Domenica Niehoff: Unterschied zwischen den Versionen

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[[Image:trio_1983_12bumbum_de_front.jpg|thumb|300px|right|Domenicas Dekolleté auf den Vorderseiten der 7" Single <i>[[1983.04 Trio 7" single "Bum bum" (DE: Mercury 811 395-7)|Bum bum]]</i> und der 12" Single <i>[[1983.04 Trio 12" single "Bum bum" (DE: Mercury 811 453-1)|Bum bum]]</i> der Gruppe [[Trio]]]]
[[Image:trio_1983_12bumbum_de_front.jpg|thumb|300px|right|Domenicas Dekolleté auf den Vorderseiten der 7" Single <i>[[1983.04 Trio 7" single "Bum bum" (DE: Mercury 811 395-7)|Bum bum]]</i> und der 12" Single <i>[[1983.04 Trio 12" single "Bum bum" (DE: Mercury 811 453-1)|Bum bum]]</i> der Gruppe [[Trio]]]]
1980 trat sie im Film <i>Messalina, Kaiserin und Hure</i> auf, ihr ausladendes Dekolleté zierte die Hülle der [[Trio]]-Single <i>Bum bum</i> (1983) und sie war auch in der weiblichen Hauptrolle des zugehörigen Musikvideos zu sehen. Mitte der 1980er Jahre kam der Grafiker Tomi Ungerer auf die Reeperbahn, um ein Buch über Sado-Maso-Sex zu schreiben und sich Anregungen aus der Praxis des Peitschens zu holen. Er quartierte sich bei Domenica ein und sah ihr einige Monate beim lustvollen Quälen zu. Daraus entstand sein weithin bekanntes Buch <i>Die Schutzengel der Hölle</i> (1986). 1987 wirkte Doeminica im Spielfilm <i>Taxi nach Kairo</i> mit. In Schwatzsendungen im Fernsehen warb sie nicht nur für gesellschaftliche Anerkennung, sondern auch dafür, den Berufsstand der Prostituierten zu legalisieren. "Königin von St. Pauli" wurde sie nun genannt. Gleichzeitig nahm sie dem "Milieu" mit ihrer trockenen und ehrlichen Beschreibung der Kiez-Wirklichkeit jenen verruchten Glanz, dem sie ihren eigenen gesellschaftlichen Aufstieg verdankte.
1980 trat sie im Film <i>Messalina, Kaiserin und Hure</i> auf, ihr ausladendes Dekolleté zierte die Hülle der [[Trio]]-Single <i>Bum bum</i> (1983) und sie war auch in der weiblichen Hauptrolle des zugehörigen Musikvideos zu sehen. Mitte der 1980er Jahre kam der Grafiker Tomi Ungerer auf die Reeperbahn, um ein Buch über Sado-Maso-Sex zu schreiben und sich Anregungen aus der Praxis des Peitschens zu holen. Er quartierte sich bei Domenica ein und sah ihr einige Monate beim lustvollen Quälen zu. Daraus entstand sein weithin bekanntes Buch <i>Die Schutzengel der Hölle</i> (1986). 1987 wirkte Doeminica im Spielfilm <i>Taxi nach Kairo</i> mit. In Schwatzsendungen im Fernsehen warb sie nicht nur für gesellschaftliche Anerkennung, sondern auch dafür, den Berufsstand der Prostituierten zu legalisieren. "Königin von St. Pauli" wurde sie nun genannt. Gleichzeitig nahm sie dem "Milieu" mit ihrer trockenen und ehrlichen Beschreibung der Kiez-Wirklichkeit jenen verruchten Glanz, dem sie ihren eigenen gesellschaftlichen Aufstieg verdankte.
<!-- Mitte der 1980er Jahre
Hamburg. Ein junges Paar stehend beim Liebesakt. Sie lehnt mit dem Rücken an eine leicht geöffnete Tür. Durch diesen Spalt greift ihr breit grinsend der Tod an die Brust. "Menage a trois" heißt dieses Bild von Tomi Ungerer, dessen erotische Zeichnungen im Erotic Art Museum an der Reeperbahn ausgestellt werden. Bekannt geworden ist der gebürtige Straßburger, der mit vollem Namen Jean Thomas Ungerer heißt, als Kinderbuchautor und politischer Karikaturist mit bissigen Kommentaren zum Zeitgeschehen. Der Bundesverdienstkreuz-Träger, der sein Abitur mit dem Kommentar nicht bestand, er sei "pervers und subversiv", lebt seit Jahren auf einer Farm im Süden Irlands. Die Ausstellung ist eine nachgereichte Hommage zu seinem 70. Geburtstag im November und versammelt ausgewählte Zeichnungen des Erotomanen. Natürlich Werke aus seiner Hamburger Zeit Mitte der 80er-Jahre, als er bei Domenica in der Herbertstraße wohnte und die "Schutzengel der Hölle" entstanden. Dominas bei der Arbeit, mal als respektvolle Dokumente ihres Alltags, mal verschmitzt wie beim Bild "Wieder ein Gummischutz im Sauerkraut". Dann gibt es Kinderwagen mit Vibrator-Konstruktionen und weitere "Sex Machines". Arbeiten aus den New Yorker Tagen sind zu sehen wie wolllüstige Szenarien aus Märchen. Im Flur hängt eine Zeichnung von 1991, auf der sich eine Prostituierte unter die Achsel spritzen lässt. Der Titel: "Axel-Springer-Spray". Insgesamt ein genüsslicher, frivoler, pointierter Spaß. Oder wie Ungerer schreibt: "Aber probieren Sie nicht zu entscheiden, was Erotik ist und was Porno. Also weiter, alles heiter." (hpvop) Nobistor 10a, so-do 10-24, fr u. sbd 10-1 Uhr, bis Mitte August.hpvop
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1990 beendete sie als 45-jährige ihre Tätigkeit als Hure und begann verstärkt an sozialen Projekten für Prostituierte mitzuwirken. Im selben Jahr war sie in Bertolt Brechts Ballett-Oper <i>Die sieben Todsünden</i> am Hamburger Schauspielhaus zu sehen. "Ja, da spielte ich <i>Die sieben Todsünden</i>. So heisst das Stück, passt ja auch zu mir. Ich hätte alle sieben spielen können. Mir haben sie aber nur eine Rolle gegeben. Ich spielte den Stolz. Ich muss sagen, dass ich bei den Proben sehr viel weinte. Das Stück hatte viel mit mir zu tun. Da ziehen zwei Schwestern aus, um ihr Glück und das grosse Geld zu machen. Das war bei mir und meiner Schwester auch so. Sie ist daran gestorben. Das Theater ist wohl durch mein erstes Buch auf mich gekommen. Ich finde aber doch, dass man mir mehr anbieten könnte, da doch alle wissen, ich steige aus." Domenica wollte im "Cafe Sperrgebiet" (Diakonisches Werk) in Hamburg-St. Georg arbeiten, um dort Kinder und junge Mädchen vom Strich zu holen, aber die Kirche, deren steuerzahlendes Mitglied sie ist, liess sie nicht.
1990 beendete sie als 45-jährige ihre Tätigkeit als Hure und begann verstärkt an sozialen Projekten für Prostituierte mitzuwirken. Im selben Jahr war sie in Bertolt Brechts Ballett-Oper <i>Die sieben Todsünden</i> am Hamburger Schauspielhaus zu sehen. "Ja, da spielte ich <i>Die sieben Todsünden</i>. So heisst das Stück, passt ja auch zu mir. Ich hätte alle sieben spielen können. Mir haben sie aber nur eine Rolle gegeben. Ich spielte den Stolz. Ich muss sagen, dass ich bei den Proben sehr viel weinte. Das Stück hatte viel mit mir zu tun. Da ziehen zwei Schwestern aus, um ihr Glück und das grosse Geld zu machen. Das war bei mir und meiner Schwester auch so. Sie ist daran gestorben. Das Theater ist wohl durch mein erstes Buch auf mich gekommen. Ich finde aber doch, dass man mir mehr anbieten könnte, da doch alle wissen, ich steige aus." Domenica wollte im "Cafe Sperrgebiet" (Diakonisches Werk) in Hamburg-St. Georg arbeiten, um dort Kinder und junge Mädchen vom Strich zu holen, aber die Kirche, deren steuerzahlendes Mitglied sie ist, liess sie nicht.
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[[image:domenicaniehoff199606_01.jpg|framed|left|Domenica Niehoff 1996 als "Gegenpäpstin"]]
[[image:domenicaniehoff199606_01.jpg|framed|left|Domenica Niehoff 1996 als "Gegenpäpstin"]]
Anlässlich des Deutschlandbesuchs von Papst Johannes Paul II. im Juni 1996 wurde Domenica Niehoff von der Deutschen AIDS-Hilfe in Berlin zum weiblichen Kirchenoberhaupt gekürt. Als "Gegenpäpstin" sprach sie an einem lesbisch-schwulen Stadtfest den Transvestiten Charlotte von Mahlsdorf "heilig". Gleichzeitig propagierte "Ihro Dreistigkeit" die gleichgeschlechtliche Sexualität als "kirchlich gebilligte Methode der Schwangerschaftsverhütung". Konservative Politiker der CSU stellten daraufhin im Deutschen Bundestag einen Gesetzentwurf vor (Beschimpfung eines religiösen Bekenntnisses ohne Störung des öffentlichen Friedens), der jedoch von der Parlamentsmehrheit abgelehnt wurde.
Anlässlich des Deutschlandbesuchs von Papst Johannes Paul II. im Juni 1996 wurde Domenica Niehoff von der Deutschen AIDS-Hilfe in Berlin zum weiblichen Kirchenoberhaupt gekürt. Als "Gegenpäpstin" sprach sie an einem lesbisch-schwulen Stadtfest den Transvestiten Charlotte von Mahlsdorf "heilig". Gleichzeitig propagierte "Ihro Dreistigkeit" die gleichgeschlechtliche Sexualität als "kirchlich gebilligte Methode der Schwangerschaftsverhütung". Konservative Politiker der CSU stellten daraufhin im Deutschen Bundestag einen Gesetzentwurf vor (Beschimpfung eines religiösen Bekenntnisses ohne Störung des öffentlichen Friedens), der jedoch von der Parlamentsmehrheit abgelehnt wurde.
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Hamburger Abendblatt Nr. 194 vom 20.08.1996 · Seite 11
Domenicas "Einbruch"
20.08.1996
Polizeibeamte stellten Hamburgs bekannteste Ex-Prostituierte gestern auf frischer Tat - beim Einbruch in ihre eigene Wohnung. Mit einem schweren Stein hatte Domenica Niehoff (51) versucht, ihre Wohnungstür zu öffnen, die Beamte zuvor versiegelt hatten.
Was war passiert? Die heutige Sozialarbeiterin war über das Wochenende nach Timmendorf gefahren. "Von dort habe ich eme Freundin angerufen, ihr auf den Anrufbeantworter gesprochen." Mitten im Satz sei ihr aber eingefallen, daß es für einen Anruf noch zu früh gewesen sei. ?Deshalb habe ich mitten im Satz abgebrochen und wieder aufgelegt.
Die Freundin glaubte, Domenica sei etwas zugestoßen und rief die Polizei. Die Sozialarbeiterin ist Diabetikerin, braucht dringend Spritzen. "Die Polizei kam und brach meine Wohnung auf", sagt Domenica. "Ich war ja nicht da und konnte nicht antworten." Nachdem sie die Wohnung in Augenschein genommen hatten, verließen die Beamten die Wohnung wieder, allerdings nicht ohne ein Siegel an die Tür zu kleben.
Gestern kehrte die Sozialarbeiterin von ihrer Kurzreise zurück, fand die Tür verschlossen vor. Auf dem Siegel stand: "Ablösen oder beschädigen wird strafrechthch verfolgt".
Doch darauf achtete Domenica nicht. Zusammen mit Freunden holte sie einen großen Pflasterstein und schlug damit die Tür ein. "Ich wollte der Polizei nur Arbeit ersparen. Ehriich! Die haben doch soviel zu tun." Den Hinweis ihrer Bekannten, in solchen FäUen heber die Polizei zu rufen, um das Siegel entfernen zu lassen, schlug Domenica in den Wmd.
Doch die Geschichte war damit nicht zuende: "Ein Nachbar muß uns wohl beobachtet haben. Kurze Zeit später stürmten fünf Pollzisten in meine Wohnung, die mich für eine Einbrecherin hielten. Ich mußte ihnen die Situation erklären. Dann rückten sie wieder ab. Sie haben gesagt, ich bekomme eine Anzeige, weil ich das Siegel gewaltsam geöffnet habe."
Die Episode nat für Domenica das Faß zum Überlaufen gebracht. "Ich brauche eine neue Wohnung. Hier wül ich nicht mehr bleiben." Auch eine kleine Wohnung würde ihr reichen, denn sie wül nicht mehr soviele Jugendllche bei sich aufnehmen wie bisher. "Die ganzen Kinder hier bei mir, die Probleme, das zehrt ungemein an den Nerven. Wie lange ich den Job als Sozialarbeiterin noch machen kann, weiß ich nicht." bob
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Im Februar 1997 spielte sie neben Jean-Pierre Cornu am Deutschen Schauspielhaus im Theaterstück <i>Straglers Woche (Eine St. Pauli Saga)</i> die Frau des Senators. Das Stück thematisiert den Wandel im Rotlichtmilieu in den vergangenen 50 Jahren. Im selben Jahr servierte sie im Hamburger Restaurant "Nil" zusammen mit anderen Prominenten ein Grühnkohl-Essen zugunsten des AIDS-Hilfe-Projekts "Hamburg Leuchtfeuer", war in Dagobert Lindlaus' Theaterstück <i>St. Pauli Saga</i> zu sehen, unterstützte das Kinderheim "Haus Nazareth der Armen Kinder Jesu", engagierte sich weiterhin in der Prostituierten- und AIDS-Hilfe und hielt dafür auch Lesungen. Im Dezember 1997 gab Domenica ihre Arbeit als als "Strassensozialarbeiterin" beim Projekt Ragazza auf: "Ich halte das nicht mehr aus. Mir sind mehr als ein halbes Dutzend Mädchen weggestorben: An einer Überdosis Gift, an AIDS, und eine wurde ermordet. Das hält man vielleicht als 35-Jährige aus, aber nicht mehr mit meinen 52 Jahren."
Im Februar 1997 spielte sie neben Jean-Pierre Cornu am Deutschen Schauspielhaus im Theaterstück <i>Straglers Woche (Eine St. Pauli Saga)</i> die Frau des Senators. Das Stück thematisiert den Wandel im Rotlichtmilieu in den vergangenen 50 Jahren. Im selben Jahr servierte sie im Hamburger Restaurant "Nil" zusammen mit anderen Prominenten ein Grühnkohl-Essen zugunsten des AIDS-Hilfe-Projekts "Hamburg Leuchtfeuer", war in Dagobert Lindlaus' Theaterstück <i>St. Pauli Saga</i> zu sehen, unterstützte das Kinderheim "Haus Nazareth der Armen Kinder Jesu", engagierte sich weiterhin in der Prostituierten- und AIDS-Hilfe und hielt dafür auch Lesungen. Im Dezember 1997 gab Domenica ihre Arbeit als als "Strassensozialarbeiterin" beim Projekt Ragazza auf: "Ich halte das nicht mehr aus. Mir sind mehr als ein halbes Dutzend Mädchen weggestorben: An einer Überdosis Gift, an AIDS, und eine wurde ermordet. Das hält man vielleicht als 35-Jährige aus, aber nicht mehr mit meinen 52 Jahren."
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27.3.1997: Aus dem wahren Leben von St. Pauh erzählt Domoniea um 23 Uhr in der Reihe "Nachtkantine" des Deutschen Schauspielhauses (U/S Hbf, Kirchenallee 39). Die Veranstaltung steht in Zusammenhang mit Dagobert Lindlaus "St. Pauh Saga", in der Domenica einen Part übernommen hat.
Hamburger Abendblatt Nr. 253 vom 30.10.1997 · Seite 1
Frauenpower
Authentisch und spannender als jeder Krimi: Domenica erzählt. Leben live aus erster Hand, Hamburg zum Hinhören - am 3. 11. im Villon
Schau ihr in die Augen, Mann, und du siehst das Leben. Lausche ihren Worten, Mensch, und du lernst fürs Leben. Blicke auf ihre Lippen, und du hörst vom Leben. Mannomann!
Nicht von der üppigen, prall-vitalen Seite auf dem Olymp, sondern vom Existenzkampf da unten in der Gosse. Von denen, die am Straucheln sind oder gar schon liegen und sich eine Hand herbeisehnen, die ihnen auf die Beine hilft.
Im Drogendschungel und Prostitutionselend rund um den Hansaplatz ist es der kräftige Arm einer starken Frau, der den Taumelnden gereicht wird. Einer Frau, die Jahre ihres Lebens als Ware im Schaufenster der Herbertstra- ße 10 verbrachte und am Ende die Kurve kriegte, einer Powerfrau, die alles erlebt hat und jede Menge erzählen kann. Und die wirklich so heißt, wie sie sich nennt: Domenica. Und Niehoff mit Nachnamen. "Gib nie die Hoffnung auf", übersetzt sie ihn - dabei ginge es auch umgekehrt.
Der Weg von der käuflichen Kiez- Domina zur Streetworkerin in St. Georg ist spannender als jeder Krimi, weil authentisch. Bühne für diese wahre Geschichte können keine scheinwerfergefluteten Fernsehstudios sein, auch keine Glitzer-Partys der Schickimickis, die sich am halbseidenen Hautgout weiden. Richtig echt ist Domenica nur dort, wo sie arbeitet: vor Ort im Areal hinter dem Hauptbahnhof. Weit entfernt von neunmalklugen Moderatoren, sensationsheischenden Gaffern und der Gefahr, Eitelkeiten öffentlicher Balz zu erliegen.
So gesehen ist es vielleicht eine einmalige Gelegenheit, Domenica Niehoff am Montag (3. November) im Villon, einer schummrig-gemütlichen Weinstube am St. Georgs Kirchhof im Souterrain, ganz ursprünglich kennenzulernen. Und Facetten zu erfahren, deren Tiefe das Fernsehen so nie erlaubt: Leben live aus erster Hand.
So viele Fragen sind noch nicht beantwortet: Details der Jugend als Kind eines Italieners aus den Abruzzen und einer Kölnerin, der Zeit im Waisenheim, der Pädagogik der Nonnen, der Stiege in der Herbertstraße. Näheres über süßlich-schöne Erfahrungen im Reigen mit den Freiern, aber auch von Erlebnissen, die Peitschenschlägen glichen. Von der Wende im Leben, vom Engagement für ein Drogenprojekt, vom Alltag auf den Gassen St. Georgs. Vor allem indes von den Gefühlen im Kaleidoskop zwischen hofiertem Ehrengast der Gesellschaft und anpakkender Arbeit vor Ort.
Das ist interessanter Stoff für einen gewiß anderen Abend, der um 21 Uhr beginnt. Der ein Stück Hamburg zum Anfassen offeriert und zum Hinsehen wie Zuhören animiert. Und wenn du zum Schluß das Villon verläßt, Mensch, dann warst du nicht im Film. Du bist im Leben, mittendrin in Hamburg-St. Georg. JENS MEYER
- Domenica erzählt aus ihrem Leben, Mo 3. 11.,
21.00, Villon (U/S Hbf), St. Georgs Kirchhof 7, T. 24 92 93, Eintritt 10,- + Getränke
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[[image:domenicaniehoff01.jpg|framed|right|Domenica Niehoff und Gäste in ihrer Kneipe in St. Pauli]]
[[image:domenicaniehoff01.jpg|framed|right|Domenica Niehoff und Gäste in ihrer Kneipe in St. Pauli]]
Anfang 1998 kaufte Domenica die Hamburger Hafenkneipe "Fick" am Fischmarkt und taufte sie in "Domenica" um. Zudem eröffnete sie als Partnerschaftsberaterin den [http://www.hamburger-erotik.com/boutique/npcshop/index.html Neuen Partnerclub / NPC] mit dem Motto "Niemand muss allein sein - es kommt darauf an, mitzumachen!"  - für 20 DM im Monat war man dabei. Immer Mittwochs sass Domenica persönlich am Telefon und beriet in Partnerfragen aller Art. Der Club vertrieb im übrigen auch allerlei Spielzeug, Bücher, Magazine und sonstige Hilfsmittel... Am 10. Februar 1999 wurde auf RTL der Fernsehfilm <i>Hurenstreik (Eine Liebe auf St. Pauli)</i> ausgestrahlt, in dem Domenica einmal mehr sich selbst spielte. Bereits im Jahr 2000 musste sie ihre Kneipe wegen finanzieller Schwierigkeiten (20'000 DM Steuerschulden) schliessen und schaltete stattdessen Kleinanzeigen für Telefonsex ("Kein Vorspiel - direkt zur Sache").
Anfang 1998 kaufte Domenica die Hamburger Hafenkneipe "Fick" am Fischmarkt und taufte sie in "Domenica" um. Zudem eröffnete sie als Partnerschaftsberaterin den [http://www.hamburger-erotik.com/boutique/npcshop/index.html Neuen Partnerclub / NPC] mit dem Motto "Niemand muss allein sein - es kommt darauf an, mitzumachen!"  - für 20 DM im Monat war man dabei. Immer Mittwochs sass Domenica persönlich am Telefon und beriet in Partnerfragen aller Art. Der Club vertrieb im übrigen auch allerlei Spielzeug, Bücher, Magazine und sonstige Hilfsmittel... Am 10. Februar 1999 wurde auf RTL der Fernsehfilm <i>Hurenstreik (Eine Liebe auf St. Pauli)</i> ausgestrahlt, in dem Domenica einmal mehr sich selbst spielte. Bereits im Jahr 2000 musste sie ihre Kneipe wegen finanzieller Schwierigkeiten (20'000 DM Steuerschulden) schliessen und schaltete stattdessen Kleinanzeigen für Telefonsex ("Kein Vorspiel - direkt zur Sache").
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Domenica - jetzt steht sie auch hinter dem Tresen
Hamburger Abendblatt 17.07.1998
Nun ist sie seßhaft geworden: Domenica - Ex-Reeperbahn-Queen und Sozialarbeiterin für drogensüchtige und aidsinfizierte Prostituierte von St. Georg. Im ehemaligen "Fick" am Fischmarkt Nr. 5 eröffnete sie Hamburgs neue Szenekneipe, das "Domenica".
Viele Freunde, Kiez-Größen und Prominente kamen, um der 52 Jahre alten Neu-Wirtin Erfolg zu wünschen. Kiez-König Willi Bartels war ebenso unter den Gästen wie Travestiestar Ulla Trulla, der hinterm Tresen schon mal ein Bier zapfte. Sänger und AlsterRadio-Moderator Peter Sebastian gab ein Ständchen, und Erfolgskomponist Ernst Bader ("Am Tag, als der Regen kam", "Tulpen aus Amsterdam") sang mit Domenica im Duett: "Wir machen durch bis morgen früh." Domenica, die in Sichtweite ihrer Kneipe am Fischmarkt wohnt, kann sich ein Grienen nicht verkneifen: "Obwohl ich im alten 'Fick' arbeite, werde ich jetzt ganz schön seriös." jup
Am 3.10.1998 gegründeter Verein "Kurverwaltung St. Pauli", der sich im Schmidt-Theater vorstellte. Die rund 30 Mitglieder, darunter Kiezprominente wie Schauspieler Jan Fedder, Rocksänger Achim Reichel, St. Pauli-Pastor Christian Arndt und Domenica, planen die Einführung einer "Kurtaxe", die in Zukunft bei allen auf St. Pauli anzutreffenden Touristen freiwillig abkassiert werden soll.
"30 Millionen Touristen erholen und vergnügen sich jährlich auf dem Kiez wie in einem Kurbad. Dafür wollen wir jetzt Kurtaxe kassieren und das Geld in soziale und kulturelle Stadtteilprojekte umschichten, um es jenen Menschen auf St. Pauli zukommen zu lassen, denen es nicht so vergnüglich geht, zum Beispiel Obdachlosen", erklärt Initiator und "Kurdirektor" Arne Gleisse.
Für zehn Mark Kurtaxe erhält der "Kurgast" ein Coupon-Heft, mit dem er in 29 Betrieben auf St. Pauli Ermäßigung erhält. Beim Bezirksamt liegt bereits ein Antrag vor. Wenn alles gutgeht, wird ab Januar abkassiert. bom
17.10.1998 Live-Show: <i>Alles von der Reeperbahn</i> (N 3), 20.15 Uhr wenn Bettina Tietjen und Jens Olesen als Moderatoren "Alles von der Reeperbahn" vorführen. Im Restaurant "Veermaster" an der Großen Freiheit begrüßen sie ihre Gäste, während sich live vor der Tür die gewichtigen Damen oben ohne beim Catchen im Schlamm wälzen.
Die Gäste sind Kenner von St. Pauli: Jan Fedder ("Großstadtrevier") ist hier aufgewachsen, Domenica plaudert aus dem Nähkästchen einer Domina, Ulla Trulla, der dickste Transvestit Deutschlands, animiert die Zuschauer, Ulrich Tukur präsentiert sich als singender Nachfolger von Hans Albers. Auch solche Kiez-Größen wie Willi Bartels und sein Immobilien-Kompagnon Alfred Röhr sind eingeladen, und Carlo von Tiedemann, Filmbösewicht Rolf Zacher und Fernsehkoch Rainer Sass treffen sich mit einem Spielbank-Profi zu einer zünftigen Poker-Partie.
Hamburger Abendblatt Nr. 29 vom 12.12.1998 · Seite 24
Freispruch: Das Düsseldorfer Amtsgericht hat den Schauspieler und Filmemacher Peter Kern (49) vom Vorwurf des Betruges freigesprochen. Er hatte sich 1994 von einer Geldgeberin 100 000 Mark für die Kinopremiere seines Films über die ehemalige Hamburger Edelprostituierte Domenica geliehen und keinen Pfennig zurückbezahlt.
Am 5.12.1999 konnten sich Besucher des Erotic-Art-Museums von der ehemaligen Prostituierten und Streetworkerin Domenica durch die Ausstellung führen lassen.
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2001 starb ihr Bruder Amando, von ihm erbte sie ein Haus an der Hauptstrasse des 700-Seelen-Dorfs Boos in der Eifel. Ihre Schulden konnte sie mit dem geerbten Vermögen des Bruders begleichen. 2003 zog sie nach Boos um und versuchte dort ab September 2005 mit wenig Erfolg, als Wirtin der Pension "Domenicas Nähkästchen" in ihrem Haus drei Zimmer zu vermieten. Schliesslich verkaufte sie das Haus für unter 100'000 Euro und zog im Mai 2008 wieder zurück nach Hamburg an die Talstrasse: "In Boos war das so langweilig, ich hab nur gekocht, gefuttert, gekocht, gefuttert. Ehrlich, ich bin da völlig vereinsamt." Mit 20 Kilo mehr als vorher auf den Rippen lebte dann in einer 50 Quadratmeter grossen Zwei-Zimmer-Sozialwohnung. "Ich paffe zwei Schachteln am Tag, hab Diabetes und hab's mit den Bronchien. Egal, Hauptsache ich bin wieder zu Hause. Hier auf’m Kiez bleibe ich jetzt für immer! Mein Rentnersitz. Ich hab einen schönen Wintergarten und gucke direkt auf die 'Juwelengasse'", lachte sie und meinte die Schmuckstrasse, wo sich der Transenstrich befindet.
2001 starb ihr Bruder Amando, von ihm erbte sie ein Haus an der Hauptstrasse des 700-Seelen-Dorfs Boos in der Eifel. Ihre Schulden konnte sie mit dem geerbten Vermögen des Bruders begleichen. 2003 zog sie nach Boos um und versuchte dort ab September 2005 mit wenig Erfolg, als Wirtin der Pension "Domenicas Nähkästchen" in ihrem Haus drei Zimmer zu vermieten. Schliesslich verkaufte sie das Haus für unter 100'000 Euro und zog im Mai 2008 wieder zurück nach Hamburg an die Talstrasse: "In Boos war das so langweilig, ich hab nur gekocht, gefuttert, gekocht, gefuttert. Ehrlich, ich bin da völlig vereinsamt." Mit 20 Kilo mehr als vorher auf den Rippen lebte dann in einer 50 Quadratmeter grossen Zwei-Zimmer-Sozialwohnung. "Ich paffe zwei Schachteln am Tag, hab Diabetes und hab's mit den Bronchien. Egal, Hauptsache ich bin wieder zu Hause. Hier auf’m Kiez bleibe ich jetzt für immer! Mein Rentnersitz. Ich hab einen schönen Wintergarten und gucke direkt auf die 'Juwelengasse'", lachte sie und meinte die Schmuckstrasse, wo sich der Transenstrich befindet.
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19.7.2002: Hamburg. Helmut Schmidt aus Bronze. Ein paar Meter weiter stehen die Büsten der Schriftstellerin Sarah Kirsch, der "Zeit"-Herausgeberin Marion Gräfin Dönhoff und von Domenica. Alle sind versteinert. 40 "Köpfe" stellt der Bildhauer Manfred Sihle-Wissel in der Hamburger Handelskammer bis zum 31. August aus. Sie sind in Gips und in Bronze gegossen oder in Holz gearbeitet und mit Öl- und Aquarellfarben überzogen. Dass die meisten Porträtierten Prominente sind, hat einen Grund: "Ich bin ihnen meist in Künstlerkreisen begegnet," sagt der Mann, der auch das Seefahrerdenkmal am Fischmarkt geschaffen hat. Er zählt mittlerweile zu den erfolgreichsten Bildhauern Norddeutschlands. Seine kantigen Plastiken und Objekte sind unter anderem im Rosarium Uetersen und in Schloss Gottorf zu sehen. "Früher habe ich nur abstrakte Kunst gemocht. Porträts modelliere ich erst seit 15 Jahren", sagt Manfred Sihle-Wissel. Auffallend an ihm: Im Gespräch schaut er seinem Gegenüber nicht direkt in die Augen, dafür beobachtet er die Mimik. "Es ist wahrscheinlich eine Alters-Marotte von mir und eine psychologische Fingerübung." Und die gelingt. Nicht nur, weil die Ähnlichkeit unverkennbar ist, sondern vor allem, weil die Köpfe so expressiv wirken. "Ich mache die Menschen nicht schöner als sie sind. Das hat schon einige weibliche Modelle verärgert", erzählt er. Die Hamburger Unternehmerin Karin Fischer soll sich sogar vor ihrem Abbild fürchten. Helmut Schmidt dagegen fand, dass der Künstler ihm mehr Charakter ins Gesicht gelegt habe, als tatsächlich vorhanden sei. Die Reaktionen der Prominenten sind ebenfalls in der Ausstellung zu sehen - skeptisch, belustigt, überrascht. Die Fotografin Eva Alpers-Gromoll war bei der Entstehung einiger Portäts dabei und hat alles aufgenommen. (vlipo) Handelskammer, bis 31. August, mo-fr, 9-17 Uhr.vlipo
Hamburger Abendblatt 11.7.2005
Domenica hat drei Zimmer frei
11.07.2005, 00:00 Uhr 11.07.2005, 00:00 Uhr
Sie hat bald ein paar Betten frei, aber nicht mehr auf dem Kiez. Deutschlands bekannteste Edelhure Domenica empfängt ihre Gäste demnächst als Herbergsmutter. Vor 14 Jahren hat sie ihren Job als Hure beendet. Kurz vor ihrem 60. Geburtstag am 3. August möchte die ehemalige "Königin von St. Pauli" in Boos, einem 680-Einwohner-Dorf in der Eifel, eine Pension eröffnen.
Ihr verstorbener Bruder Amando hat ihr das kleine Haus in der Eifel vererbt. Ein altes Häuschen: "Ich hatte viel Arbeit und Ärger, um es wieder herzurichten", sagt Domenica, die mit Nachnamen Neuhoff heißt. Natürlich wurde am Anfang im Dorf getuschelt. Dann hieß es: "Uns hätte Schlimmeres passieren können als Domenica." Das hat sie beruhigt. "Jetzt bin ich frohen Mutes." Sie sei schließlich wie alle im Dorf. "Ich gehe einkaufen und stelle mich in die Schlange an der Kasse." Das üppige Prachtweib wird in den oberen Stockwerken ihres Hauses wohnen. Unten richtet Domenica gerade die Pensionszimmer her. Drei Doppelzimmer mit Bad, gemütlich hübscher Bettwäsche und Frühstück. "Es wird klein und fein." Als Gäste wünscht sie sich "angenehme" Menschen, natürlich auch Ehepaare. Sie freut sich über dieses andere, biedere Leben: "Als Pensionswirtin muß ich mich zum Glück nicht befummeln lassen."
Mit 36 Jahren träumte sie von einem Salon mit rotem Samt und viel Plüsch. Vorbei. "Dem Plüsch habe ich ade gesagt. Ich mag Orangetöne und klare Linien, wie im japanischen Stil", sagt sie. Domenica braucht den großen Rummel nicht mehr. "Ich bin zufrieden, wenn ich nette Leute um mich habe, wenn das Essen schmeckt und die Luft sauber ist." In der Eifel sei die Luft wie Seide. Und trotzdem ist es der ehemaligen Edel-Prostituierten manchmal zu eng in dieser Idylle. Im Winter möchte sie wieder nach Hamburg kommen, ins Theater gehen. "Vielleicht melde ich mich bei einer Kunstakademie an", sagt sie. Zur Zeit sucht sie eine bezahlbare Zwei-Zimmer-Wohnung in Hamburg.
Am 3. August also der 60. Geburtstag. Was wünscht sie sich? "Daß ich das machen kann, was ich schon immer wollte: zeichnen, lesen." Ansonsten läßt sie alles auf sich zukommen. (HA)HA
Am 29.12.2007 meldet das Hamburger Abendblatt: Neues Kiez-Museum am Spielbudenplatz geplant
Exponate etwa von Hans Albers, den Beatles oder Willi Bartels stehen zur Verfügung - jeder St.-Pauli-Berühmtheit soll ein eigener Raum gewidmet werden. Am Spielbudenplatz soll ein großes, privates St.-Pauli-Museum entstehen. Ausstellungsstücke von Hans Albers, Freddy Quinn, Willi Bartels ("König von St. Pauli"), Hamburgs bekanntester Hure Domenica, aber auch von den Gebrüdern Wolf ("An de Eck steiht'n Jung mit'n Tüdelband"), von den Prostituierten der Herbertstraße und den Beatles sollen zeigen, was die Reeperbahn und Deutschlands bekanntestes Rotlichtviertel ausmacht. Die Besucher sollen die Berühmtheiten St. Paulis in je einem eigenen Raum finden.
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Vom 4. November 2005 bis 7. Mai 2006 wurde in Hamburg im Museum der Arbeit die Ausstellung "Sexarbeit Prostitution (Lebenswelten und Mythen)" gezeigt, die berühmten Prostituierten wie Rosemarie Nitribitt, Christine Keeler und auch Domenica Niehoff besondere Beachtung schenkte. Im Sommer 2008 gab sie <i>Welt Online</i> ihr letztes grosses Interview: "Ich habe erreicht, dass mehr über Prostitution geredet wird. Dass nicht mehr so darüber getuschelt wird. Dass sich Mädels trauen zu sagen: Ich war im Milieu, aber ich will jetzt aussteigen."
Vom 4. November 2005 bis 7. Mai 2006 wurde in Hamburg im Museum der Arbeit die Ausstellung "Sexarbeit Prostitution (Lebenswelten und Mythen)" gezeigt, die berühmten Prostituierten wie Rosemarie Nitribitt, Christine Keeler und auch Domenica Niehoff besondere Beachtung schenkte. Im Sommer 2008 gab sie <i>Welt Online</i> ihr letztes grosses Interview: "Ich habe erreicht, dass mehr über Prostitution geredet wird. Dass nicht mehr so darüber getuschelt wird. Dass sich Mädels trauen zu sagen: Ich war im Milieu, aber ich will jetzt aussteigen."

Version vom 12. Oktober 2011, 00:26 Uhr

Domenica Niehoff 1987

Deutsche Hure und Sozialarbeiterin ; geboren 3. August 1945 in Köln, gestorben 12. Februar 2009 in Hamburg-Altona

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Domenica Anita Niehoff wurde kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs im zerstörten Köln als Tochter eines gewalttätigen italienischen Eisverkäufers geboren. Ihre Mutter floh später mit den Kindern aus dieser Ehe und lebte von Kartenlesen, Taschenspielereien und anderen Betrügereien, bis sie verhaftet wurde. Domenica und ihr Bruder Amando kamen in ein katholisches Waisenhaus, nur die kleine Schwester blieb bei der Mutter. So wuchs Domenica die nächsten zehn Jahre in einem katholischen Waisenhaus auf. Mit 14 kehrt sie zur Mutter zurück und begann mit 15 eine kaufmännische Ausbildung als Buchhalterin, die sie allerdings nicht beendete. Als 17-jährige lernte sie 1962 den 42-jährigen Bordellbesitzer Kuno kennen, den sie später heiratete. 1972 erschoss sich ihr Ehemann vor ihren Augen mit einer Pistole.

1972 wurde sie vom berühmten Hanne aus der "Ritze" nach Hamburg geholt. "Ich hatte nichts, stand auf der Strasse. Vorher war ich Luxus gewöhnt: Champagner, Schmuck, Pelze. Das wollte ich wiederhaben. Und die Szene kannte ich von Kuno. Da war der Weg, anschaffen zu gehen, nicht weit", erzählte sie später. So begann sie, im Grossbordell "Palais d'Amour" und an der Herbertstrasse im Hamburger Vergnügungs- und Rotlichtviertel St. Pauli als Prostituierte zu arbeiten, wo sie ihren üppigen Körper auch im Schaufenster zeigte. Ihr Markenzeichen: die streng zurückgekämmten Haare und ihr enormer Busen mit angeblich 122 Zentimeter Umfang. Als 35-jährige eröffnete sie ihr eigenes Studio als Domina. 2008 berichtete sie in ihrem letzten grossen Interview: "Ich hatte alles. Alle Schichten. Sie waren winselnd, bettelnd, fordernd, gemein. Brav, lieb, reich, arm, jung, alt. Ich weiss gar nicht, was mir noch fehlte." Aber auch: "Jeder glotzte auf die Titten. Keiner glotzte aufs Gesicht. Die mir ins Gesicht geguckt haben, das waren die besten Freier. Haben aber auch viele gesagt, sie könnten mit mir nicht mitgehen. Meine Augen wären zu traurig."

Domenica im März 1979

"Als ich mich outete, war das Leben in Hamburg zuerst die Hölle. Alle haben mich angestarrt", sagte sie 1998. Im März 1979 lichtete der tschechische Fotograf Andrej Reiser Domenica schwarzweiss in Arbeitskleidung auf dem Kiez ab, die Fotografien erschienen im erfolgreichen Buch Domenica und die Herbertstrasse (1981) beim Eichborn-Verlag. Der Schriftsteller Wolf Wondratschek widmete ihr Gedichte, er schwärmte "eine Hure bis hinein in ihr grosses träges Herz", "und bis in die Beine eine Frau", "wenn sie mit dem Hintern wackelt, fliessen die Flüsse bergauf". Besonders in den 1980er Jahren genoss Domenica als Aushängeschild der Hurenemanzipation eine erstaunliche Medienpräsenz und verkehrte gesellschaftlich später mit Tomi Ungerer (er nennt sie die "gut- und grossmütige Kaiserin des Kiez"), Horst Janssen, Alfred Hrdlicka und dem Ehepaar Gloria und Johannes von Thurn und Taxis.

Domenicas Dekolleté auf den Vorderseiten der 7" Single Bum bum und der 12" Single Bum bum der Gruppe Trio

1980 trat sie im Film Messalina, Kaiserin und Hure auf, ihr ausladendes Dekolleté zierte die Hülle der Trio-Single Bum bum (1983) und sie war auch in der weiblichen Hauptrolle des zugehörigen Musikvideos zu sehen. Mitte der 1980er Jahre kam der Grafiker Tomi Ungerer auf die Reeperbahn, um ein Buch über Sado-Maso-Sex zu schreiben und sich Anregungen aus der Praxis des Peitschens zu holen. Er quartierte sich bei Domenica ein und sah ihr einige Monate beim lustvollen Quälen zu. Daraus entstand sein weithin bekanntes Buch Die Schutzengel der Hölle (1986). 1987 wirkte Doeminica im Spielfilm Taxi nach Kairo mit. In Schwatzsendungen im Fernsehen warb sie nicht nur für gesellschaftliche Anerkennung, sondern auch dafür, den Berufsstand der Prostituierten zu legalisieren. "Königin von St. Pauli" wurde sie nun genannt. Gleichzeitig nahm sie dem "Milieu" mit ihrer trockenen und ehrlichen Beschreibung der Kiez-Wirklichkeit jenen verruchten Glanz, dem sie ihren eigenen gesellschaftlichen Aufstieg verdankte.


1990 beendete sie als 45-jährige ihre Tätigkeit als Hure und begann verstärkt an sozialen Projekten für Prostituierte mitzuwirken. Im selben Jahr war sie in Bertolt Brechts Ballett-Oper Die sieben Todsünden am Hamburger Schauspielhaus zu sehen. "Ja, da spielte ich Die sieben Todsünden. So heisst das Stück, passt ja auch zu mir. Ich hätte alle sieben spielen können. Mir haben sie aber nur eine Rolle gegeben. Ich spielte den Stolz. Ich muss sagen, dass ich bei den Proben sehr viel weinte. Das Stück hatte viel mit mir zu tun. Da ziehen zwei Schwestern aus, um ihr Glück und das grosse Geld zu machen. Das war bei mir und meiner Schwester auch so. Sie ist daran gestorben. Das Theater ist wohl durch mein erstes Buch auf mich gekommen. Ich finde aber doch, dass man mir mehr anbieten könnte, da doch alle wissen, ich steige aus." Domenica wollte im "Cafe Sperrgebiet" (Diakonisches Werk) in Hamburg-St. Georg arbeiten, um dort Kinder und junge Mädchen vom Strich zu holen, aber die Kirche, deren steuerzahlendes Mitglied sie ist, liess sie nicht.

1991 war sie Mitinitiatorin des Prostituierten-Hilfsprojektes Ragazza e. V. im Hamburger Stadtteil St. Georg. Als Sozialarbeiterin verdiente sie 2'500 DM und betreute in der Drogenberatungsstelle Drosselstrasse in Barmbeck bis 1997 junge drogensüchtige Mädchen und Frauen, die ihre Sucht durch Prostitution finanzierten und aus der Prostitution aussteigen wollten. Immer wieder nahm Domenica die Mädchen mit zu sich, vor allem in der Zeit, als sie als Sozialarbeiterin mit einer Thermoskanne voll Kakao über den Drogenstrich von St. Georg ging. "Die haben mit den Löffeln von meinem schönen Besteckservice ihr Heroin aufgekocht", klagte sie später. "Die nehmen mein Geld, und dann sehe ich sie auf St. Georg im Nerzjäckchen stehen." Sie klingelten nachts bei ihr und wenn die Bude bereits voll war mit vier oder fünf verzweifelten Gestalten, dann klammerten sie sich an Domenica und schrien und weinten, bis sie doch noch mit hineindurften.

1992 veröffentlichte sie eine Single, Alle meine Freier (Hiessen alle Meier), geschrieben von Franziska Menke (ex-Frl. Menke) und Harry Gutowski. Anlässlich der Internationalen Comic-Tage in Hamburg 1993 widmeten ihr neun bekannte Comiczeichner ein Portfolio mit neun Blättern. Im selben Jahr stellte sie in Peter Kerns Film Domenica sich selber dar und veröffentlichte 1994 ihre Autobiographie Körper mit Seele, die allerdings von Hans Eppendorfer geschrieben worden war. Im August 1996 nannte sie diese Biographie in einem Interview schlicht "beschissen". Domenica: "Ich habe ja nicht mal das Manuskript vorher lesen dürfen. Nach dem faulen Ei muss ich nochmal was Richtiges machen."

Domenica Niehoff 1996 als "Gegenpäpstin"

Anlässlich des Deutschlandbesuchs von Papst Johannes Paul II. im Juni 1996 wurde Domenica Niehoff von der Deutschen AIDS-Hilfe in Berlin zum weiblichen Kirchenoberhaupt gekürt. Als "Gegenpäpstin" sprach sie an einem lesbisch-schwulen Stadtfest den Transvestiten Charlotte von Mahlsdorf "heilig". Gleichzeitig propagierte "Ihro Dreistigkeit" die gleichgeschlechtliche Sexualität als "kirchlich gebilligte Methode der Schwangerschaftsverhütung". Konservative Politiker der CSU stellten daraufhin im Deutschen Bundestag einen Gesetzentwurf vor (Beschimpfung eines religiösen Bekenntnisses ohne Störung des öffentlichen Friedens), der jedoch von der Parlamentsmehrheit abgelehnt wurde.


Im Februar 1997 spielte sie neben Jean-Pierre Cornu am Deutschen Schauspielhaus im Theaterstück Straglers Woche (Eine St. Pauli Saga) die Frau des Senators. Das Stück thematisiert den Wandel im Rotlichtmilieu in den vergangenen 50 Jahren. Im selben Jahr servierte sie im Hamburger Restaurant "Nil" zusammen mit anderen Prominenten ein Grühnkohl-Essen zugunsten des AIDS-Hilfe-Projekts "Hamburg Leuchtfeuer", war in Dagobert Lindlaus' Theaterstück St. Pauli Saga zu sehen, unterstützte das Kinderheim "Haus Nazareth der Armen Kinder Jesu", engagierte sich weiterhin in der Prostituierten- und AIDS-Hilfe und hielt dafür auch Lesungen. Im Dezember 1997 gab Domenica ihre Arbeit als als "Strassensozialarbeiterin" beim Projekt Ragazza auf: "Ich halte das nicht mehr aus. Mir sind mehr als ein halbes Dutzend Mädchen weggestorben: An einer Überdosis Gift, an AIDS, und eine wurde ermordet. Das hält man vielleicht als 35-Jährige aus, aber nicht mehr mit meinen 52 Jahren."

Domenica Niehoff und Gäste in ihrer Kneipe in St. Pauli

Anfang 1998 kaufte Domenica die Hamburger Hafenkneipe "Fick" am Fischmarkt und taufte sie in "Domenica" um. Zudem eröffnete sie als Partnerschaftsberaterin den Neuen Partnerclub / NPC mit dem Motto "Niemand muss allein sein - es kommt darauf an, mitzumachen!" - für 20 DM im Monat war man dabei. Immer Mittwochs sass Domenica persönlich am Telefon und beriet in Partnerfragen aller Art. Der Club vertrieb im übrigen auch allerlei Spielzeug, Bücher, Magazine und sonstige Hilfsmittel... Am 10. Februar 1999 wurde auf RTL der Fernsehfilm Hurenstreik (Eine Liebe auf St. Pauli) ausgestrahlt, in dem Domenica einmal mehr sich selbst spielte. Bereits im Jahr 2000 musste sie ihre Kneipe wegen finanzieller Schwierigkeiten (20'000 DM Steuerschulden) schliessen und schaltete stattdessen Kleinanzeigen für Telefonsex ("Kein Vorspiel - direkt zur Sache").

2001 starb ihr Bruder Amando, von ihm erbte sie ein Haus an der Hauptstrasse des 700-Seelen-Dorfs Boos in der Eifel. Ihre Schulden konnte sie mit dem geerbten Vermögen des Bruders begleichen. 2003 zog sie nach Boos um und versuchte dort ab September 2005 mit wenig Erfolg, als Wirtin der Pension "Domenicas Nähkästchen" in ihrem Haus drei Zimmer zu vermieten. Schliesslich verkaufte sie das Haus für unter 100'000 Euro und zog im Mai 2008 wieder zurück nach Hamburg an die Talstrasse: "In Boos war das so langweilig, ich hab nur gekocht, gefuttert, gekocht, gefuttert. Ehrlich, ich bin da völlig vereinsamt." Mit 20 Kilo mehr als vorher auf den Rippen lebte dann in einer 50 Quadratmeter grossen Zwei-Zimmer-Sozialwohnung. "Ich paffe zwei Schachteln am Tag, hab Diabetes und hab's mit den Bronchien. Egal, Hauptsache ich bin wieder zu Hause. Hier auf’m Kiez bleibe ich jetzt für immer! Mein Rentnersitz. Ich hab einen schönen Wintergarten und gucke direkt auf die 'Juwelengasse'", lachte sie und meinte die Schmuckstrasse, wo sich der Transenstrich befindet.


Vom 4. November 2005 bis 7. Mai 2006 wurde in Hamburg im Museum der Arbeit die Ausstellung "Sexarbeit Prostitution (Lebenswelten und Mythen)" gezeigt, die berühmten Prostituierten wie Rosemarie Nitribitt, Christine Keeler und auch Domenica Niehoff besondere Beachtung schenkte. Im Sommer 2008 gab sie Welt Online ihr letztes grosses Interview: "Ich habe erreicht, dass mehr über Prostitution geredet wird. Dass nicht mehr so darüber getuschelt wird. Dass sich Mädels trauen zu sagen: Ich war im Milieu, aber ich will jetzt aussteigen."

Zu Domenica Niehoffs letzten Plänen gehörte die Eröffnung eines Flohmarkt-Ladens auf dem Kiez sowie die Veröffentlichung eines letzten Buches über ihr Leben, zusammen mit Kiez-Fotograf Günter Zint, das im Verlag Droemer Knaur erscheinen sollte: "Gespickt mit viel Elend und Leid, aber letztlich voller Sonne und Optimismus." Am 6. Februar 2009 wurde Domenica Niehoff mit schweren Kreislaufbeschwerden in die Intensivstation des Allgemeinen Krankenhauses Altona in Hamburg eingeliefert. Sie war unter anderem schwer zucker- und lungenkrank. Am 12. Februar 2009 um 10 Uhr 44 starb sie 63-jährig.

Enge Freunde wollten es nicht zulassen, dass Domenica nur ein Sozialhilfebegräbnis bekommt. Insbesondere Mitarbeiter des St.-Pauli-Museums, dem auch ein beachtlicher Teil ihres Nachlasses zukommen wird, kümmerten sich um finanzielle Unterstützung und eine angemessene Ruhestätte. Die Trauerfeier beginnt am 27. Februar 2009 um 14 Uhr auf dem Hans-Albers-Platz in Hamburg. Nach einer Gedenkminute in der Herbertstrasse wird die Bläsergruppe "Tätärä" einige Stücke spielen. Über die Bernhard-Nocht-Strasse wird sich die Trauergemeinde um 15 Uhr in der St.-Pauli-Kirche am Pinnasberg einfinden, wo die Abschiedsfeier stattfinden wird. Sie wird auf dem Ohlsdorfer Friedhof neben der ehemaligen Schauspielerin Gerda Gmelin im sogenannten "Garten der Frauen" begraben werden.