Text "Die Universität: Zehn persönliche Ansichten (3)" (Franz Hohler)

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Aus dem Journal der Universität Zürich Nr. 3/96 (20.05.1996).

Urheber

Autor Franz Hohler
Texttitel Die Universität: Zehn persönliche Ansichten
Untertitel 3
Sprache Deutsch
Veröffentlichung
Datum Autor Format Titel Herausgeber Anmerkungen
1996.05.20 Franz Hohler Zeitschrift In: Journal der Universität Zürich Nr. 3/96 CH:

Originaltext

Die Universität: Zehn persönliche Ansichten (3)

Kürzlich habe ich das Vorlesungsverzeichnis der Hochschule St.Gallen durchgeblättert. Das Hauptgebiet dieser Hochschule ist die Wirtschaft, und die Schweiz als Wirtschafts- und Finanzplatz verdanke, so hört man immer wieder, dieser Hochschule sehr viel.

Ich war beeindruckt vom Angebot an Vorlesungen und Seminarien. Mit Ehrfurcht nahm ich zur Kenntnis, auf welchen Gebieten man hier zur kompetenten Fachperson herangeschult wird. "Betriebswirtschaftliche Analyse, Unternehmungsplanung, Marktbearbeitung und Distribution", darunter konnte ich mir einigermassen etwas vorstellen.

Bei "Objektorientierter Programmierung, Nichtlineare Entscheidungsmodelle, Asymmetrische Informationen" hatte ich schon mehr Mühe. Am leichtesten vorstellen konnte ich mir, was man in den Kursen "Führung und Organisation, Grundlagen der Personalentwicklung und Teamentwicklung" lernt.

Diese Kurse sind wahrscheinlich am schlechtesten besucht, denn in letzter Zeit habe ich immer wieder Menschen kennengelernt, welche die Stelle wechselten, weil sie ihre jungen Vorgesetzten nicht ertrugen, die von ebendieser Hochschule kamen. Sie müssen dort zwar einiges gelernt, aber dabei auch einige wichtige Fragen an den Mitmenschen vergessen haben, z. B. die Frage "Wie geht's?". Vielleicht gehen die Hochschulen davon aus, dass Fragen dieser Art zur normalen menschlichen Grundausstattung gehören, und dass sie mit ihren Kursen ein paar Stufen höher beginnen können.

Das ist falsch. Inzwischen gibt es bereits einen Fachausdruck für das Demütigen und Beleidigen von Menschen, die einem als Untergebene nicht genehm sind ­ er klingt seltsam amerikanisch und heisst mobbing.

Einige dieser Untergebenen, die ich kenne, bleiben allerdings trotzdem, weil ihnen die Arbeit eigentlich gefällt. Aber sie bekommen Ausschläge, Fieber, Migräne, Brechreiz, und wenn ich dem PR-Beauftragten der Hochschule St.Gallen sagen würde, was sie von seiner Hochschule halten, würde er erbleichen.