Domenica Niehoff: Unterschied zwischen den Versionen
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Am 14.2.1996: | Am 14.2.1996: | ||
Wer, wenn nicht das Erotic Art Museum auf St. Pauli, sollte ein Herz für Verliebte haben. Heute, am Valentinstag, haben Pärchen deshalb freien Zutritt zu dem ungewöhnlichen Ausstellungsort und können sich nach Herzenslust dort umsehen. Doch ohne Prüfung läuft nichts: Am Eingang checkt Hamburgs bekannteste Sozialarbeiterin, Domenica, ob wirklich Liebe im Spiel ist. Wie, wird nicht verraten. Preise gibt's auch. Wer gewinnt, feiert Hochzeit im Museum. | Wer, wenn nicht das Erotic Art Museum auf St. Pauli, sollte ein Herz für Verliebte haben. Heute, am Valentinstag, haben Pärchen deshalb freien Zutritt zu dem ungewöhnlichen Ausstellungsort und können sich nach Herzenslust dort umsehen. Doch ohne Prüfung läuft nichts: Am Eingang checkt Hamburgs bekannteste Sozialarbeiterin, Domenica, ob wirklich Liebe im Spiel ist. Wie, wird nicht verraten. Preise gibt's auch. Wer gewinnt, feiert Hochzeit im Museum. | ||
Am 10.3.1996 Die Streetworkerin Domenica führt an diesem Sonntag um 14 Uhr zusammen mit Dr. Ursula Lienert durch die Aussteüung "Erotik im alten Japan" im Museum für Kunst und Gewerbe. | |||
Hamburger Abendblatt Nr. 60 vom 11.03.1996 · Seite 6 | |||
Mit Domenica in einer Erotik-Ausstellung | |||
Für die Japaner war ich wie der Fudschijama | |||
Von SABINE WEERDA Hamburg - Unterschiedlicher hätten die beiden Frauen nicht sein können. Da stand die Kunsthistorikerin Ursula Lienert, bebrült und zugeknöpft im netten, gtin karierten langen Kleid amburgs berühmtester Ex- Kurtisane Domenica im Museum für Kunst und Gewerbe gegenüber. Um sie herum drängelten sich rund 120 überwiegend weibliche Fans, die sich mal von einer "Echten" was über die "Erotik im alten Japan" erzählen lassen wollten. Nur wenige verstehen schüeßüch mehr von Liebe und Erotik als Domenica . . . | |||
Und nur wenige können so offen und charmant über Sex sprechen wie sie. Weü also die Streetworkerin Domenica in Sachen Erotik unterwegs war, strömten die Hamburger ms Museum. | |||
Anregender Wortwechsel | |||
Wer wegen der Masse Mensch die erotischen Zeichnungen gar nicht zu Gesicht bekam, wurde doch Zeuge anregender Wortwechsel. Denn sie ergänzten sich wunderbar - die Frau Lienert und Domenica. Erklärte die eine sachlich korrekt die deftigen Darstellungen, tischte die andere Erfahrungen aus dem deutschen Prostituierten-Dasein auf. Domenica stellte gleich klar: "Ich mag Japaner." In großen Reisegruppen seien sie immer durch die Herbertstraße gezogen. "Und ausgerechnet vor meinem Fenster btieben sie stehen. Der Leiter quasselte irgendwas, und alle kicherten." Mit einem Ruck zog sie die Schulterblätter unter ihrem schwarzen Pullover zusammen und schaute auf ihren gewaltigen Vorbau. "Für die war ich wie der Berg Fudschijama. Die kennen ja solche Massen nicht." Schallendes Gelächter. "War das nicht peintich?" fragte eme ältere Dame. "Nö, die waren wenigstens höflich und haben sich nachher mit einer Verbeugung bedankt", sagte Domenica und zog mit Frau Lienert vor ein Büd mit dem Titel "Unsteter Liebhaber". | |||
"In japanischen Freudenhäusern ist es übüch, daß jede Kurtisane höchstens 20mal einen Kunden bedient. Sonst könnte sie ja gleich seine Ehefrau werden", dozierte die Kunsthistorikerin. "Das find' ich toll", bestätigte Pomenica im Brustton tiefster Überzeugung. Verschmitzt lächelnd fügte sie hinzu: "Das sollte man in unseren Freudenhäuser auch einführen. Ich hatte einige Freier, deren schrecküche Gewohnheiten ich in- und auswendig kannte. Schrecküch langweilig." Beifälliges Nicken in der Runde. | |||
Beim Anbück weibticher Geschlechtsteüe wendete sich Domenica mit einem knappen "Verhüllter ist schöner' ab und schaute statt dessen interessiert auf den Holzschnitt zweier Männer im ?Phallus-Wettstreit". "Hier sehen wir zwei Japaner, mit riesigen erigierten Gliedern, die sogar von Stöcken gestützt werden müssen", so Frau Lienert. "Das Überspitzte an der Darstellung finde ich gut. Die Japaner haben nämlich sonst kleine Penisse. Die passen sogar ins Ohr . . ." Domenica schweifte ab. Die Ehre der Männer | |||
Zwei Herren drängten nach vorne, bemüßigt, die "Ehre der Männer" zu verteidigen. "Also ich finde, bei diesem Büd steckt mehr dahinter." Der etile rückte seine üitellektuelle Halbbrüle zurecht. "Ja, mit diesen riesigen Phalli wird doch die Symbiose von Stärke und Schwäche demonstriert", ergänzte der andere. "Tatsächtich?" Domenica, so scheint's, fehlte der Glauben. Auch Ungewöhnliches erfuhren die begeisterten Zuhörer: "Die prüdesten Frauen, die ich kenne, waren meine Kolleginnen. Die waren teüweise auch bieder beim Sex, schämten sich dafür. Das ist bei den japanischen Kurtisanen anders , erzählte Dominca. ?Nein, nein, die schämen sich auch", beeüte sich Frau Lienert hinzuzufügen und deutete auf ein Büd, bei dem eine Japanerin im Liebesakt verlegen zur Seite schaut. "Aber die smd anders als unsere Prostuierten gesellschaftlich akzeptiert", sagte Domenica. | |||
"So eine tolle Frau", schwärmte ein ältere Dame im blauen Strickkleid und Perlenkette und drängte zu Domenica. "Bitte, etil Autogramm". Etil kleines Lächeln noch für die Fans, ein paar Unterschriften, ein lautes "Sayonara" - und Domenica war verschwunden. | |||
Version vom 12. Oktober 2011, 00:02 Uhr
Deutsche Hure und Sozialarbeiterin ; geboren 3. August 1945 in Köln, gestorben 12. Februar 2009 in Hamburg-Altona
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Domenica Anita Niehoff wurde kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs im zerstörten Köln als Tochter eines gewalttätigen italienischen Eisverkäufers geboren. Ihre Mutter floh später mit den Kindern aus dieser Ehe und lebte von Kartenlesen, Taschenspielereien und anderen Betrügereien, bis sie verhaftet wurde. Domenica und ihr Bruder Amando kamen in ein katholisches Waisenhaus, nur die kleine Schwester blieb bei der Mutter. So wuchs Domenica die nächsten zehn Jahre in einem katholischen Waisenhaus auf. Mit 14 kehrt sie zur Mutter zurück und begann mit 15 eine kaufmännische Ausbildung als Buchhalterin, die sie allerdings nicht beendete. Als 17-jährige lernte sie 1962 den 42-jährigen Bordellbesitzer Kuno kennen, den sie später heiratete. 1972 erschoss sich ihr Ehemann vor ihren Augen mit einer Pistole.
1972 wurde sie vom berühmten Hanne aus der "Ritze" nach Hamburg geholt. "Ich hatte nichts, stand auf der Strasse. Vorher war ich Luxus gewöhnt: Champagner, Schmuck, Pelze. Das wollte ich wiederhaben. Und die Szene kannte ich von Kuno. Da war der Weg, anschaffen zu gehen, nicht weit", erzählte sie später. So begann sie, im Grossbordell "Palais d'Amour" und an der Herbertstrasse im Hamburger Vergnügungs- und Rotlichtviertel St. Pauli als Prostituierte zu arbeiten, wo sie ihren üppigen Körper auch im Schaufenster zeigte. Ihr Markenzeichen: die streng zurückgekämmten Haare und ihr enormer Busen mit angeblich 122 Zentimeter Umfang. Als 35-jährige eröffnete sie ihr eigenes Studio als Domina. 2008 berichtete sie in ihrem letzten grossen Interview: "Ich hatte alles. Alle Schichten. Sie waren winselnd, bettelnd, fordernd, gemein. Brav, lieb, reich, arm, jung, alt. Ich weiss gar nicht, was mir noch fehlte." Aber auch: "Jeder glotzte auf die Titten. Keiner glotzte aufs Gesicht. Die mir ins Gesicht geguckt haben, das waren die besten Freier. Haben aber auch viele gesagt, sie könnten mit mir nicht mitgehen. Meine Augen wären zu traurig."
"Als ich mich outete, war das Leben in Hamburg zuerst die Hölle. Alle haben mich angestarrt", sagte sie 1998. Im März 1979 lichtete der tschechische Fotograf Andrej Reiser Domenica schwarzweiss in Arbeitskleidung auf dem Kiez ab, die Fotografien erschienen im erfolgreichen Buch Domenica und die Herbertstrasse (1981) beim Eichborn-Verlag. Der Schriftsteller Wolf Wondratschek widmete ihr Gedichte, er schwärmte "eine Hure bis hinein in ihr grosses träges Herz", "und bis in die Beine eine Frau", "wenn sie mit dem Hintern wackelt, fliessen die Flüsse bergauf". Besonders in den 1980er Jahren genoss Domenica als Aushängeschild der Hurenemanzipation eine erstaunliche Medienpräsenz und verkehrte gesellschaftlich später mit Tomi Ungerer (er nennt sie die "gut- und grossmütige Kaiserin des Kiez"), Horst Janssen, Alfred Hrdlicka und dem Ehepaar Gloria und Johannes von Thurn und Taxis.
1980 trat sie im Film Messalina, Kaiserin und Hure auf, ihr ausladendes Dekolleté zierte die Hülle der Trio-Single Bum bum (1983) und sie war auch in der weiblichen Hauptrolle des zugehörigen Musikvideos zu sehen. Mitte der 1980er Jahre kam der Grafiker Tomi Ungerer auf die Reeperbahn, um ein Buch über Sado-Maso-Sex zu schreiben und sich Anregungen aus der Praxis des Peitschens zu holen. Er quartierte sich bei Domenica ein und sah ihr einige Monate beim lustvollen Quälen zu. Daraus entstand sein weithin bekanntes Buch Die Schutzengel der Hölle (1986). 1987 wirkte Doeminica im Spielfilm Taxi nach Kairo mit. In Schwatzsendungen im Fernsehen warb sie nicht nur für gesellschaftliche Anerkennung, sondern auch dafür, den Berufsstand der Prostituierten zu legalisieren. "Königin von St. Pauli" wurde sie nun genannt. Gleichzeitig nahm sie dem "Milieu" mit ihrer trockenen und ehrlichen Beschreibung der Kiez-Wirklichkeit jenen verruchten Glanz, dem sie ihren eigenen gesellschaftlichen Aufstieg verdankte.
1990 beendete sie als 45-jährige ihre Tätigkeit als Hure und begann verstärkt an sozialen Projekten für Prostituierte mitzuwirken. Im selben Jahr war sie in Bertolt Brechts Ballett-Oper Die sieben Todsünden am Hamburger Schauspielhaus zu sehen. "Ja, da spielte ich Die sieben Todsünden. So heisst das Stück, passt ja auch zu mir. Ich hätte alle sieben spielen können. Mir haben sie aber nur eine Rolle gegeben. Ich spielte den Stolz. Ich muss sagen, dass ich bei den Proben sehr viel weinte. Das Stück hatte viel mit mir zu tun. Da ziehen zwei Schwestern aus, um ihr Glück und das grosse Geld zu machen. Das war bei mir und meiner Schwester auch so. Sie ist daran gestorben. Das Theater ist wohl durch mein erstes Buch auf mich gekommen. Ich finde aber doch, dass man mir mehr anbieten könnte, da doch alle wissen, ich steige aus." Domenica wollte im "Cafe Sperrgebiet" (Diakonisches Werk) in Hamburg-St. Georg arbeiten, um dort Kinder und junge Mädchen vom Strich zu holen, aber die Kirche, deren steuerzahlendes Mitglied sie ist, liess sie nicht.
1991 war sie Mitinitiatorin des Prostituierten-Hilfsprojektes Ragazza e. V. im Hamburger Stadtteil St. Georg. Als Sozialarbeiterin verdiente sie 2'500 DM und betreute in der Drogenberatungsstelle Drosselstrasse in Barmbeck bis 1997 junge drogensüchtige Mädchen und Frauen, die ihre Sucht durch Prostitution finanzierten und aus der Prostitution aussteigen wollten. Immer wieder nahm Domenica die Mädchen mit zu sich, vor allem in der Zeit, als sie als Sozialarbeiterin mit einer Thermoskanne voll Kakao über den Drogenstrich von St. Georg ging. "Die haben mit den Löffeln von meinem schönen Besteckservice ihr Heroin aufgekocht", klagte sie später. "Die nehmen mein Geld, und dann sehe ich sie auf St. Georg im Nerzjäckchen stehen." Sie klingelten nachts bei ihr und wenn die Bude bereits voll war mit vier oder fünf verzweifelten Gestalten, dann klammerten sie sich an Domenica und schrien und weinten, bis sie doch noch mit hineindurften.
1992 veröffentlichte sie eine Single, Alle meine Freier (Hiessen alle Meier), geschrieben von Franziska Menke (ex-Frl. Menke) und Harry Gutowski. Anlässlich der Internationalen Comic-Tage in Hamburg 1993 widmeten ihr neun bekannte Comiczeichner ein Portfolio mit neun Blättern. Im selben Jahr stellte sie in Peter Kerns Film Domenica sich selber dar und veröffentlichte 1994 ihre Autobiographie Körper mit Seele, die allerdings von Hans Eppendorfer geschrieben worden war. Im August 1996 nannte sie diese Biographie in einem Interview schlicht "beschissen". Domenica: "Ich habe ja nicht mal das Manuskript vorher lesen dürfen. Nach dem faulen Ei muss ich nochmal was Richtiges machen."
Anlässlich des Deutschlandbesuchs von Papst Johannes Paul II. im Juni 1996 wurde Domenica Niehoff von der Deutschen AIDS-Hilfe in Berlin zum weiblichen Kirchenoberhaupt gekürt. Als "Gegenpäpstin" sprach sie an einem lesbisch-schwulen Stadtfest den Transvestiten Charlotte von Mahlsdorf "heilig". Gleichzeitig propagierte "Ihro Dreistigkeit" die gleichgeschlechtliche Sexualität als "kirchlich gebilligte Methode der Schwangerschaftsverhütung". Konservative Politiker der CSU stellten daraufhin im Deutschen Bundestag einen Gesetzentwurf vor (Beschimpfung eines religiösen Bekenntnisses ohne Störung des öffentlichen Friedens), der jedoch von der Parlamentsmehrheit abgelehnt wurde.
Im Februar 1997 spielte sie neben Jean-Pierre Cornu am Deutschen Schauspielhaus im Theaterstück Straglers Woche (Eine St. Pauli Saga) die Frau des Senators. Das Stück thematisiert den Wandel im Rotlichtmilieu in den vergangenen 50 Jahren. Im selben Jahr servierte sie im Hamburger Restaurant "Nil" zusammen mit anderen Prominenten ein Grühnkohl-Essen zugunsten des AIDS-Hilfe-Projekts "Hamburg Leuchtfeuer", war in Dagobert Lindlaus' Theaterstück St. Pauli Saga zu sehen, unterstützte das Kinderheim "Haus Nazareth der Armen Kinder Jesu", engagierte sich weiterhin in der Prostituierten- und AIDS-Hilfe und hielt dafür auch Lesungen. Im Dezember 1997 gab Domenica ihre Arbeit als als "Strassensozialarbeiterin" beim Projekt Ragazza auf: "Ich halte das nicht mehr aus. Mir sind mehr als ein halbes Dutzend Mädchen weggestorben: An einer Überdosis Gift, an AIDS, und eine wurde ermordet. Das hält man vielleicht als 35-Jährige aus, aber nicht mehr mit meinen 52 Jahren."
Anfang 1998 kaufte Domenica die Hamburger Hafenkneipe "Fick" am Fischmarkt und taufte sie in "Domenica" um. Zudem eröffnete sie als Partnerschaftsberaterin den Neuen Partnerclub / NPC mit dem Motto "Niemand muss allein sein - es kommt darauf an, mitzumachen!" - für 20 DM im Monat war man dabei. Immer Mittwochs sass Domenica persönlich am Telefon und beriet in Partnerfragen aller Art. Der Club vertrieb im übrigen auch allerlei Spielzeug, Bücher, Magazine und sonstige Hilfsmittel... Am 10. Februar 1999 wurde auf RTL der Fernsehfilm Hurenstreik (Eine Liebe auf St. Pauli) ausgestrahlt, in dem Domenica einmal mehr sich selbst spielte. Bereits im Jahr 2000 musste sie ihre Kneipe wegen finanzieller Schwierigkeiten (20'000 DM Steuerschulden) schliessen und schaltete stattdessen Kleinanzeigen für Telefonsex ("Kein Vorspiel - direkt zur Sache").
2001 starb ihr Bruder Amando, von ihm erbte sie ein Haus an der Hauptstrasse des 700-Seelen-Dorfs Boos in der Eifel. Ihre Schulden konnte sie mit dem geerbten Vermögen des Bruders begleichen. 2003 zog sie nach Boos um und versuchte dort ab September 2005 mit wenig Erfolg, als Wirtin der Pension "Domenicas Nähkästchen" in ihrem Haus drei Zimmer zu vermieten. Schliesslich verkaufte sie das Haus für unter 100'000 Euro und zog im Mai 2008 wieder zurück nach Hamburg an die Talstrasse: "In Boos war das so langweilig, ich hab nur gekocht, gefuttert, gekocht, gefuttert. Ehrlich, ich bin da völlig vereinsamt." Mit 20 Kilo mehr als vorher auf den Rippen lebte dann in einer 50 Quadratmeter grossen Zwei-Zimmer-Sozialwohnung. "Ich paffe zwei Schachteln am Tag, hab Diabetes und hab's mit den Bronchien. Egal, Hauptsache ich bin wieder zu Hause. Hier auf’m Kiez bleibe ich jetzt für immer! Mein Rentnersitz. Ich hab einen schönen Wintergarten und gucke direkt auf die 'Juwelengasse'", lachte sie und meinte die Schmuckstrasse, wo sich der Transenstrich befindet.
Vom 4. November 2005 bis 7. Mai 2006 wurde in Hamburg im Museum der Arbeit die Ausstellung "Sexarbeit Prostitution (Lebenswelten und Mythen)" gezeigt, die berühmten Prostituierten wie Rosemarie Nitribitt, Christine Keeler und auch Domenica Niehoff besondere Beachtung schenkte. Im Sommer 2008 gab sie Welt Online ihr letztes grosses Interview: "Ich habe erreicht, dass mehr über Prostitution geredet wird. Dass nicht mehr so darüber getuschelt wird. Dass sich Mädels trauen zu sagen: Ich war im Milieu, aber ich will jetzt aussteigen."
Zu Domenica Niehoffs letzten Plänen gehörte die Eröffnung eines Flohmarkt-Ladens auf dem Kiez sowie die Veröffentlichung eines letzten Buches über ihr Leben, zusammen mit Kiez-Fotograf Günter Zint, das im Verlag Droemer Knaur erscheinen sollte: "Gespickt mit viel Elend und Leid, aber letztlich voller Sonne und Optimismus." Am 6. Februar 2009 wurde Domenica Niehoff mit schweren Kreislaufbeschwerden in die Intensivstation des Allgemeinen Krankenhauses Altona in Hamburg eingeliefert. Sie war unter anderem schwer zucker- und lungenkrank. Am 12. Februar 2009 um 10 Uhr 44 starb sie 63-jährig.
Enge Freunde wollten es nicht zulassen, dass Domenica nur ein Sozialhilfebegräbnis bekommt. Insbesondere Mitarbeiter des St.-Pauli-Museums, dem auch ein beachtlicher Teil ihres Nachlasses zukommen wird, kümmerten sich um finanzielle Unterstützung und eine angemessene Ruhestätte. Die Trauerfeier beginnt am 27. Februar 2009 um 14 Uhr auf dem Hans-Albers-Platz in Hamburg. Nach einer Gedenkminute in der Herbertstrasse wird die Bläsergruppe "Tätärä" einige Stücke spielen. Über die Bernhard-Nocht-Strasse wird sich die Trauergemeinde um 15 Uhr in der St.-Pauli-Kirche am Pinnasberg einfinden, wo die Abschiedsfeier stattfinden wird. Sie wird auf dem Ohlsdorfer Friedhof neben der ehemaligen Schauspielerin Gerda Gmelin im sogenannten "Garten der Frauen" begraben werden.