supporters Rostock". Bereits während der Trainingseinheiten am Warnemünder Strand waren beeindruckende Zeiten gestochen worden. Zwar sind auch zwei Literversuche angekündigt, doch kann auf Grund der arktischen Kälte nur sehr langsam gestochen werden, sodass keine herausragenden Zeiten erstochen werden.

27. Januar: Harald Juhnke und Franzi von Almsick sind in der Sendung Zu Gast bei Christiane Herzog (ARD) zu sehen. Juhnke beweist sein komödiantisches Talent auch auf der Koch-Bühne, wo er sich ziemlich ungelenk an Zwiebel- und Apfelschälen versucht. Franzi, die gerne kocht und noch lieber backt, darf die gehobenen Arbeiten für Schweinsbraten und Apfelküchlein erledigen. Nebenbei erfährt man, dass die schlanke Schwimmerin immer alles aufisst, auch wenn nix mehr 'reinpasst. Und Harald, man sieht es deutlich, muss zu Hause keinen Finger krumm machen, weil Ehefrau Susanne köstlich zu kochen versteht.

Februar 1997

2. Februar: Aus Ärger über das Konzept einer Sendung für den deutschen Pay-TV-Sender Premiere, die in Las Vegas gedreht werden soll, liefert sich der betrunkene Juhnke im Hotel Mondrian in West Hollywood eine Rangelei mit dem Personal und Gästen. Nachdem er gegen eine junge Frau handgreiflich geworden ist ruft diese den Sicherheitsdienst, weil Juhnke sie trotz wiederholter Aufforderung nicht in Ruhe gelassen habe, sagt Sergeant Doreen Thigpen von der Behörde des Sheriffs später. Er sei immer wieder auf sie zugekommen und habe beim dritten Mal seine Hand auf ihren Arm gelegt. Daraufhin sei Juhnke vom Sicherheitsdienst auf sein Zimmer gebracht worden; Beamte des Sheriffs hätten ihn aber bei ihrem Eintreffen dort nicht mehr vorgefunden.

9. Februar: Die Zeitung Bild am Sonntag berichtet erstmals über die Vorfälle vom 2. Februar in Los Angeles. Im Alkoholrausch soll Harald Juhnke im Hotel Mondrian nicht nur eine junge Frau belästigt sondern auch gegenüber dem schwarzen Wachmann Robert Ferrell (32) ausfallend geworden und ihn mit den Worten beschimpft haben: "Du dreckiger Nigger, bei Hitler wäre so etwas vergast worden." Die Bild am Sonntag zitiert den Wachmann Ferrell mit den Worten, er habe sehr wohl einen Teil der Äusserungen Juhnkes, darunter den Namen Hitler, verstanden. "Ich bin noch nie so gemein beleidigt worden. Die Beschimpfungen haben mich tief getroffen." Die Zeitung schreibt, der Vorfall sei mit schriftlichen Zeugenaussagen und einem Videoband dokumentiert.
 Premiere-Programmdirektor Andreas Wrede sagt: "Juhnkes rassistische Ausfälle gegenüber dem schwarzen Wachmann sind unverzeihlich. Das ist auch durch Alkohol nicht zu entschuldigen." Der Schauspieler selbst, der inzwischen in der Dominikanischen Republik mit Dreharbeiten für die ARD-Serie "Klinik unter Palmen" begonnen hat, kann sich der Zeitung zufolge an nichts erinnern: "Das ging alles so schnell. Ich war ziemlich weggetreten und weiss überhaupt nichts mehr von dem Abend."

10. Februar: Heute sollen die Dreharbeiten zur Sendung "Klinik unter Palmen" in der Dominikanischen Republik fortgesetzt werden, doch stoppt das Erste Deutsche Fernsehen (ARD) die Zusammenarbeit mit Juhnke nach Bekanntwerden des Zwischenfalls in Los Angeles "bis auf weiteres". ARD-Programmdirektor Günter Struve erklärt, gegenwärtig gebe es für die ARD keine Grundlage für eine weitere Zusammenarbeit mit Juhnke. "Wir haben deshalb den Produzenten wissen lassen, dass die Dreharbeiten zu Klinik unter Palmen so lange nicht mit Herrn Juhnke fortgesetzt werden können, wie dieser sein unerträgliches Verhalten gegenüber den direkt Betroffenen nicht in angemessener, eindeutiger Form in Ordnung gebracht hat." Struve bezeichnet die vorliegende Entschuldigung Juhnkes als unzureichend: "Eine von Selbstmitleid getragene Presseerklärung wie die des Herrn Juhnke vom Sonntag reicht dazu in keiner Weise aus."
 Bereits zuvor hat der zur ARD gehörende Norddeutsche Rundfunk die Kooperation beendet, wovon auch die Produktion "Der Hauptmann von Köpenick" betroffen ist. "Nach den schlimmen Äusserungen, mit denen Harald Juhnke vor allem sich selbst beschmutzt hat, sind die Grundlagen für eine Zusammenarbeit mit ihm gegenwärtig nicht vorhanden", heisst es. "Ob die Grundlagen der Zusammenarbeit wiederhergestellt werden können, hängt von Juhnkes weiterem Verhalten ab", sagt NDR -Programmdirektor Dr. Jürgen Kellermeier. "Und insbesondere davon, ob er in der Lage ist, sich gegenüber dem Betroffenen in ausreichender und angemessener Weise zu entschuldigen und seine Äusserungen als das zu bezeichnen, was sie sind: unannehmbar und niederträchtig." Kellermeier liege aber auch ein "Gedächtnis-Protokoll" eines "Ohren- und Augenzeugen" vor, das die gegen Harald Juhnke erhobenen Vorwürfe bestätige. Die Richtigkeit des Protokolls werde durch die Unterschrift von Oliver Juhnke, dem Sohn von Harald Juhnke, bestätigt, sagt der NDR-Sprecher.
 Die Saarbrücker Zeitung schreibt in einem Kommentar: "Jetzt reicht's, Herr Juhnke. Auf den guten Komödianten Harald Juhnke will noch niemand verzichten, wohl aber auf den Quartals-Säufer." Mehrere Politiker fordern einen TV-Boykott gegen Juhnke. Zur "Siegerin bei der Heuchel-Konkurrenz" kürt Der Stern später die Bundestagsabgeordnete und frühere Sprecherin der SPD, Cornelie Sonntag-Wolgast, die sich zu Feststellung versteigt: "Mit seinen Äusserungen schadet er ganz Deutschland." Der Christdemokrat und Landesvorsitzende seiner Partei in Rheinland-Pfalz, Johannes Gerster, erklärt: "Es ist schlimm, wenn ausgerechnet ein Deutscher in den USA solch einen Unsinn erzählt. Er muss den Verstand verloren haben."
 Mittlerweile prüft die Berliner Staatsanwaltschaft, ob gegen Juhnke wegen Volksverhetzung Anklage erhoben wird. In den USA könnte der Vorfall ebenfalls ein Nachspiel vor Gericht haben: die amerikanische Touristin, gegen die Juhnke handgreiflich geworden war, stellt Strafanzeige wegen Belästigung.
 Die Elektrohandelskette Media Markt erklärt, die Werbeaktivitäten mit dem Schauspieler würden sofort beendet. "MediaMarkt ist enttäuscht und entsetzt über die rassistischen Äusserungen von Juhnke in Amerika. Wir distanzieren uns nicht nur von solch menschenverachtenden Aussagen. MediaMarkt beendet sofort alle mit Harald Juhnke laufenden und geplanten gemeinsamen Webeaktivitäten", teilt die Geschäftsführung der zur Metro-Gruppe gehörende Media Markt und Saturn Verwaltungs GmbH mit. "Wir bedauern die Äusserungen Harald Juhnkes, die das Ansehen Deutschlands in der Welt diskreditieren." Dabei hat die "Ich-bin-doch-nicht-blöd"-Kampagne längst Kultcharakter und noch in der vergangenen Woche Gold beim Schweizer Art Directors Club gewonnen.
 In einem Telefon-Interview mit den ARD-"Tagesthemen" aus der Dominikanischen Republik nimmt Harald erstmals öffentlich Stellung zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen und bestreitet entschieden, sich in betrunkenem Zustand gegenüber einem Farbigen in den USA rassistisch geäussert zu haben: "Ich würde solche Worte wie Hitler und vergasen nicht einmal im Vollsuff in den Mund nehmen." Er habe das nie und nimmer gesagt. Dies könne auch sein Sohn Oliver bestätigen. Ausserdem, ergänzt sein Agent, spreche Juhnke kein Wort Englisch. Dennoch will sich Juhnke bei dem Wachmann Robert Ferrell entschuldigen, wie er ankündigt. In einem dpa-Gespräch meint Ferrell, dass er nicht Klage einreichen werde, da er den Wirbel um die Äusserungen unverständlich finde. Gleichzeitig bleiben Zeugen des Vorfalls bei ihrer Darstellung.
 Juhnkes Konzert in Erfurt am 23. Februar dagegen ist bereits ausverkauft. Und für die Show in Gera am 22. Februar läuft der Vorverkauf weiterhin auf Hochtouren - keine Spur von Boykott. "Wir verkaufen genausoviele Karten wie vor dem Zwischenfall in Los Angeles", erzählt eine Kartenverkäuferin aus Gera. "Wir freuen uns unheimlich, dass er bei uns auftritt." Die veranstaltende Agentur Semmel Concert Bayreuth sieht auch keinen Grund zur Panik, geschweige denn einen, das Konzert abzusagen: "Wir warten erstmal ab, was wirklich dahinter steckt."
Strafanzeige gegen Juhnke - Entertainer randalierte in Hollywood und beleidigte einen Wachmann (Die Welt, 10.02.1997)

11. Februar: In vielen deutschen Tageszeitungen gibt es böse Kommentare über Juhnke, in denen unter anderem eine glaubhafte Entschuldigung "für diesen furchtbaren Satz von Hollywood" gefordert wird. Sonst müsse es "den letzten Vorhang" für Juhnke geben. Juhnkes Entschuldigung will in Deutschland niemand gelten lassen. "Im Wein liegt die Wahrheit. Das ist es also, was Harald Juhnke wirklich denkt", zitiert die Berliner Zeitung heute den jüdischen Geschichtsprofessor Michael Wolffsohn. Juhnke allerdings sieht sich als Opfer einer Rufmordkampagne. "Hier soll ein Mann totgemacht werden", erklärt sein Agent Peter Wolf. Er forderte für Juhnke, jetzt müssten Beweise auf den Tisch gelegt werden. "Nun ist die Gegenseite gefordert".
 In der RTL-Sendung "Explosiv" taucht ein Gedächnisprotokoll über die Vorfälle in Los Angeles vom 2. Februar auf, unterzeichnet von Juhnke-Sohn Oliver. Premiere-Mitarbeiter Michael Voppe behauptet darin, dass Harald Juhnke im Vollrausch den schwarzen Sicherheitsbeamten Robert Ferell als "dreckigen Neger" beschimpfte und den Afro-Amerikaner darauf aufmerksam machte, dass Menschen wie "dieser Nigger" im "Dritten Reich vergast worden" wären. Gegenüber der Bild-Zeitung bestreitet OliverJuhnke, das Schriftstück überhaupt gelesen zu haben: "Mir wurde die Pistole auf die Brust gesetzt. Entweder ich würde unterschreiben oder mein Vater müsse die gesamten Ausfallkosten für die gescheiterte Premiere-Produktion tragen".
 Harald Juhnke selber weilt inzwischen in der Dominikanischen Republik.
Dreharbeiten und Werbespots mit Juhnke gestoppt - Keine Klinik unter Palmen (Die Welt, 11.02.1997)

12. Februar (Mittwoch): Harald Juhnkes Anwalt Nicolai Siddig (59), seit 25 Jahren Rechtsbeistand des trinkfreudigen Entertainers, prüft eine Klage wegen übler Nachrede und deftige Schadenersatzforderungen gegen eine Produktionsfirma des Pay-TV-Senders Premiere und deren Regisseur Michael Voppe, vorgeblich Augen- und Ohrenzeuge bei Juhnkes Wodka-Marathon im Hotel "Mondrian" in Los Angeles. Der Privatsender dagegen beharrt darauf, dass Juhnke die rassistischen Äusserungen getätigt hat.
 Siddig telefoniert "ständig" mit seinem Klienten, der trotz des eilig verhängten Drehstopps der ARD in der Dominikanischen Republik für neue Folgen der Serie "Klinik unter Palmen" vor der Kamera steht, und ist sicher: "Harald Juhnke kann diesen Satz, der ihm zugeschrieben wird, gar nicht gesagt haben. Er kann nur ein paar Brocken Englisch - und wenn er sturzbesoffen ist, spricht er nicht einmal mehr verständliches Deutsch." Der angeblich im Vollrausch gelallte Satz an die Adresse des schwarzen Wachmanns des Hotels, Robert Ferrell: "Du dreckiger Nigger, bei Hitler wäre so etwas vergast worden." Siddig vergleicht Juhnke im Vollrausch mit einem Patienten in Narkose: "Die schreien auch im OP und schimpfen."
 Juhnke lässt dem Wachtmann Ferell, der nach Angaben seines Anwalts "keinen Pfennig bekommen hat" und sich "nicht beleidigt fühlt", ein Entschuldigungsschreiben übermitteln: "Ich, Harald Juhnke, entschuldige mich hiermit in jeder Form und Weise für Dinge, die ich gesagt haben könnte. Es lag mir fern, Sie in Ihrer Ehre zu verletzen. Ich bin bereit, wenn Sie es wünschen, Sie in Los Angeles aufzusuchen und Ihnen persönlich mein Bedauern auszusprechen." Ferrell wünscht das nicht und erklärt, er verzichte auf eine Anzeige gegen den Schauspieler.
 Nicolai Siddig erkennt "viele Ungereimtheiten". Über Juhnkes Sohn Oliver (24), der das Gedächtnisprotokoll von Regisseur Poppe unterschrieben und damit seinen Vater schwer belastet hat, sagt der Anwalt: "Der junge Mann war völlig überfordert." Juhnke junior, der "den Betrunkenen selbst in den Armen hatte" sei "gelinkt" worden: "Die Produktionsfirma hat ihm das Protokoll unter die Nase gehalten und seine Unterschrift für die Versicherung gefordert - sonst müsse sein Vater Millionen an Schadenersatz bezahlen." Auch bei Juhnke senior seien gezinkte Karten im Spiel gewesen. Er sei mit dem Versprechen, er dürfe in Las Vegas Songs von Frank Sinatra in einer Show der Tiger-Bändiger Siegfried und Roy vortragen, "nach Amerika gelockt" worden. Erst in Los Angeles habe er das Drehbuch gelesen und sich aus Enttäuschung vollaufen lassen: "Er hatte eine Blase im Kopf und ist ausgeflippt." Auftraggeber Premiere sagt, das Drehbuch sei "seit einem halben Jahr bekannt"; Siddig behauptet, ihm sei erst gestern "von der Agentin von Siegfried und Roy mitgeteilt worden, dass schon im Dezember klar war: Die Show findet so nicht statt".
 Juhnke ist inzwischen wieder klar, aber die ARD, die ihn ins Abseits gestellt hat, sieht noch Klärungsbedarf: Programmdirektor Günter Struve lässt den Produzenten "Klinik unter Palmen" in der Karibik "auf eigenes wirtschaftliches Risiko" drehen. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Hans Wallow hat herausgefunden, dass die Steuerzahler die Risikoschwelle senken: Die ARD-Serie werde vom Bonner Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit mit 276 000 Mark unterstützt - einem Viertel der Ausgaben für entwicklungspolitische Bildungsarbeit. Wallow forderte, "den Sponsoringvertrag sofort aufzulösen".
 Nach der Amerika-Affäre erhält Harald Juhnke Drohanrufe und Erpresserbriefe. In einem Brief soll eine Gruppe namens Berliner Nigger von Juhnke bei jedem Auftritt eine öffentliche Entschuldigung sowie die Zahlung von 100'000 Mark verlangt haben, "sonst bringen wir dich um". Daneben gibt es aber auch Anrufe und Lesyerbriefe, die jene Harald Juhnke zugeschriebenen rassistischen Pöbeleien begrüssen... Jedenfalls wird Juhnke erstmal von Beamten der Kriminalpolizei und Mitgliedern der GSG-9-Antiterroreinheit rund um die Uhr bewacht.
Harald Juhnke: "Das habe ich nie gesagt" - Entertainer verlangt Beweise für die Beleidigung (Die Welt, 12.02.1997)

13. Februar (Donnerstag): Juhnke fühlt sich "nach Amerika gelockt" - Anwalt des Entertainers will Schadenersatz von der TV-Produktionsfirma fordern (Die Welt, 13.02.1997)

16. Februar: Gemäss Bild-Zeitung will der beleidigte farbige Wachmann Robert Ferrell nach den angeblichen rassistischen Äusserungen Harald Juhnke's jetzt 100'000 Dollar für ein Treffen mit dem Schauspieler. Juhnke soll zwar weiterhin zu einer Entschuldigung bereit, will dafür aber kein Geld zahlen.

Februar: Juhnke nimmt die Dreharbeiten zu der Fernsehserie Klinik unter Palmen wieder auf, nachdem die ARD den Boykott gegen ihn aufgehoben hat.

19. Februar (Mittwoch): "Ich bin kein Alkoholiker, ich bin alkoholkrank", sagt Harald Juhnke bei Günter Jauch in "Stern-TV" auf RTL. Und: "Ich habe gepöbelt, aber keine Nazisprüche gesagt!" In Folge der Artikel, mit denen ihn die Boulevard-Presse in Deutschland eindeckte, hat er gemäss Manager Peter Wolf Gagen - sprich Aufträge - in Höhe von 5 Millionen Mark verloren, die er sich jetzt wiederholen will.
 Besonders erbost ist Juhnke über den Fernsehsender Premiere. Dessen Programmchef Wrede wirft er vor, das Protokoll über den umstrittenen Vorfall in einem Hotel in Los Angeles an die Öffentlichkeit gegeben zu haben. Der Schauspieler will jetzt auf alle Einnahmen, die ihm aufgrund des ersten Zeitungsberichts über dieses Protokoll entgangen sind klagen. Das Protokoll enthält rassistische Äusserungen, die der Schauspieler in betrunkenem Zustand gegenüber einem farbigen Wachmann gemacht haben soll. Zu den entgangenen Einnahmen gehören eine 1998 geplante und jetzt abgesagte 40-Tage-Tournee sowie geplatzte Werbeverträge.

20. Februar (Donnerstag): Premiere erklärt in einer Stellungnahme, die wiederholten Vorwürfe von Juhnke, Premiere habe ihn absichtlich schädigen wollen und Rufmord an ihm begangen, entbehrten jeder Grundlage: "Es liegen mehrfache Bestätigungen vor, wonach die von Herrn Juhnke nur halbherzig entschuldigten Äusserungen und Verhaltensweisen tatsächlich stattgefunden haben."

21. Februar (Freitag): Harald Juhnke will Premiere verklagen - TV-Star sieht sich als Opfer einer Intrige (Die Welt, 21.02.1997)

22. Februar: Harald Juhnke tritt im Kultur- und Kongresszentrum von Gera auf, es ist sein erstes Konzert nach den Ereignissen von Los Angeles. Die Kameras müssen draussen bleiben - die Bandbreite der Journalisten reicht von der "Ostthüringer Zeitung" bis zur französischen Nachrichtenagentur AFP. Fast pünktlich auf die Minute beginnt die Show. Mit einem "Steck's weg!" begrüsst Juhnke sein Publikum: "Heute abend geben wir die Sorgen an der Gaderobe ab. Welcome to the club." Die gut 1'000 Zuschauer lachen herzhaft und applaudieren dankbar, als Juhnke sagt, er freue sich über ihr Kommen, und dann jovial versichert: "Ich freue mich noch mehr, dass auch Sie fest damit gerechnet haben, dass ich auch komme." Kalauernd geht es weiter von Nummer zu Nummer: "Mich haut kein Rum wirklich um, nach sieben Gin bin ich nicht wirklich hin."
 Etwas später ertönt Juhnkes Regieanweisung: "Mach das Licht mal runter, es folgt die Beichte." Am leichtesten büsst es sich auf musikalische Weise, der Text von "I did it my way" macht die Zuhörer zu Verbündeten: "Was ich im Leben tat, das war bestimmt nicht immer richtig..." Nach dem Ende des Liedes geht ein zaghafter Piff unter im Beifall, den der Empfänger mit warmen Worten zurückgibt: "Ich hab' ein Publikum, auf das kann ich mich verlassen, es nimmt fast nichts krumm." In der Wolke des gegenseitigen Verständnisses folgen die Details der Beichte: "Ich will Ihnen in kurzem Worten schildern, was passiert ist... nur die Wahrheit hat man nicht geschrieben... mein Sohn war immer dabei... so was mach' ich doch nicht, das wäre doch Erpressung... ich bin kein Rassist, ich habe eine halbchinesische Frau... wenn man den Kopf so voll hat, mit 24 Wodka oder was weiss ich... wenn all die Verträge geplatzt wären, hätte ich mir die Kugel gegeben..." Nach zweieinhalb Minuten verbaler Reue ist der letzte Zweifler überzeugt, die Absolution endgültig erteilt.
 Eine Variation von Frank Sinatras "New York, New York" ("Auch Gera ist schön, in München der Fön, doch es gibt eine Stadt, Böörlin, Böörlin") leitet über zur 20minütigen Pause ab 20.43 Uhr. Im Foyer steht auch Manager Wolf, der dafür zuständig ist, "dass in der Firma Juhnke der Rubel rollt". Nach der ersten Veröffentlichung über den Vorfall jenseits des Atlantiks sei alles "wirtschaftlich dramatisch" gewesen, sagt er. 80 Prozent der Verträge wären weggebrochen. Erst die wohlwollende Einmischung von Thomas Gottschalk und Berlins Regierendem Bürgermeister Eberhard Diepgen habe ein Ende des Boykotts gebracht. Trotzdem belaufe sich der Schaden auf drei Millionen Mark.
 Nach der Pause begibt sich Juhnke, begleitet von seiner sechsköpfigen Band, musikalisch in die zwanziger Jahre, imitiert dann einen Franzosen, einen Russen, einen Araber, einen Schweden und einen Chinesen - Beifall, Trampeln, Schenkelklopfen im Publikum -, singt vom Schicksal, das mit ihm Schlitten gefahren sei, zitiert aus einem Shakespeare-Drama, wünscht eine gute Nacht, und lässt sich um 21.50 Uhr ein letztes Mal auf die Bühne klatschen: "Sie haben mir sehr zu meinem neuen Start geholfen. Entschuldigen Sie, dass ich so einen Quatsch gemacht habe. Tut mir heute selber leid."
 Uwe Müller: Fans nehmen fast nichts krumm - Harald Juhnkes "Beichte" in der thüringischen Provinz (Die Welt, 24.02.1997)

23. Februar: Ausverkaufter Auftritt von Harald Juhnke in Erfurt.

24. Februar: Harald Juhnke tritt im Friedrichsstadtpalast in Berlin auf. Wie schon seit Jahren eröffnet er die Show mit den Worten: "Ich freue mich, dass Sie gekommen sind. Und ganz besonders freue ich mich, dass Sie fest damit gerechnet haben, dass auch ich komme." Das Programm:

Lied Autor
Heute abend geben wir die Sorgen an der Garderobe ab - Welcome to the club
Komm flieg mit mir
Mich haut kein Rum wirklich um (I get a kick out of you) Cole Porter
My way
Clown sein Klaus Hoffmann
Berlin, Berlin (New York, New York)
Barfuss oder Lackschuh
[Pause]
Bel-Ami Willy Forst
That's life
Bad, bad Leroy Brown
Ich glaub, erwachsen wird ich nie
Moritat von Mackie Messer Bertolt Brecht
Säufer-Monolog des Prinzen Johann aus Shakespeare's Heinrich IV.

25. Februar: In der "Senator Lounge" des Münchner Flughafens Franz-Josef-Strauss wartet Juhnke auf den Weiterflug in die Dominikanische Republik, wo er zu den Dreharbeiten für den Film Klinik unter Palmen erwartet wird. Innert 10 Minuten trinkt er sich ins Delirium, fängt an zu pöbeln und will sich mit seinem Sohn Oliver prügeln. Die BZ zitiert Zeugen, die gesehen haben wollen, wie der Schauspieler versucht hat, in dem Erster-Klasse-Warteraum in einen Paperkorb zu urinieren. Die übrigen Fluggäste fühlen sich belästigt, der Kapitän der Condor-Maschine lehnt es ab, ihn mitzunehmen. Nach einem Handgemenge mit Flughafenpolizei und Bundesgrenzschutz wird Harald ins Krankenhaus gebracht, wo er von seinem älteren Sohn Peer (ein Arzt) abgeholt wird.

26. Februar: Bild titelt: "Polizei führt Juhnke ab - Wieder Wodka! Wieder Randale! Wieder Prügel und Pöbeleien!" Mit einem Tag Verspätung reist Juhnke schliesslich doch in die Dominikanische Republik ab.

27. Februar: In einem Interview mit der Zeitschrift Bunte sagt Harald: "Alkohol ist eine Krankheit, und eine Krankheit kannst du nicht abstellen wie ein Radio. Es ist wie ein Zwang, das Zeug in den Kopf zu kriegen, um all die Scheisse zu vergessen. Und sofort rennen die Bilder dieser Kampftrinker durch mein Gehirn, die sich ratzeputz totgesoffen haben. Burton mit 58, Clark Gable mit 59, Bogart mit 57." Er sagt: "Ich muss jetzt dringend zwei Monate ins Sanatorium. Und ich appelliere an alle Barkeeper, mir keinen Wodka mehr einzuschütten. Es werden auch zu viele Witze über Alkohol gerissen." Zum Schluss setzt er noch einen drauf: "Das Mass ist voll. Wenn ich's diesmal nicht schaffe, gebe ich mir maximal noch ein Jahr."
 Ins Sanatorium ist er allerdings dann doch nicht gegangen. Stattdessen hat er den Film Der Hauptmann von Köpenick gedreht.

Wenige Tage später kommt der Film Gespräch mit dem Biest (Regie: Armin Müller-Stahl) in die Kinos, in dem Juhnke einen von fünf falschen Hitlern spielt. Der Film basiert auf der Annahme, Adolf Hitler habe seinen Freitod nur vorgetäuscht und lebe nun hochbetagt und incognito in Berlin. Ein amerikanischer Historiker (Bob Balaban) hat entsprechende Hinweise bekommen und trifft sich zum Gespräch mit dem "Biest".

März 1997

März: Die satirische Zeitschrift Titanic hat Juhnke in Nazi-Uniform auf dem Titelblatt - als "Sturmbannführer von Köpenick".

21. März: Gemäss der Zeitschrift Stern fand sich für die Dreharbeiten von Der Hauptmann von Köpenick keine Versicherungsgesellschaft, die bereit war, eine Police gegen alkoholbedingte Arbeitsausfälle von Harald Juhnke abzuschliessen. Nun wird dieser eben rund um die Uhr von der Produktionsfirma betreut.

22. März: Susanne Juhnke verklagt die Zeitschrift Bunte (Burda-Verlag) auf ein Schmerzensgeld von 250'000 Mark, weil diese ihr in einem Artikel unterstellt, sie sei lesbisch. Die Klage wird von Staranwalt Matthias Prinz eingeleitet werden. "Herr Prinz tut ja gerade so, als wäre Lesbischsein eine Beleidigung", beklagt sich Chefredakteurin Patricia Riekel gegenüber der Tageszeitung.

April 1997

14. April: Glaubt man der Werbung eines Pharma-Vertriebes, so soll Harald Juhnke auf die Kraft einer Energie-Pille vertrauen, die er via Postwurfsendungen bewirbt. Erwünschte Nebenwirkung: Gesteigerte sexuelle Potenz. Von dieser verkaufsfördernden Luststeigerung möchte der Schauspieler nichts gewusst haben, als er im vergangenen Jahr den Vertrag mit den Pillen-Drehern unterschrieb. Der Kölner Express empört sich trotzdem und beruft sich auf eine erboste Mutter, deren 18jährige Tochter einen Werbebrief mit Testtablette zugeschickt bekam.

20. April: Abschluss der Dreharbeiten für den Film Der Hauptmann von Köpenick.

21. April: Die norddeutsche Rapgruppe Lecker Fischbrät veröffentlicht ihre CD SEX UND ANDERE TODESURSACHEN [Logic Records / BMG-Ariola 74321373012], die das Lied "Harald Jott" enthält. Darin heisst es u. a.: "Als ich ihn heut im Kempinski traf, und er mich zärtlich mit Scotchgläsern bewarf, sagte ich: Ey, Harald, Alter!! Alles frisch? Ein Zucken, ein Würgen, dann kotzte er meterweit bunt auf den Tisch. Er hat sogar eine eigene Schelle samt Namensschild an seiner Ausnüchterungszelle..."

22. April: In München wird ein Fernsehspot vorgestellt, in dem der 67jährige Juhnke in der Münchner Schickeria-Kneipe "Schumanns Bar" statt Alkohol das neue Trinkjoghurt der Aretsrieder Molkerei "Müller Milch" bestellt. "Ich verstecke meine Fehler nicht, soviel Humor muss man schon haben," sagt Juhnke bei der Präsentation in München. Für die Kamerateams und Fotografen nimmt Juhnke beim Pressetermin immer wieder einen grossen Schluck des Joghurtdrinks. "Ich trinke das morgens wirklich gerne", versichert er, "auch wenn das jetzt albern klingt." Zu seinem Frühstücksmüsli sei das genau das richtige.
 An das auf den neuen Produktnamen abgestimmte Werbemotto "ProCult statt Promille" würde sich Juhnke "ja gerne halten", völlige Abstinenz will er dem Werbepartner aber nicht versprechen. Der Milchproduzent setzt seinerseits die Alkohol-Abhängigkeit des Schauspielers bewusst zu Werbe-Zwecken ein. Die Firma erklärt, der Entertainer polarisiere zwar das Publikum, verfüge aber wegen seines offenen Umgangs mit der Krankheit auch über einen sehr hohen Sympathie-Wert.
 Nach 1983 und 1990 steht Juhnke damit bereits zum dritten Mal für die Molkerei vor der Kamera. Der Vertrag läuft zunächst bis August. Dann wolle man weitersehen. Gegen Eskapaden des Schauspielers unter Alkoholeinfluss habe man sich nicht speziell abgesichert, sagt Geschäftsführer Uwe Riehs. "Wir stehen zu Herrn Juhnke, solange die Werbung im Fernsehen läuft." Die Firma will mit dem Spot rund 200 Millionen Zuschauer in der Altersgruppe zwischen 14 und 64 Jahren erreichen. Der Spot läuft ab Mitte Mai im Fernsehen.

Mai 1997

9. Mai: Der Film Der Hauptmann von Köpenick mit Harald Juhnke in der Titelrolle ist fertig abgedreht. An dem Projekt - durch Juhnkes Ausrutschfreudigkeit nicht immer frei von Nervenzittern - hat sich auch der ORF finanziell beteiligt. Aber diesmal gibt es grosses Lob für Harald Juhnke: "Er ist ein hochprofessioneller Schauspieler", heisst es seitens der Produktionsleitung über den Berliner Mimen, Entertainer und zeitweiligen Alk-Entsorger. Neben Juhnke sind in dem Film unter anderem Udo Samel und Katharina Thalbach, die das Stück auch in Berlin inszenierte, zu sehen. Voraussichtlicher Sendetermin des Streifens: kurz nach Weihnachten.

12. Mai (Sonntag): Harald Juhnke gibt ein ausverkauftes Konzert im Brackeler Coop-Saal. Punkt acht steht er im Rampenlicht und legt los. Er wirkt frisch und wirbelt elanvoll über die Bühne. Er gibt sich betont geläutert, spart nicht mit Selbstironie: "Sie können nach der Pause ruhig wiederkommen, denn ich trinke nur Mineralwasser." Die Show lässt nichts zu wünschen übrig. Begleitet von einer sechsköpfigen Band mit kleinem Bläsersatz singt er seine grossen Erfolgsstücke wie "Berlin, Berlin" ("Auch Dortmund ist schön...") und seine "eigene Nationalhymne": "Was ich im Leben tat, war bestimmt nicht immer richtig. Verzeih'n Sie, wenn ich sag: I did it my way." Die musikalische Huldigung des geduldigen Publikums wird prompt von einer Verehrerin mit einem Blumenstrauss quittiert. Überhaupt scheint Juhnke seine Anhänger mit etwas Selbstmitleid leicht auf seine Seite schlagen zu können: "Wer möcht' nicht manchmal ein Clown sein und möcht' geliebt sein?"
 Um die Zuneigung seiner Fans muss sich Juhnke bestimmt keine Sorgen machen. Und schliesslich übertreibt er es auch nicht mit der Larmoyanz. "Nehmt alles halb so wichtig", lautet die Aufforderung, um die Stimmung wieder kräftig anzuheben. Den Rest besorgen seine Witze und kleinen Sketche, die geschickt die Brücke zum nächsten Stück schlagen. Für Juhnke ist es offenbar kein Problem, mit dem eigenen Schaden für den Spott zu sorgen: "Mich haut kein Rum wirklich um, nach sieben Gin bin ich auch noch nicht hin." Einzig die rassistischen Ausfälle, die Juhnke angelastet wurden, bleiben tabu. Seinen eingefleischten Fans dürfte nicht entgangen sein, dass er seinen bekannten Telefon-Sketch (mit Grit Böttcher) neuerdings in abgewandelter Version vorträgt: War es ursprünglich noch die türkische Putzfrau, die ihn auf Gedeih und Verderb nicht verstehen wollte, so ist heute das englische Au-pair-Mädchen am (imaginären) anderen Ende der Leitung.

Juni 1997

4. Juni: Juhnkes angeblich rassistische Äusserungen gegenüber dem schwarzen US-Wachmann Robert Ferrell haben keine strafrechtlichen Folgen. Die Berliner Staatsanwaltschaft stellt das Ermittlungsverfahren wegen Beleidigung bzw. Volksverhetzung ein.

5. Juni: Der Berliner Journalist und Autor Rüdiger Schaper wird im Oktober im Argon Verlag sein Buch "Der Entertainer der Nation - Harald Juhnke zwischen Glamour und Gosse" präsentieren. Doch auch Juhnke selbst möchte in diesem Jahr bei Rowohlt seine Memoiren veröffentlichen und hat sich dafür mit dem Autor Harald Wieser (unterstützte schon Hanns-Joachim Friedrichs) zusammengetan. Juhnke-Manager Peter Wolf zur Berliner Zeitung: "Gut die Hälfte ist schon fertig. Wieser war sechs Wochen in Berlin, hat jeden Tag drei Stunden mit Harald gesprochen, ihn auch auf Tournee begleitet." Wolfs Urteil über Schaper: "Das ist ein Schmarotzer, ein Trittbrettfahrer. Der kennt Harald doch nur aus dem Fernsehen!"
 Schaper kann sich die Aufregung nur so erklären: "Eigentlich sollten die Memoiren früher erscheinen. Vielleicht ist Herr Wolf nur ärgerlich, weil mein Buch jetzt zuerst auf dem Markt ist." Zum Vorwurf des "Trittbrettfahrers" sagt er: "Als ich mit meinem Buch begonnen habe, wusste ich gar nicht, dass das andere geplant ist. Das habe ich erst von Herrn Wolf erfahren." Sein Anliegen: "Kein Klatsch-Buch, sondern ein seriöser Versuch, den Schauspieler, den Menschen, das Phänomen Juhnke ernst zu nehmen."

Juni: Der Beginn der Dreharbeiten für den Fernsehfilm Fröhliche Chaoten verzögert sich. Juhnkes Partnerin ist Uschi Glas. Harald klagt: "Soll ich denn der einzige in Deutschland sein, der an seinem Geburtstag kein Glas trinken darf?"

9. Juni: Am Vorabend seines 68. Geburtstags taucht Juhnke bereits am Nachmittag angetrunken im Nobelhotel Bayerischer Hof in München auf. Gemäss Bild trinkt er auf seiner Suite allein weiter. Nach Angaben seines Managers wollte er noch am selben Tag von München nach Wien fliegen. Die Termine für die ZDF-Sendungen Leute heute und Versteckte Kamera werden abgesagt. Juhnke habe eigentlich nur das getan, was Millionen Deutsche an ihrem Geburtstag tun, "Aber er hat mehr getrunken als normal", erklärt Manager Peter Wolf am nächsten Tag.

10. Juni: Harald Juhnke reist - offenbar bereits wieder ziemlich alkoholisiert - ins österreichische Pörtschach, wo er den Film Fröhliche Chaoten mit Uschi Glas drehen soll. Im Hotelzimmer leert er dann erstmal die Minibar. Ursprünglich war für diesen Abend eine Geburtstagsparty zu seinem 68. Geburtstag angesetzt gewesen. Juhnke wird in sein Hotel gebracht. "Danach hat sich Juhnke schlafen gelegt. Die Minibar ist sicherheitshalber ausgeräumt worden. Die Geburtstagtorte haben wir in einem Kühlhaus gelagert und wird mit ihm angeschnitten, wenn er wieder fit ist." Auch an den nächsten zwei Tagen ist er aufgrund seines heftigen Wodka-Konsums ausserstande, vor der Kamera zu stehen. Produktionsleiter Wolfram Winkler bewahrt die Ruhe: "Wir drehen andere Szenen, bis Juhnke wieder fit ist", sagt er gegenüber der Münchner Abendzeitung, die befindet: "Harald Juhnke - einfach unersetzlich."

12. Juni: Nach Berichten der Berliner Zeitung wurde Harald Juhnke trockengelegt: Damit der erneute Alkohol-Einbruch in einer Münchener Hotelbar nicht schlimmere Folgen hat, haben ihm seine Produzenten die Mini-Bar im "Schlosshotel Seefels" in Pörtschach am Wörthersee vorsichtshalber leerräumen lassen. Wenn Harald Durst bekommt, gibt's nur noch Selter, Saft und Tee - von Promille zu Kamille!
 Die Dreharbeiten für den Fernsehfilm "Fröhliche Chaoten" mit Uschi Glas, Anja Kruse, Gerrit Kling und Christian Kohlund mussten verschoben werden, weil Harald am Vorabend zu seinem 68. Geburtstag mit zuviel Gluck-Gluck ins Glas guckte. Er kam bereits mit Schlagseite in Österreich an. Das TV-Team hatte bereits einen Geburtstagstisch mit Erdbeertorte und Milchshakes im Hotel decken lassen. Produktionsbetreuer Wolfram Winkler: "Das Geburtstagsfest wird verschoben, Harald wollte gleich ins Bett." Die Geburtstagstorte wartet jetzt im Kühlhaus darauf, dass sie angeschnitten wird - wenn Harald wieder fit ist. Heute soll entschieden werden, wann gedreht werden kann. Die Crew um Regisseur Otto Retzer und Produzent Carl Spiehs feierte dennoch Haralds Geburtstag - aber ohne Juhnke.

17. Juni: "Harald Juhnke versucht es wieder trocken", meldet die Bild-Zeitung. Harald steht nun tatsächlich für die Fröhlichen Chaoten vor der Kamera.

Juli 1997

2. Juli: Harald Juhnke enthüllt in einem Exklusiv-Interview für die Zeitschrift Gala: "Ich war voriges Jahr bei meinem Zusammenbruch vier Minuten tot. Mein Gott, wird man sagen, was sind schon vier Minuten. Aber bei fünf ist schon Schluss, da kommt man unter Umständen nicht mehr zurück. Da war eine Ärztin, mit der ich besonders gut konnte und mit der ich auch viel geflirtet habe als Kranker. Die hat gesagt: Ich lasse Herrn Juhnke nicht allein. Wir haben alles eingeschaltet, aber ich bleibe hier. Und die hat mich zurückgeholt. Ich kann mich erinnern, es war alles in rosé. Eins ist komisch, und ich kann mir das nicht mehr so genau erklären: Ich hab' mich liegen sehen, als ob ich irgendwo auf 'ner Brücke stehe und unten - liegt er. Als ich dann aufgewacht bin, habe ich gefragt, warum sie mir die Schulter ausgerenkt haben. Das waren die Schmerzen von der Herzmassage." Deswegen müsse er mit dem Trinken aufpassen, sagt Harald, noch mal überlebe er das nicht. "Irgendwann is Ende, nich? Ich hoffe, 75 zu werden. Ich bin jetzt 68, und die sieben Jahre bin ich fast ausgebucht."

16. Juli: Harald Juhnke gibt im Haus des Kurgates von Juist eine Sonder-Gala-Show mit dem Thema "Comeback 1996".

31. Juli: Auf der neuen CD JEDEN TAG - JEDE NACHT der ehemaligen NDW-Gruppe Extrabreit findet sich das Duett Kai Havaii / Harald Juhnke.

August 1997

August: "Ick bin und bleibe 'n Baaliner, schon wegen meiner Fans hier in der Hauptstadt", dementierte Harald Juhnke via Berliner Zeitung Gerüchte, er wolle nach Wien übersiedeln. Das österreichische Nachrichtenmagazin News hatte gemeldet, der trinkfeste Entertainer "überlege ernsthaft", die letzten Jahre seines Lebens in Wien zu verleben, wo Juhnke bereits an der Staatsoper gearbeitet hatte. "Da wurde ich wohl ein wenig missverstanden", kündigte der 68jährige Schlawiner sein Bleiben am Wannsee an.

Mitte August: In den Top 10 Totentips vom SENSENMANN (Guido Keller) hält unser Harald mit 19 Tips den 4. Platz hinter dem Papst (36 Tips), Boris Jelzin (30 Tips) und Mutter Theresa (28 Tips).
 Als mögliche Todesursachen werden genannt, er würde von einem wütenden Afrikaner erschossen, die Leber explodiere oder er würde an Müllermilch-Vergiftung sterben. Ist das lustig? Dank Mutter T. dürfte er inzwischen ja bereits auf dem 3. Platz stehen. Der echte Sinatra findet sich übrigens mit 13 Tips punktgleich mit der Queen Mom und Kohl auf Platz 7...

17. August: Im Berliner Maxim Gorki Theater spielt Harald Juhnke zum 18. und letzten Mal den Hauptmann von Köpenick.

18. August: Kurz nach Mitternacht steigt Harald Juhnke ins Taxi und läst sich Richtung Kudamm kutschieren. Taxifahrer Eyk Pötsch: "Er war leicht angetrunken. Dann sind wir durchs Brandenburger Tor gefahren, Siegessäule - mehrere Stationen: Kudamm, Kempi. Als es ans Bezahlen ging, gab's nur Visitenkarten, er dachte es sind 10-Mark-Scheine." Später wechselt Harald das Lokal, torkelt ins Luxushotel "Palace" an der Budapester Strasse. Hotel-Manager Kurt Lehrke steht mit 50 Gästen im Foyer, als Juhnke in Begleitung eines Taxifahrers das Hotel betritt. Der Fahrer ist sauer, weil Juhnke die Rechnung nicht zahlen will. Der Direktor begleicht darauf die Fuhre mit 15 DM aus eigener Tasche. "Juhnke wollte in die Hotelbar. Als er die vielen Leute sah, drehte er um, stolperte und fiel über einen gläsernen Salontisch, der in tausend Stücke zersprang. Dann schlug er hart mit dem Gesicht auf dem Granitboden auf." Mit tiefen Schnitten im Gesicht bleibt Harald blutend auf dem Boden liegen. Ein Arzt leistet sofort Erste Hilfe, gegen 1.42 Uhr wird über die Feuerwehr der Notarzt gerufen. Wenige Minuten später treffen die Sanitäter ein, transportieren den Verletzten ab. Auf dem Weg zum Gertrauden-Krankenhaus geht es dem Entertainer jedoch bereits wieder so gut, dass er an der Blisse-/Ecke Mecklenburgische Strasse unterschreibt er, keine Hilfe mehr in Anspruch nehmen zu wollen und steigt aus. Danach setzt er seine Sauftour fort.
 Sein Leibarzt Dr. Dwajard Moshiri sagt einige Tage später: "Ich war bei Harald. Er kann sich an nichts mehr erinnern, hat wieder getrunken. Die Wunden sehen aus, als wäre er gefallen. Zum Glück kommt seine Frau Susanne aus Paris zurück."

19. August: Nach Informationen der Bild-Zeitung ist Harald Juhnke in der Nacht zum Montag in einer Hotelbar in Berlin von einer deutschen Reisegruppe "völlig zusammengeschlagen" worden. Das rechte Auge sei zugeschwollen und blutunterlaufen, tiefe Platzwunden verliefen quer über den Nasenrücken und die Stirn. Juhnke habe den Vorfall der befreundeten Schaupielerin Christin Marquitan (34) erzählt. Danach soll der Schauspieler berichtet haben, nach einer Vorstellung des "Hauptmanns von Köpenick" im Maxim Gorki Theater habe er allein in einer Hotelbar gesessen und getrunken. Dann sei es zu einem Streit mit einer deutschen Reisegruppe gekommen, und einer aus der Gruppe habe auf ihn eingeschlagen. "Der Barkeeper hat uns alle rausgeschmissen. Vor der Tür ging's dann weiter. Da haben sie mich völlig zusammengschlagen", wird Juhnke zitiert. Nach Angaben seines Managers hatte Juhnke in den vergangenen Wochen keine Alkoholprobleme mehr. Von dem Vorfall in der Hotelbar wisse er nichts, sagte sein Manager Peter Wolf der dpa am 18. August. "Ich war selbst überrascht." Erst am 28. August habe Juhnke wieder einen öffentlichen Auftritt im Fernsehen, sagte Wolf.

20. August: In der Berliner Morgenpost bestreitet der Anwalt Nicolai Siddig, dass Harald Juhnke vor zwei Tagen betrunken gewesen sei. Bereits seit zwei Tagen verschanzt sich Juhnke in seiner Berliner Villa im Grunewald. Nur einmal öffnet er die Haustür und ruft den Reportern zu: "Ich weiss doch gar nicht mehr, was passiert ist." Auf seiner Stirn klafft eine riesige Platzwunde, sein rechtes Auge ist blaugeschlagen, sein Gesicht übersät mit kleinen Schnitten. BZ-Reporterin Evelyn Köhler will wissen, wie es dem Schauspieler geht. Der 67jährige kommt wankend aus der Wohnungstür, geht zum Gartenzaun und gibt statt der Antwort eine Ohrfeige.
 Ein Gerichtsvollzieher und ein Anwalt übergeben dem SAT.1-Redaktionsleiter in Hamburg kurz vor 17 Uhr eine Einstweilige Verfügung gegen die Ausstrahlung eines Interviews, in dem der betrunkene Harald Juhnke mit blauem Auge, zerschnittenem Gesicht und nur einem Jackett über dem nackten Oberkörper zu sehen ist. Um 18 Uhr geht das Interview im Boulevardmagazin "Blitz" dennoch über den Sender.

21. August: Abends wird Harald Juhnke auf die Intensivstation des Berliner Martin-Luther-Krankenhauses gebracht. "Zur Beobachtung", sagt sein Manager Peter Wolf. Juhnke betrank sich nach Angaben Wolfs fünf Tage lang. Juhnkes Hamburger Anwalt Matthias Prinz fordert unterdessen vom Fernsehsender SAT.1 wegen der Ausstrahlung eines Interviews mit dem betrunkenen Star am Abend des 20. August ein Schmerzensgeld in sechsstelliger Höhe. Ausserdem werde er die Verhängung eines Ordnungsgeldes von bis zu 500'000 Mark beantragen. Die Einstweilige Verfügung gegen SAT.1 sei dem Sender am Mittwoch ordnungsgemäss zugestellt worden, so Wolf. Dennoch habe SAT.1 den Beitrag ausgestrahlt. "Das ist eindeutiger Rechtsbruch", meint Wolf. SAT.1-Sprecherin Kristina Fassler erklärt dagegen, die Einstweilige Verfügung sei nicht rechtswirksam zugestellt worden. Einzelheiten will sie nicht nennen. Wolf: "Wir müssen Juhnke vor sich selbst und vor der Presse schützen." Er sei krank und im Alkoholrausch nicht zurechnungsfähig, erklärt der Manager. "Es wird keine Interviews mit Juhnke mehr geben."
 Harald Juhnke wird indessen in der Klinik in einen 13tägigen künstlichen "Heilschlaf" versenkt.

23. August: Die ehemalige NDW-Gruppe Extrabreit hatte zuletzt mit Hildegard Knef deren Hit Für mich soll's rote Rosen regnen aufgenommen. "Es war ein alter Traum von uns, nach den guten Erfahrungen mit der Knef und Marianne Rosenberg, einen Song mit Harald Juhnke aufzunehmen", sagt Extrabreit-Sänger Kai Havaii. Juhnke kannte die Gruppe zwar vom Namen her, aber nicht deren Lieder. Ihn reizte das Experiment. "Mein Sohn ermunterte mich und meinte Papa, mach das doch mal!"
 Der Schauspieler absolvierte im Sommer eine Tournee mit seinem Showprogramm und steht an diesem Wochenende im Berliner Maxim-Gorki-Theater wieder in Carl Zuckmayers "Der Hauptmann von Köpenick" auf der Bühne. Die Inszenierung von Katharina Thalbach soll im Frühjahr auch fürs Fernsehen aufgenommen werden. Zuvor wird Juhnke die Silvestersendung für SAT.1 moderieren.

24. August: Gemäss Berliner Zeitung hat Haralds Ehefrau Susanne SAT.1-Programmgeschäftsführer Fred Kogel geschrieben: "Wir sind entsetzt und empört, mit welch menschenverachtender Skrupellosigkeit und Brutalität Ihr Sender über die Krankheit meines Mannes berichtet." Im Kuvert steckten Juhnke-Autogrammkarten mit SAT.1-Aufdruck - "mehr als nur eine symbolische Geste." Sie sei menschlich von Kogel zutiefst enttäuscht, da er offenbar persönlich die Ausstrahlung des "Blitz"-Interviews angeordnet habe.
 Juhnke-Manager Peter Wolf und Kogel haben sich inzwischen geeinigt, dass SAT.1 ab sofort keine Berichte mehr ausstrahlt, die den Schauspieler betrunken zeigen.

28. August: Harald Juhnkes Live-Auftritt in der ARD-Sendung "Die Goldene Eins" fällt aufgrund der Ereignisse vom 18. August aus.

29. August: Harald Juhnke will in einer Autobiografie ungewöhnlich scharf mit Medienleuten abrechnen, die ihn nach seinem jüngsten Alkoholabsturz interviewt haben, erklärt Juhnkes Manager Peter Wolf der in Hamburg erscheinende Zeitung Die Woche. Das Vorgehen des Privatsenders SAT.1, der in der vergangenen Woche ein Interview mit dem stark betrunkenen Juhnke ausgestrahlt hatte, verurteilt Wolf als reine Bild-Beschaffungs-Kriminalität.

September 1997

2. September: Harald Juhnke erwacht im Berliner Martin-Luther-Krankenhaus aus einem 13tägigen "Heilschlaf". Wann Juhnke aus dem Krankenhaus entlassen werden kann, bleibt weiter unklar. Während des "Heilschlafs" sei Juhnke mit Flüssignahrung ernährt worden. Das Versetzen von Menschen in einen künstlichen Schlaf ist in der Intensivmedizin eine gängige Methode. Den Patienten wird dabei intravenös ein Schlafmittel verabreicht, um sie ruhig zu stellen und dem Körper eine Regeneration zu ermöglichen. Bis zum 20. September sind alle Termine von Juhnke abgesagt. Der Schauspieler wollte ursprünglich mehrere Auftritte auf der Internationalen Funkausstellung in Berlin wahrnehmen. Ab 25. September soll Juhnke als "Hauptmann von Köpenick" in der Regie von Katharina Thalbach wieder auf der Bühne des Maxim Gorki Theaters in Berlin stehen.

4. September: Harald bekommt im Krankenhaus Besuch von Ehefrau Susanne, sowie von Sohn Oliver und Sohn Peer (aus Haralds erster Ehe), der extra aus München einfliegt.

9. September: "Juhnke: Jetzt läuft er wieder - Gott sei Dank" meldet die Berliner Zeitung. Harald Juhnke ist auf dem Weg der Besserung. Er geht auf dem Klinik-Gelände spazieren und soll spätestens in einer Woche aus dem Martin-Luther-Krankenhaus entlassen werden. Ein Kliniksprecher: "Es geht ihm den Umständen entsprechend gut." Sein Arzt Dr. Djawad Moschiry (Spitzname "Trocken-Doc"): "Seine Stimmung ist soweit gut." Nach 13tägigem Heilschlaf nach seinem letzten Alkohol-Einbruch wurde der Entertainer wieder aus dem künstlichen Koma erweckt.
 Ab 21. September will Harald für eine Fernseh-Show in Wien vor der Kamera stehen, ab 25. September wieder der "Hauptmann von Köpenick" im Berliner Maxim Gorki Theater sein. Sein Manager Peter Wolf: "Ich sehe jetzt keinen Grund mehr, diese Termine abzusagen." Theater-Sprecherin Carola Friedrichs: "Wir rechnen fest mit ihm und gehen davon aus, dass die Kunst der Ärzte unendlich ist. Bis zum 24. September beschäftige ich mich mit Harald Juhnke überhaupt nicht." Und: Juhnkes Problem sei offenbar, dass zwischen seinen Aufführungsserien viel Zeit vergeht - und er nach den Kraftanstrengungen auf der Bühne immer wieder in "ein Loch" falle. Allerdings: Im Krankenhaus hält man es für "unwahrscheinlich", dass Juhnke die nächste "Hauptmann"-Runde wirklich antritt. Regisseurin Katharina Thalbach steht als Ersatz bereit.

September: Der Berliner Journalist, Theaterkritiker und Schriftsteller Rüdiger Schaper (38) veröffentlicht das Buch "Der Entertainer der Nation, Harald Juhnke - Zwischen Glamour und Gosse" und unternimmt darin den waghalsigen Versuch, Juhnke als Zeitgeistphänomen zu deuten, die Person und die Öffentlichkeit, das Subjektive im gesellschaftlichen Kontext zu beschreiben. Schapers deutsche Momentaufnahme fällt brechtgemäss aus: Wahrlich, wir leben in finsteren Zeiten. Eine verzagte Nation inmitten des Umbruchs, Ängste, krampfhaftes Festhalten am Ordnungsschema, schneller Tröstung leichtsinnig zugetan: "Es ist die Zeit der inszenierten Stürze. Es ist die Zeit der abgestürzten Insenierungen. Den Regisseuren gleiten die Spektakel aus der Hand." In dieser Welt, in der Realität Spiel wird und das Spiel Realität, haben die Entertainer Hochkonjunktur, sie sind Spielmaterial der Medien, fast am Rande einer Fiktion. Und Harald Juhnke ist - ausser seiner beinahe genialen Erscheinung als ernsthafter Schauspieler - einer der grössten von ihnen. Er lebt, glänzt und stürzt öffentlich. Deutschland schaudert, wenn das Genie besoffen in der Gosse liegt, wenn er angeblich Nazi-Sprüche absondert, wenn er Polizisten verbläut. Aber dann steht er eben wieder auf, singt seine falschen Tröstungen ins Mikrophon: "Heute abend geben wir die Sorgen an der Garderobe ab."
 Rüdiger Schaper hat mit bester journalistischer Verve das faszinierende Porträt eines Serienhelden geschrieben. Und sollte Juhnke doch einmal das Zeitliche segnen, wird man es für eine Übertreibung der Bildzeitung halten.

Oktober 1997

15. Oktober: Nach 55 Tagen Aufenthalt im Wilmersdorfer Martin-Luther-Krankenhaus (so lange lag er noch nie!) ist Juhnke mit seiner Frau Susanne ins Ausland geflogen. Das Reiseziel wird nicht verraten (es handelt sich um einen sechswöchigen Aufenthalt in der Psychiatrischen Universitätsklinik Basel). Manager Peter Wolf: "Damit ist er zum ersten Mal dem Rat seiner Familie und Freunde gefolgt, nicht gleich nach einem Klinikaufenthalt wieder zu arbeiten, sondern sich ausgiebig Ruhe zu gönnen." Erst Ende November soll der Schauspieler wieder nach Berlin zurück kommen.

17. Oktober: Laut Berichten der Berliner Zeitung wird Harald Juhnke bis Ende des Jahres keinen Auftritt mehr haben - weder als "Hauptmann von Köpenick" im Maxim Gorki Theater, noch bei Dreharbeiten fürs Fernsehen. Oder Show- und Werbetermine. Allerdings wird sich Juhnke, sobald er dazu in der Lage ist, mit dem Journalisten Dr. Harald Wieser treffen: die beiden arbeiten am letzten Kapitel der Juhnke-Biographie, die im Frühjahr 1998 erscheint (Rowohlt Berlin).

25. Oktober: Der Auftritt von Harald Juhnke mit Smokie am "SportpresseBall" im Grossen Saal der Alten Oper von Frankfurt a. M. findet nicht statt. An seiner Stelle spielt Peter Kraus. Abends zeigt der WDR den Fernsehfilm "Der Trinker" (20:15) mit Harald Juhnke.

November 1997

Vor 7. November: Die Vorab-Vorstellung des ARD-Films "Der Hauptmann von Köpenick" in Berlin muss ohne den Star Harald Juhnke auskommen. "Herr Juhnke ist krank und erholt sich derzeit in der Schweiz", erklärt Produzent Klaus-Dieter Zeisberg.
 Juhnke hat reichlich Erfahrung mit der Rolle; immerhin spielte er sie, mit alkoholbedingten Unterbrechungen, monatelang im Berliner Maxim-Gorki-Theater. So sei der Film für ihn nur eine "logische Weiterentwicklung" gewesen, erzählt der Schauspieler in einem Interview, das für den Fall gesundheitsbedingter Abwesenheit vorsorglich ins Programmheft aufgenommen worden war. "Emotional konnte ich beim Voigt alles aus mir herausholen", sagt er dort. Ausserdem könne ein guter Fernsehfilm, im Gegensatz zum Theater, Millionen Menschen zum Zuschauen verlocken.
 "Juhnke ist ein ungemein prominenter, ungemein toller Schauspieler, der sicher mehr Zuschauer vor den Schirm locken wird als mancher andere", sagt Zeisberg. Nachdem der Schauspieler sich nach seinem Eklat in den USA offiziell entschuldigt habe, hätten weder die ARD noch die anderen beteiligten Sendeanstalten Probleme mit der Besetzung gehabt. Es habe auch keine Schwierigkeiten oder Ausfälle bei den Dreharbeiten gegeben, betont Zeisberg. "Der Hauptmann ist auch heute noch in erster Linie ein Hauptdarstellerstück", sagt Autor Kohlhaase. Dabei habe das Stück im Original über 50 Rollen, von denen die meisten auch im Film gebraucht worden seien.

12. November: Harald Juhnke (68) ist nach seinem letzten Alkoholrückfall "körperlich und psychisch wieder voll hergestellt", teilt sein Manager Peter Wolf mit. Die Ärzte und seine Familie haben Juhnke davon überzeugen können, noch bis Anfang Dezember im Sanatorium im Ausland zu bleiben, "weil jetzt die mentale therapeutische Entwöhnung vom Alkohol kommen muß". Bereits am 3.Dezember wird er in Sat.1 auftreten und am 7. am RTL-Jahresrückblick "Menschen 97" teilnehmen. Juhnke selbst posaunt seine Alkohol-Aussetzer laut heraus: Als Rapper singt er auf einer neuen CD: "Ich greif zum Whisky, kipp 'ne Flasche runter, zieh durch die Nacht, spül die Sorgen herunter". Noch im November soll Juhnkes Rap-Debüt in Plattenläden zu kaufen sein.

13. November: "Harald Juhnke darf bald nach Hause" meldet die Berliner Zeitung. Seit genau 53 Tagen liegt Harald Juhnke (68) im Martin-Luther-Krankenhaus in Wilmersdorf. Aber wohl nicht mehr lange. "Sein körperlicher Zustand hat sich gebessert, er erholt sich jetzt. Ist froh, dass alles vorbei ist", sagt der behandelnde Chefarzt Prof. Detlef Oltmanns. Voraussichtlich könne der Entertainer und Schauspieler noch in dieser Woche entlassen werden. Nach seinem Absturz im Hotel Palace am 18. August hatte seine Familie Juhnke in die Klinik gebracht, wo er für 13 Tage in einen künstlichen Erholungsschlaf versetzt wurde.
 Sein Manager Peter Wolf zur BZ: "Ich habe ihn besucht, er ist fit." Am 2. Dezember wird Juhnke nach Berlin zurückkehren, am Tag darauf gibt er in "spot - das magazin" (SAT.1) sein erstes Interview nach dem letzten Absturz. Anschliessend dreht er für "Wörthersee Film" in Berlin den TV-Film "Letzte Chance für Harry". Auf weitere Auftritte als "Hauptmann von Köpenick" im Berliner Maxim Gorki Theater und die Silvester-Aufführung der "Fledermaus" an der Wiener Staatsoper will er allerdings verzichten.
 Nächste Woche erscheint die CD-Single Bleib' cool, bel ami!, in der Harald Bilanz über sein Leben und mit dem Alkohol zieht. Aufgenommen hat er den Rap-Song bereits im Juli in Wien. Produzent Georg Kindel zur Berliner Zeitung: "Er war von der Idee total begeistert, steht auch privat auf HipHop von den Fantastischen Vier und Der Wolf. Juhnke ist im Kopf viel jünger, als er sich als Entertainer präsentiert!" Haralds Kommentar: "Ich steh' auf Rap. Ich kann das natürlich nicht so gut wie ein schwarzer Rapper, der das sein Leben lang übt, sondern mach' es auf meine Weise." Die CD-Hülle zeigt Harald locker als Basecap-Rapper.

14. November: Harald Juhnke bestreitet mit einer Aufzeichnung seiner Show die Sendung "Die blaue Stunde" beim Sender MDR. Der Entertainer hat seinen ersten TV-Live-Auftritt nach dem Alkoholabsturz am 3. Dezember im SAT.1-Magazin "Spot".

Dezember 1997

2. Dezember: Nach über dreimonatigem Schweigen nach seinem letzten schweren Alkoholzusammenbruch meldet sich Harald mit einem kurzen Interview in der BZ optimistisch und mit neuen TV- und Theaterprojekten in der Öffentlichkeit zurück. "Es war bisher das Schlimmste für mich, aber es war wirklich das letzte Mal, jetzt haben wir es gepackt", sagt er. Er steckt bereits wieder voller Pläne. Auch ein Fernsehprojekt mit dem Grusel-Klassiker "Dr. Jekyll and Mr. Hyde" von Robert Louis Stevenson ist im Gespräch. Juhnke: "Im nächsten Jahr habe ich mein 50. Berufsjubiläum - und ich will weiterspielen. Ein anderer ohne diesen inneren Antrieb hätte das nicht so lange durchgehalten. Alle freuen sich jetzt, trotz der Schwierigkeiten - und sagen: Endlich ist er wieder da! Ich drehe, mache, tue in einer Tour."
 Nach den Dreharbeiten zu "Letzte Chance für Harry" will Juhnke ab März wieder Boulevard spielen. Im Theater am Kurfürstendamm steht er dann in der Komödie "Hokuspokus" von Curt Goetz auf der Bühne (das Stück spielte er schon einmal mit Vera Müller auf Tournee). Juhnke: "Ich habe in letzter Zeit so schwerwiegende Sachen gemacht, jetzt muss auch mal wieder etwas Leichteres kommen, es ist ja auch ein wunderbares Stück." Auch mit Claus Peymann, der 1999 ans Berliner Ensemble wechseln will, ist laut Juhnke "vielleicht etwas im Gespräch". Der Wiener Burgtheaterdirektor habe gesagt: "Man kommt in Berlin an Juhnke ja nicht vorbei." Den "Hauptmann von Köpenick" will Juhnke nicht mehr spielen. Er war damit bisher im Berliner Maxim-Gorki-Theater äusserst erfolgreich, sämtliche Vorstellungen mit ihm waren ausverkauft.
 Und was will Juhnke künftig anders machen? "Ich werde nicht mehr tagsüber Filme drehen und abends auch noch auf der Bühne stehen. Das ist zuviel für mich, hat mir der Arzt gesagt. Also künftig alles schön nacheinander mit acht Tagen Pause dazwischen. Das ist wichtig: Zu Hause sitzen, mal nichts tun, die Seele baumeln lassen, neue Bücher lesen, spazierengehen, dabei fällt mir auch wieder was ein." Ist ein neuer Harald Juhnke zurückgekehrt? "Ich glaube schon. Man kann sich ändern."

3. Dezember: Obwohl Harald den "Hauptmann von Köpenick" nicht mehr spielen will, lässt das Maxim Gorki Theater den Renner trotzdem nicht in der Versenkung verschwinden - deshalb wird Regisseurin Katharina Thalbach die Titelrolle am 9., 10. und 11. Dezember übernehmen...

4. Dezember: SVZ online meldet für Harald Juhnke sei die Welt wieder in Ordnung. Zwar habe er ein "Horrorjahr" mit der bisher grössten Zwangspause hinter sich, wie er sagt, aber jetzt habe er wieder alles im Griff. In seinen ersten Interviews nach der Rückkehr aus der Psychiatrischen Universitätsklinik Basel beteuert er: "Meine Devise heisst künftig: No alcohol!" Im Kaminzimmer des Hotels Adlon am Brandenburger Tor sitzt ein gutgelaunter und elegant gekleideter Juhnke vor den Kameras des Fernsehsenders Pro Sieben, vor denen er Auskunft über die Themen Alkohol, Familie und Beruf gibt. Juhnkes Beteuerungen, künftig die Hände von der Schnapsflasche zu lassen, sind nicht neu. "Aber diesmal haben wir es gepackt, es war der richtige Arzt", sagt der 68jährige Schauspieler. Nach einer beruflichen Hochphase im Dauerstress stellten sich Euphoriegefühle ein, sagt er, die ihn nach getaner Arbeit in ein tiefes Loch fallen liessen. Er wird dann von grossen Zweifeln geplagt, wie es weitergehen soll und vor allem, ob eine Steigerung in seinem Berufsleben noch möglich ist. Er ist begierig nach dieser Steigerung und will von den Klatschspalten weg und "rein ins Feuilleton" kommen. Anläufe dazu hat er immer wieder unternommen, mit zum Teil beachtlichem Erfolg. Er spielte im Theater Moliere und Eugene O'Neill, im Film in der Tragikomödie "Schtonk!" um die gefälschten Hitler-Tagebücher und zuletzt die Titelrolle in Carl Zuckmayers "Der Hauptmann von Köpenick".
 Juhnke hat ehrgeizige Pläne. Der Professor Unrat aus dem "Blauen Engel" spukt in seinem Kopf herum und Robert Louis Stevensons unheimliche Geschichte der Persönlichkeitsspaltung "Dr. Jekyll und Mr. Hyde". Solche Stoffe ziehen ihn an. "Die gebrochenen Typen liegen mir", meint er. Aber zwischendurch muss es auch mal wieder lustig zugehen, zum Beispiel am Kurfürstendamm mit der Komödie "Hokuspokus".
 Zum Alkohol: "Wenn ich ehrlich bin, hat es mir nicht mal geschmeckt, ich kippte nur den Wodka und dachte, je schneller, je besser. Der Alkohol hat mein Gehirn noch nicht angegriffen. Ich lerne seit 30 Jahren ununterbrochen Texte, relativ schnell, das Gehirn ist immer in Aktion."
 Zum Tod: "Mir wäre es am liebsten, wenn ich auf der Bühne tot umfalle und der Intendant sagt: Es tut mir leid, Herr Juhnke kann sich nicht mehr verbeugen, er ist gerade gestorben."
 Zu den Frauen: "Sie waren durch den Alkohol immer ein bisschen erfunden. Natürlich ist da und da mal etwas passiert, aber nicht so, wie dann darüber geschrieben wurde. Meine Frau machte mir keine Vorwürfe."
 Zu seinen Fans: "Ihr könnt euch darauf verlassen: Wenn am Theater mein Name draussen dran steht, dann komme ich auch."

5. Dezember: Harald Juhnke hat im MDR in der von Carmen Nebel moderierten Sendung "Musik für Sie" (20.15) seinen ersten Show-Auftritt nach der Entziehungskur und singt das legendäre Sinatra-Lied "My way".

8. Dezember: Im Berliner Hard Rock Café stellt Harald Juhnke sich launig und leger mit offenem blauem Hemd und schwarzer Lederjacke vor. Anlass dafür ist sein Rapper-Debüt "Bleib cool, bel ami!", das am nächsten Tag als CD-Single erscheint. Harald zählt die auf ihn gerichteten Mikrophone - es sind mehr, als Fragen gestellt werden, nachdem "die ollen Kamellen" zum Tabu erklärt wurden. "Ich greif' zum Whisky, kipp 'ne Flasche runter, zieh' durch die Nacht, spül' die Sorgen runter", gesteht er noch im Song, der kurz vor seinem letzten Zusammenbruch aufgenommen wurde. Nun hält er sich an einer Tasse Kaffee fest. Live vorsingen mag er nicht. Schon ein Dilemma: Vorgestellt wird eine CD, auf der der alte Juhnke sich austobt und der, wie er x-mal betont, grunderneuerte soll sich nun dazu bekennen. "Cool" wirkt der sonst so versierte Medienspieler nicht.
 Den Rap habe er aufgenommen, weil er "Bezug zu jungen Leuten" habe - wie zu seinem 25jährigen Sohn, wie zu dem jugendlichen Publikum, das kommt, um ihn im "Hauptmann von Köpenick" zu sehen (den er am Gorki Theater weiterspielen wird). "Man muss die andere Schiene auch bedienen." Obwohl: "Did Janze ist auch ein Witz von mir!" Dauerhaft mit Rap-Gruppen zusammenarbeiten, wolle er nicht - schon sein Ausflug in die Jugendkultur mit Extrabreit habe nicht so gut funktioniert. Darauf angesprochen, dass bei der Girlieband Tic Tac Toe eine Stelle frei sei, leistet sich Juhnke mit gehobener Stimme die einzige freie Improvisation: "Did wär ja wat! Juhnke als Tunte!" Der Rest ist Ernst, das heisst bei Juhnke stets Arbeit. Erstmal wird Harry's letzte Chance gedreht - eine "Weihnachtsgeschichte über einen abgerutschten Dirigenten".
 Eine italienisch-französische Koproduktion mit Drehort Berlin sei noch nicht spruchreif; ein Film an der Seite von Rainhard Fendrich über einen jungen und einen alten Entertainer befindet sich in Planung. Im Theater am Kurfürstendamm steht Juhnke ab Mitte März in "Hokuspokus" von Kurt Götz wieder auf der Bühne. Seine Memoiren erscheinen ebenfalls im Frühjahr.
 Am liebsten möchte er als nächstes Dr. Jekyll and Mr. Hyde spielen - seinem Faible für "gebrochene Figuren" folgend. "Ich will die Möglichkeit haben, die Leute auch mal richtig zu erschrecken!" Zum Abschied signiert der gute Harry ein paar Entertainer-Lackschuhe - für den Ausstellungs-Fundus des Hard Rock Cafés.

9. Dezember: Nach 100 Tagen Alkoholentzug in Basel erscheint pünktlich zum Veröffentlichung seiner CD-Single Bleib cool, bel ami! in der BZ> ein Interview von Evelyn Köhler mit Harald Juhnke ("Berlin, ick bin wieder voll da!"). Für seinen Freund Jürgen Wölffer wird er am Kudamm Theater spielen ("Hokus Pokus" von Curt Goetz). Zwei Filmproduktionen ("Harrys letzte Chance" mit Günter Pfitzmann), sowie eine italienisch-deutsche Produktion über einen alternden Entertainer, dazu noch die Memoiren, die im Frühjahr herauskommen. Ausserdem möchte er mit Katharina Thalbach Richard III. spielen.
Juhnke: Ich habe zum ersten Mal eine Psychotherapie in Basel durchgehalten, mein Hausarzt Dr. Moshiri hat mich dorthin empfohlen. Ich brauchte die Hilfe eines Psychiaters und bekam den besten der Welt, Prof. Franz Müller-Spahn. 100 Tage Entzug, viele Gespräche und die Einsicht, dass ich es allein nicht packe. Mein Freund, der Psychiater, sagte mir zum Schluss: "Eine Katze hat sieben Leben, die sind jetzt um, aber heute beginnt Ihr achtes."
BZ: Wie wollen Sie trocken bleiben?
Juhnke: Indem ich nach jedem Drehschluss 14 Tage Pause mache und nach Basel zur Gesprächs-Therapie fliege. So lässt sich der Teufelskreis, grosser Erfolg und dann der Fall ins tiefe Loch, durchbrechen.
BZ: Nie wieder Alkohol?
Juhnke: Nein, schon ein Mon Cherie wäre zuviel. Ich habe meiner Familie viel zugemutet. Jetzt habe ich mich aus eigener Kraft wieder gerappelt. Es soll so bleiben.
BZ: Brauchen Sie Medikamente?
Juhnke: Ich nehme gar nichts, nicht mal Vitamine. Um den Kopf klar zu kriegen, brauche ich nur lange Spaziergänge an der frischen Luft, sonst nichts.
BZ: Und Arbeit!?
Juhnke: Richtig. Das ist meine beste Therapie. Ohne Arbeit wäre ich tot.
BZ: Hat die Therapie Ihre Ehe gerettet?
Juhnke: Meine Frau Susanne war mehrfach in Basel, war intensiv in die Therapie miteingebunden. Die Familie hat entsetzlich gelitten. Ich habe mich zwar nicht entschuldigt, das kann ich nicht, aber sie hat es schon begriffen, dass sich etwas geändert hat. Wir haben auch über unsere Ehekrise gesprochen, und wie wir es in Zukunft besser machen. Sie muss sich jetzt erst einmal daran gewöhnen, dass ich plötzlich seriös geworden bin, dass sie keinen Verrückten mehr um sich hat. Zum Glück lieben wir uns, und unsere Ehe ist wieder stabil.
BZ: Wie verbringen Sie Weihnachten?
Juhnke: Mit Susanne, meinem Sohn und der Schwiegermutter vor dem Weihnachtsbaum in Berlin. Ich liebe diese Stadt, die Menschen hier haben zu mir gehalten und Verständnis für meine Lage gezeigt. Ich bin überall wieder mit Applaus empfangen worden. Theater ist mein Leben.

15. Dezember: In Berlin beginnen die Dreharbeiten zum Fernsehfilm Letzte Chance für Harry, dem ARD-Weihnachtsmärchen, das im Dezember 1998 ausgestrahlt werden wird. Harald Juhnke spielt in bewährter Glücksritter-Manier den Penner Harry, der die Identität eines Geschäftsmannes (Pfitzmann als Simon) annimmt. "Mein Arzt hat mir gesagt, Arbeit ist jetzt die beste Therapie. Und das Drehbuch finde ich ausgezeichnet", sagt Juhnke. Weitere Berlin-Stars vor der Kamera: Brigitte Mira, Rolf Zacher, Brigitte Grothum.

23. Dezember: Der Hamburger Traditions-Fussballverein HSV befindet sich nach fünf verlorenen Heimspielen auf dem 16. Platz der Bundesliga-Tabelle. Der einzige der das Team jetzt noch vor dem Abstieg retten könne, so giftete laut Meldungen des Hamburger Abendblatts ein bekennender Fan in das Mikrofon der NDR Hamburg-Welle 90,3, "ist Harald Juhnke. Der holt aus jeder Flasche noch etwas heraus.

27. Dezember: Die ARD zeigt den Fernsehfilm "Der Hauptmann von Köpenick" mit Harald Juhnke in der Hauptrolle.

28. Dezember: In der Berliner Morgenpost verrät Harald Juhnke, an Silvester werde er sich "selbstverständlich" den Fernsehklassiker Dinner for one ansehen. "Es ist ein wunderbares Stück", sagt Juhnke im Spiegel. "Ich hätte selbst gern den Butler so gut wie Freddie Frinton gespielt." Er räumt ein, das Stück sei nicht gerade ein gutes Vorbild für die Jugend im Umgang mit berauschenden Mitteln. "In so wenig Sendezeit lassen sich kaum mehr Flaschen leeren." Aber: "James muss doch ordentlich einen in der Hacke haben für the same procedure as last year." Auf den Einwand "Immerhin gibt der Butler auch Anregungen für alkoholfreies Vergnügen: Er trinkt Wasser aus der Blumenvase" sagte Juhnke: "Davon ist besonders abzuraten. Zum Dinner - Chicken, Fish und eine Mulligatawny-Suppe - passt einfach kein Blumenwasser. Glauben Sie mir, da ist Champagner, Wein oder Sherry einfach angemessener." Sollte ein europaweites Werbeverbot nicht nur für Tabak, sondern auch für alkoholische Getränke kommen, würde es "Dinner for one" schwer haben, im Programm zu bleiben, mutmasst der Künstler. Sollte es tatsächlich abgesetzt werden, "müssen wir eine Volksabstimmung für das Stück organisieren".
 In dem Kultstück feiert die steinalte Miss Sophie nur im Beisein ihres Butlers. Dieser muss die Rolle der längst verstorbenen Stammgäste übernehmen und reihum mit der Gastgeberin anstossen - immer und immer wieder.

31. Dezember: In der Sendung Lachen, bis der Arzt kommt (Sat.1) moderiert das Trio Harald Juhnke, Thomas Gottschalk und Dieter Hallervorden um 20.15 Uhr Gags und Missgeschicke des (fast) abgelaufenen Jahres. Um 21.45 sind Harald Juhnke und Ingrid Steeger bei Uwe Hübner in der Fernsehsendung Die Stimmungs-Hitparade (ZDF) zusehen.