Rufus Thomas/Biografie
1917
26. März: Rufus Thomas wird als Sohn eines Farmpächters in Cayce (Mississippi, USA) geboren. Die Ortschaft befindet sich rund 50 Kilometer östlich von Memphis (Tennessee, USA), wohin die Familie später zieht.
Mitte 1930er Jahre
Nat D. Williams, Thomas' Geschichtslehrer an der High School, ist Moderator am Palace Theater an der Beale Street in Memphis und macht Thomas für seine Komikereinlagen zu seinem Partner.
Nach dem Abschluss der High School (also etwa 1934) beginnt Thomas mit der Vaudeville-Truppe Rabbit Foot Minstrels als Steptänzer, Scatsänger und Komiker in den Südstaaten auf Tournee zu gehen, wo er an Tentshows und Karnevalveranstaltungen auftritt. Weisse sitzen dabei auf der einen Seite des Zuschauerraums, und Schwarze auf der anderen. Rufus übernachtet bei schwarzen Familien, die er auf seinen Tourneen kennenlernt, da es damals keine Hotels für Schwarze gibt.
1940
Thomas heiratet und lässt sich in Memphis nieder.
1941
Rufus Thomas macht seine ersten Plattenaufnahmen.
1942
- 21. Dezember: Geburt der Tochter Carla Thomas.
Thomas hat ausserdem noch zwei weitere Kinder, den Sohn Marvell und die Tochter Vaneese.
1940er Jahre
Er gründet mit Robert Couch das Komikerduo Rufus and Bones.
Ende 1940er Jahre
Thomas tritt inzwischen in verschiedenen Clubs von Memphis auf und organisiert als Zeremeonienmeister im Palace Theater an der Beale Street lokale Talentwettbewerbe, zu deren Gewinnern B. B. King, Bobby Bland und Little Junior Parker gehören. Ebenfalls Förderung erhalten Ike Turner und Roscoe Gordon. Thomas: "Beale Street was the black man's haven. They'd come into town and forget all their worries and woes." Später wird sich Thomas auch gern als "Beale Street ambassador" bezeichnen.
1949
Als B. B. Kings Karriere zu laufen beginnt, übernimmt Thomas dessen Job als Discjockey bei WDIA, einer der wenigen Radiostationen der Gegend, die - obwohl in weissem Besitz - auch schwarze Hits spielen. WDIA nennt sich im Süden der USA "The Mother Station of the Negroes". WDIA wird in der Folge extrem wichtig für die Entwicklung von Blues und Rock'n'Roll - hier spielen neben B. B. King auch Joe Hill Louis, Dr. Ross und Bobby "Blue" Bland. Thomas wird hier zu einer der ersten schwarzen Radio-Berühmtheiten des Südens. Seine Ansage lautet etwa: "I'm young and loose and full of juice, I got the goose so what's the use?" Gegenüber Associated Press erzählte er später: "Then, a black man on the radio had always been taboo. When they heard that black voice advertising their products, most of the advertisers pulled their ads."
Zwar spielt er in seiner Show "Hoot'n'holler" vorzugsweise Rhythm'n'Blues, doch Anfang der 1960er Jahre ist Thomas auch der einzige schwarze DJ, der Lieder von den Beatles und den Rolling Stones spielt. Thomas behält seinen Job bei WDIA bis 1974.
1950
Rufus Thomas macht Aufnahmen für Star Talent.
1951
Rufus Thomas macht Aufnahmen für Sam Phillips, der sie an Chess Records verkauft.
1953
- 18. April: Die Single Bear cat (US R&B #3) von Rufus Hound Dog Thomas jr. kommt in die US-amerikanischen R&B-Charts und kann sich dort zwei Wochen auf Platz 3 behaupten. Das Lied ist eine lustige Antwort auf Big Mama Thorntons "Hound dog", das im Frühjahr 1953 sieben Wochen lang Platz 1 der R&B-Charts belegt. Die Single Bear cat wird zu Sun Records' erstem nationalen Hit, was dem Plattenlabel seine ersten grossen Einnahmen verschafft. Sun-Besitzer Sam Phillips wird allerdings anschliessend angeklagt, ein Plagiat des Originals von Jerry Leiber und Mike Stoller hergestellt zu haben, und verliert den Prozess.
Im selben Jahr nimmt Rufus Thomas auch noch eine weitere Single für Sun auf, Tiger man (King of the jungle), das später auch von Elvis Presley in dessen Konzertrepertoire übernommen wird. Rufus Thomas beklagte sich später, dass die schwarzen Künstler bei Sun Records vernachlässigt worden seien, nachdem Elvis Presley zum grossen Star wurde. Phillips jedenfalls konzentriert sich nun auf weissen Rockabilly und lässt Thomas fallen, der seine Aufnahmen nun auf anderen Plattenlabels macht. Trotzdem wird er zum ersten, der Presley's Lieder auf WDIA spielt und sich weigert, seine Abspiellisten in schwarz und weiss zu unterteilen.
Allerdings reicht Thomas' Berühmtheit in Mephis nicht aus, um die Rechnungen zu bezahlen. So bedient er tagsüber die Dampfkessel in einer Textilbleicherei, wo ihn der Lärm - wie er sagt - gelegentlich zu Rhythmen für neue Lieder inspiriert.
1956
Er macht Aufnahmen für Meteor Records.
1960
- Sommer: Der 43-jährige Rufus Thomas überredet den Country-Fiedler Jim Stewart, den Inhaber des 1957 gegründeten Hillbilly-Labels Satellite Records, zur Aufnahme eines Duetts mit seiner 17-jährigen Tochter Carla. In der Studioband spielt zudem auch Thomas' Sohn Marvell Thomas (Tasteninstrumente) mit. Die Single Cause I love you wird zum ersten grösseren Erfolg des Plattenlabels und Stewart beschliesst, fortan musik für den "schwarzen" Markt zu veröffentlichen.
1961
Satellite Records benennt sich in Stax Records um. Rufus und Carla Thomas gehören zu den ersten Hauptstützen des Plattenlabels, die sowohl einzeln wie im Duett aufnehmen. Das Plattenlabel wird später durch die Schöpfung des "Memphis Sound" bekannt und feiert im Verlauf der 1960er Jahre grosse Erfolge mit Interpreten wie Booker T and the MG's, Wilson Pickett, Otis Redding, den Staple Singers, Sam and Dave, Isaac Hayes, Albert King, den Bar Kays und Luther Ingram.
Noch im selben Jahr hat Carla Thomas mit der Single Gee whiz (Look at his eyes) (US #10) ihren grössten Hit und wird in der Folge während der 1960er Jahre zu einem der grössten Stars bei Stax Records. Zu ihren weiteren Hits gehören B-A-B-Y (1966; US #14) und mit Otis Redding die beiden Singles Tramp (1967; US #26) und Knock on wood (1967; US #30).
Rufus Thomas wird zwar nie so erfolgreich wie seine Tochter, veröffentlicht aber dennoch eine nicht abreissende Serie von Tanz- und Novelty-Singles. Tiefe Botschaften oder Gefühle sind darin keine enthalten. Dafür zeigen sich erste Funk-Elemente, der Akzent liegt auf dem blossen Groove und Rufus' Partystimme, die weder sich selbst noch etwas anderes ernstnimmt.
1963
- 9. Februar: Rufus Thomas' Single The dog (US #87, US R&B #22) steigt in die US-amerikanischen R&B-Charts und kommt als erste seiner Singles auch in die US-amerikanische Pop-Charts. Das Lied improvisierte er ursprünglich auf der Bühne, einschliesslich Gebell.
- 26. Oktober: Die Nachfolgesingle Walking the dog (US #10, US R&B #4) steigt in die US-amerikanischen R&B-Charts ein und wird zu seinem grössten Erfolg. Das Lied wird später von vielen weissen Interpreten selber aufgenommen (darunter die Rolling Stones und Aerosmith).
Thomas ist seitdem bekannt als "The world's oldest teenager".
1964
- 1. Februar: Die zweite Nachfolgesingle, Can your monkey do the dog (US #48, US R&B #12), kommt in die US-amerikanischen R&B-Charts.
Zwar wird anschliessend noch eine weitere Nachfolgesingle (Somebody stole my dog) veröffentlicht, doch ist das Thema inzwischen ausgelutscht und keine Hitparadenplazierung mehr wert. Seine Band nennt Rufus Thomas übrigens Bear Cats.
Veröffentlichung des spassigen Soul-Albums Walking the dog (US #138).
- April: Die Rolling Stones veröffentlichen auf ihrem ersten Album The Rolling Stones auch eine Version von "Walking the dog", die sie auch an ihren Konzerten spielen.
- 13. Juni: Die Single That's really some good (US #92, US R&B #30) von Rufus and Carla kommt in die US-amerikanischen R&B-Charts.
- 3. Oktober: Die Single Jump back (US #49, US R&B #6) kommt in die US-amerikanischen R&B-Charts.
1967
- 26. August: Die Single Sophisticated sissy (US R&B #43) kommt in die US-amerikanischen R&B-Charts.
Ende 1960er Jahre
Der über 50jährige Rufus Thomas tritt mehrmals mit rosaroten Hotpants in der Fernsehshow Soul train auf.
1970
Der inzwischen 52-jährige Rufus Thomas ist inzwischen voll auf Funk umgestiegen und erreicht 1970 seinen kommerziellen Höhepunkt. Trotz seines Alters tanzt er wilde Schritte wie ein junger Spund.
- 17. Januar: Die Single Do the funky chicken (US #28, US R&B #5) kommt in die US-amerikanischen R&B-Charts.
- 1. August: Die Single Sixty minute man (part 2) (US #42) kommt in die US-amerikanischen R&B-Charts.
- 12. Dezember: Die Single (Do the) Push and pull (part 1) (US #25, US R&B #1) kommt in die US-amerikanischen R&B-Charts und kann sich zwei Wochen auf Platz 1 der R&B-Charts behaupten.
1971
- 15. Mai: Die Single The world is round (US R&B #34) kommt in die US-amerikanischen R&B-Charts.
- 14. August: Die Single The breakdown (part 1) (US #31, R&B #2) kommt in die US-amerikanischen R&B-Charts und kann sich zwei Wochen auf Platz 2 der R&B-Charts behaupten.
- 25. Dezember: Die Single Do the funky penguin (part 1) (US #44, R&B #11) kommt in die US-amerikanischen R&B-Charts.
1972
- 20. August: Teilnahme am von Stax Records veranstalteten Musikfestival "Wattstax" im Los Angeles Memorial Coliseum, um der Rassenunruhen im Stadtteil Watts 1965 zu gedenken. Zu den auftretenden Künstlern gehören auch die Staples Singers (mit Mavis Staples als Sängerin), Eddie Floyd, die Emotions, Carla Thomas, die Bar-Kays, Albert King, die Soul Children, Isaac Hayes, die Rance Allen Group, Johnny Taylor, Little Milton und Luther Ingram. Ausserdem spricht der schwarze Bürgerrechtler Jesse Jackson. Das Festival wird von über 100'000 überwiegend schwarzen Zuschauern besucht, die von Rufus Thomas zu den Bewegungen des Funky Chicken animiert werden. Später werden mehrere Alben mit der Musik des Festivals sowie ein Film veröffentlicht.
1973
Aerosmith covern auf ihrem Debütalbum Aerosmith das Lied "Walking the dog".
1974
- 30. März: Die Single The funky bird (US R&B #93) kommt in die US-amerikanischen R&B-Charts.
- 17. August: Die Single Boogie ain't nuttin' (But gettin' down) (part 1) (US R&B #63) kommt in die US-amerikanischen R&B-Charts.
1975
- 10. Mai: Die Single Do the double bump (US R&B #74) kommt in die US-amerikanischen R&B-Charts.
- 19. Dezember: Stax Records muss Konkurs anmelden. Der Zusammenbruch des Plattenlabels bedeutet auch das Ende von Rufus Thomas' kommerzieller Karriere. Das Management hat es versäumt, ihm den bevorstehenden Bankrott mitzuteilen, und Thomas sagt darauf: "Das Vorurteil eines Weissen ist nicht halb so schlimm wie der Neid eines Schwarzen."
1976
- 4. September: Die auf "Art. of America" veröffentlichte Single If there were no music (US R&B #92) kommt in die US-amerikanischen R&B-Charts.
1977
Für das Label AVI veröffentlicht Rufus Thomas die beiden Alben If there were no music und I ain't gettin' older, I'm gettin' better.
1980
Für das Plattenlabel Gusto nimmt Rufus Thomas unter dem Titel Rufus Thomas einige seiner älteren Lieder noch einmal auf.
Während der 1980er Jahre nimmt Rufus Thomas keinen R&B mehr auf und nimmt stattdessen mit Rappin' Rufus einige Rap-Stücke für das Label Ichiban auf.
1988
Auf dem Label Alligator veröffentlicht Rufus Thomas das Blues-Album That woman is poison.
1989
Rufus Thomas spielt eine Nebenrolle im Jim Jarmusch-Film Mystery train.
1992
Rufus Thomas wird in die "Rock and Roll Hall of Fame" aufgenommen.
1996
Bob Fisher's Plattenlabel Sequel Records veröffentlicht das neue Album Blues thang! des inzwischen 79-jährigen Rufus Thomas.
1997
Rufus Thomas ist Gastgeber zweier Neujahrskonzerte an der Beale Street; er spielt in Nashville, New Jersey, Mississippi, Missouri, Illinois und Louisiana; er gibt drei Konzerte an den Olympischen Spielen in Atlanta; ist Headliner an mehreren Festivals; ist Gastgeber einer STAX-Reunion; für sein Lebenswerk erhält er drei Auszeichnungen: eine von Wings of Change, eine von der Beale Street Merchants Association und die erste jemals verliehene von der ASCAP; am Chicago Blues Festival erhät er den W. C. Handy Howlin' Wolf Award für seine "Outstanding Blues Performance". Thomas fliegt nach Porretta (Italien) und begeistert das Publikum am jährlichen Soul-Festival, das in einem nach ihm benannten Park stattfindet; er unterzeichnet einen neuen Plattenvertrag; er hilft mehreren Hilfsorganisationen beim Spendensammeln; Memphis ehrt ihn, indem eine Querstrasse der Beale Street nach ihm benannt wird; ausserdem moderiert Rufus noch immer seine wöchentliche Radioshow und lässt sich sogar telefonisch verbinden, wenn er gerade auf Tournee ist.
1998
Veröffentlichung der CD Rufus live! auf Ecko Records. Darauf enthalten ist neben den verlängerten Version von "Walking the dog" auch eine 18:40-Version des Merle Haggard-Songs "Today I started loving you again". Ausserdem eine 17 Minuten-Fassung von "Do the funky chicken"...
Im selben Jahr wird er in einem Spital in Memphis am offenen Herzen operiert.
2001
Rufus Thomas wird in die "Blues Hall of Fame" aufgenommen.
- 22. November: Er wird zu Thanksgiving wegen eines kurzen Unwohlseins ins St. Francis Hospital in Memphis (Tennessee, USA) eingeliefert.
- 15. Dezember: Rufus Thomas stirbt 84-jährig im St. Francis Hospital in Memphis (Tennessee, USA).
Allgemeines
Thomas hatte zumindest eine Nichte (Marcy Vaughn Perkins) und eine Enkelin.