Text "Keine Sterne, die sich dreh'n" (Wolfgang Golz)

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Autor Wolfgang Golz
Texttitel Keine Sterne, die sich dreh'n
Sprache Deutsch
Textform
Veröffentlichung 2006.05.07 Welt am Sonntag

Text

Keine Sterne, die sich dreh'n

Stephan Remmler ist Popstar. Doch auf einen entsprechenden Fuhrpark legt er keinen Wert - sehr zum Verdruss seines ältesten Sohnes.

Wann ist ein Mann ein alter Mann? Wenn er Macht, Sekretärin und Dienstwagen verliert? Wenn erotische Frauen ihn langweilen? Oder bereits, wenn er Autos auf Gebrauchsgegenstände reduziert?

Demnach ist Stephan Remmler, der trotz seiner 59 Jahre so jugendlich flott daherkommt und gerade eine neue Platte auf den Markt gebracht hat (Frauen sind böse), ein ziemlich gestriger Zeitgenosse. "Das Auto ist für mich kein Objekt der Emotion mehr", sagt er. "Leider", zischelt Cecil Remmler, der 17-jährige Sohn. Der Junior musiziert zwar bereits professionell mit dem Vater und hält ihn keinesfalls für einen Grufti. Doch wenn es um Autos geht, tut er sich schwer mit seinem Erzeuger. Da klingt der Papa sehr nach "Da da da" oder "Keine Sterne in Athen".

Stephan Remmler steuert heute einen Citroën Berlingo, das reinste Nutzfahrzeug. "Ich bin bei uns dazu da, den Trennmüll wegzubringen", sagt er. Die Remmlers wohnen auf Lanzarote. "Jede Strecke ist hier maximal 30 Kilometer lang, da brauche ich keinen Porsche." Der Junior verdreht die Augen.

Am Zweitwohnsitz Basel verzichtet Stephan Remmler sogar ganz auf automobile Mobilität: "Basel ist eine Fussgängerstadt. Parkplätze findest du da auch nicht." Wozu also ein Auto unterhalten?

Dabei ist die Auto-Biographie des einstigen Trio-Sängers voll bunter Facetten. Am Anfang war ein Mini. Oma Charlotte hatte ihn spendiert, nagelneu aus dem Geschäft. Damals war das Auto noch ein echter Freund für Remmler, und er hielt ihm mehr als 160'000 Kilometer weit die Treue.

Das bittere Ende kam nach einem Urlaub in Griechenland, als dort das Getriebe des kleinen Autos repariert werden musste. "Es hielt auf der Rückfahrt gerade noch bis Frankreich", erzählt Remmler. "Dort habe ich den Mini per ADAC-Schutzbrief entsorgt."

In der Liste seiner Autos taucht natürlich auch ein VW-Käfer auf. Doch die Erinnerungen daran sind zwiespältig. Remmler: "Da regnete es rein. Und ich stand oft mit dem Füssen im Wasser."

Den ersten echten Hingucker leistete sich Remmler, als er noch als Lehrer arbeitete. Das augenfällige Auto war ein Chevrolet Station Wagon mit falschen Holzplanken an den Seiten und am Heck. "Damit konnte ich fast eine halbe Schulklasse transportieren. Offiziell acht Kinder, oft zwölf. Dabei liess sich die letzte Sitzbank runterklappen, und man konnte auf ihr sitzend nach hinten gucken. Das war bei den Kindern besonders beliebt."

Für Remmlers erste Band Just Us musste dann ein noch grösseres Fahrzeug her. Die Jungs spielten schliesslich schon im berühmten Hamburger "Star Club" und hatten Instrumente zu transportieren.

"Wir gingen zu einem Gebrauchtwagenhändler direkt neben dem Polizeihochhaus und fragten nach einem Ford Transit. ,Hab ich, hab ich', tönte der Verkäufer. 'Aber 700 Mark anzahlen.'" Der hat wohl gesehen, dass wir vom Land kamen, und wollte uns über den Tisch ziehen. Er vertröstete uns ständig, unseren Ford haben wir nie gesehen. Schliesslich sind wir zur Polizei, die war ja gleich nebenan. Die Beamten haben den Autohändler dann fix unter Druck gesetzt, und wir bekamen unser Geld zurück."

Den ersehnten Transit kaufte die Band dann vom Vater eines Mitmusikanten, der Metzger war und mit seinem Ford über die Märkte zog. Remmler: "Man konnte eine Seite nach unten klappen und in einen Verkaufstresen verwandeln." So konnte die Band bei Regen spielen und sass selbst im Trockenen.

Einmal hat sich Stephan Remmler etwas richtig Feines gegönnt. "In meiner Trio-Zeit war das, als ich noch Geld hatte", sagt er und grinst. Anfang der 80er Jahre erstand er einen Mercedes 380 SEL, einen Direktorenwagen von Daimler, fast noch 100 000 Mark teuer. Mehr als zehn Jahre hat Remmler den Benz gefahren, um ihn dann "in Basel für 800 Mark an einen Araber zu verkaufen. Der Wagen hatte keinen Kat. Es war der Höhepunkt meiner Auto-Karriere. Auf Sportwagen hatte ich keine Gelüste."

"Leider", zischelt Junior Cecil wieder und erzählt dann von seinem Traumauto, einem Concept Car: "Der Cadillac Cien, ein zweisitziger Sportwagen, sieben Meter lang, 750 PS - ein Monster." Unvergessen ist Cecil die Tour mit einem Freund des Vaters in Berlin, im Ferrari zur Currywurstbude. Cool.

Vater Remmler hakt ein: "Eine Zeitlang warst du doch auch Maybach-Fan. Im Ferrari bringst du ja nicht einmal das Gepäck unter." "Papa", sagt der Junior mit jugendlicher Überlegenheit im Blick, "wenn du mit dem Ferrari in Urlaub fährst, bringt der Chauffeur die Koffer im Maybach vorbei."

Versionen

Datum Autor Format Titel Verlag Anmerkungen
2006.05.07 Wolfgang Golz Artikel Keine Sterne, die sich dreh'n DE: Welt am Sonntag

Anmerkungen

  • Der Titel des Artikels ist ein ausnehmend dümmliches Wortspiel mit dem Titel von Stephan Remmlers Lied "Keine Sterne in Athen".