Text "Fragmente" (Epikur)

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Der Weise wird sich nicht an der Politik beteiligen und nicht Herrscher sein wollen.


Der Weise wird die Götter anbeten.


Zur Weisheit gehört es, zu beten: nicht als ob die Götter zürnen würden, wenn wir es unterlassen, sondern in dem Gedanken, dass es sich um Naturen handelt, die uns and Kraft und Klugkeit überlegen sind.


Der Weise wird nicht leben wie ein Kyniker und nicht betteln.


Ich weiss nicht, was ich mir als das Gute vorstellen soll, wenn ich die Lust des Geschmackes, die Lust der Liebe, die Lust des Ohres beiseite lasse, ferner die angenehmen Bewegungen, die durch den Anblick einer Gesatlt erzeugt werden, und was sonst noch für Lustempfindungen im gesamten Menschen durch irgendein Sinnesorgan entstehen. So kann man auch nicht sagen, dass ausschliesslich die Freude des Geistes das Gute ausmache. Denn die Freude des Geistes erkenne ich in der Hoffnung auf alle jene Dinge, die ich eben genannt habe, und darauf, dass die Natur, wenn sie sie besitzt, von Schmerz frei sein wird.


Wird der Weise etwas tun, was die Gesetze verbieten, wenn er weiss, dass es verborgen bleiben wird? Eine einfache Antwort hierauf zu geben ist nicht leicht.


Der Weise wird unter bestimmten Umständen auch heiraten und Kinder zeugen.


Der Weise wird gerne Schauspiele sehen und sich so gut wie nur irgend jemand an dionysischen Vorstellungen und musikalischen Genüssen erfreuen, aber musiktheoretischen Diskussionen und gelehrten Untersuchungen wird er nicht einmal beim Weine eineStelle einräumen.


Für vulgär und ordinär halten wir diejenigen Lebensformen, die nicht zur Glückseligkeit führen... Deinem ganzen Charakter nach scheinst du mir, bei den Göttern, einer anderen Freiheit würdig zu sein als derjenigen, die die Gesetze vorsehen.
[aus einem Brief an Mithres, Ratgeber am Hofe des Königs Lysimachos]


Jede Bildung fliehe, mein Glücklicher, mit gespannten Segeln.
[aus dem Brief an Pythokles]


Ich habe mich niemals darum bemüht, den Leuten zu gefallen. Denn was jenen gefiel, habe ich nicht gelernt, und was ich mir angeeignet habe, das lag weit ab vom Begreifen der Leute.


Übe dich im Sterben.


Zieh dich vor allen dann in dich selbst zurück, wenn du gezwungen bist, dich unter den Leuten aufzuhalten.


Wir müssen einen tüchtigen Mann lieben und ihn uns immer vor Augen halten, damit wir so leben, als ob er uns zusähe, und alles tun, als ob er es bemerke.


Das Göttliche bedarf keiner Ehre, uns aber ist es naturgemäss, es zu ehren und vor allem mit frommen Gedanken, dann auch gemäss den jeweiligen überlieferten Gebräuchen.


Der Weise bewundert die Natur und Beschaffenheit der Götter und versucht sich ihnen zu nähern und strebt gewissermassen danach, sie zu berühren und mit ihnen zusammenzusein; er nennt auch die Weisen Freunde der Götter und die Götter Freunde der Weisen.


Wenn Gott die Gebete der Menschen erfüllen würde, wären schon lange alle Menschen zugrunde gegangen, da sie andauernd viel Schlimmes gegeneinander erbitten.


Leer ist die Rede jenes Philosophen, durch die keine menschliche Leidenschaft geheilt wird. Wie nämlich die Medizin nichts nützt, wenn sie nicht die Krankheiten aus dem Körper vertreibt, so nützt auch die Philosophie nichts, wenn sie nicht die Leidenschaft aus der Seele vertreibt.


Der Weise allein hat Überzeugungen, die nicht umgestossen werden können.


Wer einmal weise geworden ist, wird nie mehr in den entgegengesetzten Zustand geraten. Er wird sich auch nicht freiwillig anders gebenm als er ist.


Nur der Weise erkennt den Weisen.


Weise kann einer weder bei jeder beliebigen Körperverfassung noch in jedem beliebigen Volke werden.


Ursprung und Wurzel alles Guten ist die Lust des Bauches; denn auch das Weise und Subtile bezieht sich darauf zurück.


Ohne Lehrer rufen jene glatten und angenehmen Bewegungen des Fleisches selbst auch jenen zu sich, der das ablehnt und behauptet, durch sie nicht berührt und gepackt werden zu können.


Unerwartet einem grossen Übel entronnen zu sein, das ist es, was eine unüberbietbare Freude erzeugt. Und dies ist die Natur des Guten, wenn man richtig darauf achtet und dann dabei stehenbleibt und nicht sinnlos hin und her wandelt und über das Gute schwatzt.


Über nichts empfindet die Seele mehr Freude und Stille als über die gegenwärtigen und erwarteten Lustempfindungen des Körpers.


Der übermässige Schmerz verbindet uns mit dem Tode.


Durch die Liebe zur wahren Philosophie wird jede verwirrte und lästige Begierde aufgelöst.


Das Schmerzende auf Grund des Mangels hat viel mehr Milde als dasjenige auf Grund der Übersättigung, wenn man sich nicht selbst durch leere Meinungen betrügt.


Dank der glückseligen Natur, dass sie das Notwendige leicht erreichbar und das schwer Erreichbare nicht notwendig gemacht hat!


Wem das Seinige nicht ausreicht, der ist arm, und wenn er der Herr der ganzen Welt wäre.


Der grösste Reichtum von allem ist die Selbstgenügsamkeit.


Durch tierische Tätigkeit wird zwar eine Masse von Besitz angehäuft, dafür aber ein jammervolles Leben geführt.


Man muss nicht darüber nachdenken, wie man sich etwas Notwendiges beschaffen könne, sondern eher wie wir in Zuversicht leben können, ohne es uns zu beschaffen.


Unselig ist einer entweder durch Furcht oder durch unbegrenzte und leere Begierde. Wenn einer dies zügelt, so kann er sich die Einsicht in die Glückseligkeit verschaffen.


Mühsal ist nicht, diese Dinge zu entbehren, sondern vielmehr die Mühsal zu ertragen, die ohne Nutzen aus den leeren Meinungen erwächst.


Die niedrige Seele wird aufgeblasen durch die Glücksfälle und zugrunde gerichtet durch die Unglücksfälle.


Die Natur lehrt, die Gaben des Zufalls für unansehnlich zu halten und, wenn man Glück hat, zu erkennen, was das Unglückhaben ist, wenn man aber Unglück hat, nicht das Glückhaben hoch zu schätzen, ferner unverwirrt die Geschenke des Zufalls anzunehmen und sie zu vergleichen mit dem Übel, das man durch ihn zu erhalten glaubt; und dass all das Gut der Leute flüchtig ist und übel, die Weisheit dagegen niemals eine Gemeinschaft mit dem Zufall eingeht.


Wer am wenigsten des Morgen bedarf, der geht am heitersten dem Morgen entgegen.


Das Leben der Toren ist ohne dankbares Gedenken und voll Angst. Es ist ganz der Zukunft zugewandt.


Mühselig ist es, das Leben immer zu beginnen.


Die Torheit hat ausser den übrigen Übeln auch dieses: Sie beginnt immer zu leben.


Lächerlich ist es, zum Tode zu laufen aus Überdruss am Leben, da du ja durch die Art deines Lebens zum Tode laufen musst.


Derart ist die Unklugkeit, oder eher der Wahnsinn der Menschen, dass einige aus Angst vor dem Tode zum Tode gezwungen werden.


Was ist lächerlicher als den Tod zu suchen, nachdem du das Leben unruhig gemacht hast durch die Furcht vor dem Tode?


Man soll im Leben eben jene Regel beobachten, die bei den Symposien gilt: "Entweder trinken oder weggehen." Und dies ist richtig. Denn entweder soll man mit den andern zusammen die Freude des Trinkens geniessen oder, wenn man nicht nüchtern den Belästigungen durch die Betrunkenen ausgesetzt sein will, dann soll man vorher weggehen. So soll man auch die Unbilden des Zufalls, wenn man sie nicht tragen kann, durch Flucht vermeiden.


Grenze für das Leiden der Seele ist das Untergehen, Sichauflösen und Nichtmehrsein.


Die Tugenden wählt man wegen der Lust, nicht wegen ihrer selbst, so wie auch die Medizin wegen der Gesundheit.


Ich spucke auf das Edle und auf jene, die es in nichtiger Weise anstaunen, wenn es keine Lust erzeugt.


Die Tapferkeit besteht nicht von Natur, sondern durch Berechnung des Zuträglichen.


Die grösste Frucht der Gerechtigkeit ist die Beruhigtheit.


Die Verfehlungen sind ungleich.


Der Beginn des Heils ist die Erkenntnis des Fehlers.


Die Gemeinschaft der Menschen besteht nicht von Natur, sondern um des Zuträglichen und des Bedürfnisses willen.


Die Gesetze sind um der Weisen willen gegeben, nicht damit diese kein Unrecht tun, sondern damit sie nicht Unrecht leiden.


Man kann nicht ohne Furcht sein, wenn man furchterregend aussieht.


Die Freundschaft entsteht durch das Bedürfnis. Man muss sie allerdings vorbereiten, so wie wir zunächst auch auf dem Acker säen. Zusammengehalten wird sie durch die Gemeinschaft, die von der grössten Lust erfüllt ist.


Die Freundschaft kann von der Lust nicht abgetrennt werden und muss um dieser willen gepflegt werden; denn wenn man ohne Freundschaft nicht sicher und ohne Furcht leben kann, so kann man ohne sie auch nicht lustvoll leben.


Man muss eher prüfen, mit wem man isst und trinkt, als was man isst und trinkt. Denn ohne einen Freund ist das Leben wie das Fressen von Löwe und Wolf.


Glück und Seligkeit liegen nicht in einer Menge Geldes oder in der Gewichtigkeit der Geschäfte oder in Regierungsämtern und Macht, sondern in Schmerzlosigkeit, Ruhe der Leidenschaften und einer Seelenverfassung, die das Naturgemässe umgrenzt.


Lebe im Verborgenen!


Die politische Tätigkeit soll man fliehen als eine Schädigung und den Ruin der Seligkeit.


Der Weise wird bestimmte Lehren vortragen und nicht bei Aporien bleiben.


Der Weise wird Bücher schreiben.


Der Weise wird eine Schule einrichten, aber nicht um das Volk anzuziehen; er wird auch öffentliche Voträge halten, aber nicht aus eigenem Antriebe.


Der Weise wird für seinen Besitz und für die Zukunft vorsorgen.


Der Weise wird soweit auf guten Ruf bedacht sein, um nicht verachtet zu werden.


Der Weise wird nicht Liebe empfinden.


Der Weise wird sich nicht um sein Begräbnis kümmern.


Der Weise wird alles um seiner selbst willen tun.


Der Weise wird angetanes Unrecht aushalten können.


Der Weise wird unter Umständen auch für den Freund sterben.


Der Weise wird an wissenschaftlicher Betrachtung mehr Freude haben als die anderen.


Der Weise wird nicht seine Diener züchtigen, sondern Mitleid haben und den Tüchtigen Verzeihung gewähren.


Der Weise wird glückselig sein, auch wenn er gefoltert wird. Allerdings wird er dann auch stöhnen und jammern.


Nicht selten kommt es vor, dass der Weise bei Krankheit lacht über das Übermass der körperlichen Schmerzen.


Wenn der Weise im Stiere der Phalaris gebraten wird, wird er ausrufen: "Es ist lustvoll und geht mich nichts an."


Wenn man Brot und Wasser hat, dann darf man sogar mit Zeus an Glückseligkeit wetteifern.


Der Weise hat immer mehr Dinge, die er will, als solche, die er nicht will.