1797 Augustin Fangé Buch "Geschichte des männlichen Barts unter allen Völkern der Erde bis auf die neueste Zeit (Für Freunde der Sitten und Völkerkunde)"/Viertes Kapitel

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I. Ueber die verschiedenen Arten den Bart zu tragen, bey den Alten und Neuern.
II. Bart der Hebräer und Aegyptier.
III. --- der Griechen.
IV. --- der Römer und Etrusker
V. --- der alten Gallier und Franken.
VI. --- der Gothen und Lombarden.
VII. --- der Franzosen.
VIII. --- der Engländer.
IX. --- der Orientaler und Türken.
X. --- der Chineser, Tartaren, der Amerikaner, Indianer.

I. Bart der Alten

Nichts ist fast in allen Jahrhunderten verschiedener gewesen, als die Art, den Bart zu tragen, und ihn zu scheren. Diese Verschiedenheit entspringt aus der Idee, die sich die alten Völker von dem Barte selbst machten. Er war Jahrhunderte hindurch der Typus und das Zeichen der Weisheit. In den ersten Zeiten erweckte ein langer Bart fast bey allen Nationen den Gedanken von Respekt, von Majestät und Weisheit; * daher diese fast allgemeine Verehrung, die man für den Bart hatte; so dass man es als einen grossen Fehler ansah, dieser Zierde zu entbehren. Wie ist es also möglich gewesen, wird man sagen, dass der Gebrauch eines langen Barts, der von Alters her so allgemein angenommen und in Ehren gehalten worden, und das selbst in unserm Europa, so ganz aufgehört hat, dass man kaum noch eine Spur davon sieht? Wie konnte der Eindruck von Ehrfurcht und Majestät, den ein langer Bart noch in dem Geist von allem, was es jetzt von kultivirten Nationen auf der Erde gibt, hervor bringt, und den er auf das ganze Griechische und Römische Alterthum hervorgebracht hat, das Zeuge der langen Bärte der Philosophen war, wie konnte dieser Eindruck so ganz verschwinden? Könnte man hierauf nicht antworten, es sey mit der Sitte eines grossen Barts, wie mit allen Moden und so viel andern, sonst allgemein verbreiteten Gewohnheiten von welcher jetzt nur einige leichte Spuren in einigen kleinen Winkeln Europens übrig sind? Diese Gewohnheiten, diese Moden, diese Gebräuche, Gegenstände des eigensinnigen Geschmacks der Menschen haben nicht auf einmahl, sondern nur unmerklich und stufenweis abgenommen. Einige Privatpersonen, die vielleicht durch einen langen Bart sich beschwert fühlten, gerathen auf den Einfall, ihn zu unterdrücken; und da eine Unternehmung der Art sie bey ihren Zeitgenossen mit schelen Augen ansehen machte, so werden sie sich auf Deklamationen gegen den eingeführten Gebrauch gefasst gemacht haben, um diese Sonderbarkeit zu rechtfertigen. Sie werden sich sogleich einige Partheygänger verschafft haben, die ihrem Beyspeil gefolgt seyn mögen, und sie werden so den Sturz der langen Bärte nach und nach an sich gezogen haben.

* Sonderbar, dass man, nachdem man tausendfältige Erfahrungen vom Gegentheil gemacht hat, einen grossen Bart noch immer nicht ohne grossen Verstand denken kann. Die Welt bleibt sich doch immer gleich!

Vielleicht ist es auch die Begierde, sich durch Sonderbarkeiten um jeden Preis auszuzeichnen, der man die Verschiedenheit zuschreiben muss, die man in der Art, den Bart zu tragen bemerkt. Denn da die Natur den grössten Theil der Menschen in vielen Dingen leitet, so würde man sich oft von dem grossen Haufen nicht zu unterscheiden wissen, als indem man sich von ihr entfernt. So wollte 1536 das Parlament zu Paris Franz Olivier in seiner Eigenschaft als Supplikenmeister nur unter der Bedingung annehmen, dass er sich seinen langen Bart abschneiden liesse, um die Magistratspersonen von den Hofleuten zu unterscheiden, die damals lange Bärte trugen. In der That musste es, wenn es aus diesem Grunde geschah, sehr spasshaft seyn, die galante und kriegerische junge Welt an dem Hofe Franz des Ersten mit dem längsten Bart einhergehen zu sehen, während die Herren der Grossen Kammer, wie seitdem die Lieblinge Heinrichs des Dritten, rasirt waren. Was aber auch in der Folge der Grund der Veränderung seyn mochte, welche das Tragen langer Bärte aus der Mode brachte; wir beschäftigen uns jetzt mit der Auflösung dieser Aufgabe nicht und gehen unserm Zweck gemäss zu der Untersuchung über, welches die Art gewesen seyn mag, wie die alten Völker, deren Sitten und Gebräuche uns die Geschichte aufbewahrt hat, den Bart getragen haben. Wir fangen bey den Hebräern oder den Juden an.

II. Bart der Hebräer und Aegyptier

Die Hebräer trugen einen Bart am Kinn, aber keinen Bart über der Oberlippe und keinen Backenbart. Moses verbot ihnen, ihren Bart am Kinn oder an der Spitze dieser Haare abzuschneiden. "Ihr sollt euer Haar am Haupt nicht rund umher abschneiden, noch euren Bart gar abscheren." (Levit. XIX. 27) Das heisst, sie sollten es nicht nach Art der Aegyptier machen, die nur einen Büschel von Bart an der äussersten Spitze des Kinns stehen liessen; anstatt dass die Juden, auch jetzt noch, einen ganzen Zwickelbart tragen, der hinter dem Ohr anfängt und bis an das Kinn reicht, wo sie einen sehr langen Bartbüschel, so wie unter der Unterlippe haben.

Die Leviten reinigten sich am Tage, wo sie opferten, durch das Bad; sie reinigten ihren Körper und ihre Kleidungen; dann schnitten sie alle Haare am ganzen Körper ab, und brachten so ihre Söhnopfer dar. "Also sollst du aber mit ihnen thun, dass du sie reinigst. Du sollst Sündwasser auf sie sprengen; und sollen alle ihre Haare rein abscheren, und ihre Kleider waschen; so sind sie rein." (Num. VIII. 7)

War ein Aussätziger von dem Aussatz geheilt, so badete er sich, liess sich alle Haare am ganzen Körper abscheren; dann kehrte er auf das Land, oder in die Stadt zurück, und sieben Tage darauf badete er sich von neuem, wusch seine Kleider, rasirte sich am ganzen Körper und brachte die für die Reinigung verordneten Opfer dar. "Und am siebenden Tage soll er alle seine Haare abscheren, auf dem Haupt, am Barte, an den Augenbraunen, dass alle Haare abgeschoren seyn; und soll seine Kleider waschen, und sein Fleisch im Wasser baden; so ist er rein." (Levit. XIV. 9)

Es scheint nicht, als hätten die Israeliten in den ältesten Zeiten den Gebrauch eines Schermessers, um damit die Bart- und Haupthaare abzunehmen, gekannt. Sie brauchten dasselbe Wort und dasselbe Instrument, um auszudrücken, "sich den Bart" und "die Schafe scheren". Aber die Hebräer brauchten das Wort "Messer" oder "Degen", um im Allgemeinen ein beschneidendes Instrument zu bezeichnen. Die Schrift bedient sich um das Scheren des Kopfs auszudrücken, das während der Trauerzeit Statt fand, desselben Ausdrucks, dessen sie sich zur Bezeichnung der Schafschur bedient. (Hiob I. 20; Jerem. VII. 29) Bey den Hebräern, diente dasselbe Instrument, womit man sich den Bart abnahm, auch zur Abnehmung der Haupthaare und zur Schafschur; und diess gibt nicht undeutlich zu erkennen, dass dieses Instrument eine Schere gewesen seyn mag.

Was die alten Aegyptier betrifft, so lehrt uns die Stelle des neunzehnten Kapitels im Levit., die wie weiter oben angeführt haben, dass sie keinen völligen Bart trugen, sondern dass sie nur einen Bartbüschel an der äussersten Spitze des Kinns stehen liessen. Man sieht auch noch jetzt an den Mumien und an den Figuren der Aegyptischen Gottheiten, die uns noch übrig sind, Beyspiele dieses Gebrauchs. Die Männer und Götter hatten ganz geschorne Schläfe, Backen und Lippen; nur am Kinn hatten sie noch Bart, welcher bis an die Brust herab steigt. Diesen Bartbüschel schnitten die Aegyptier, wenn sie trauerten, ab; und diese Art des Bartscherens verbietet Moses den Israeliten auch.

Es ist sehr glaubhaft, dass die Canaaniter und die übrigen Völker in Palästina und in den angrenzenden Provinzen dieselbe Sitte den Bart zu tragen, mit den Hebräern gemein hatten. Hanon, der König der Ammoniter, wollte den Gesandten des Königs David einen Schimpf anthun, und liess ihnen die Hälfte des Barts und die Hälfte ihrer Kleider abschneiden. David erklärte diesem Prinzen, um sich wegen dieser Beleidigung zu rächen, den Krieg. "Da nahm Hanon die Knechte David, und beschur ihnen den Bart halb ab bis an den Gürtel und liess sie gehen. Da das David hörte, sandte er Joab ab mit dem ganzen Heer der Kriegsleute." (II. Samuel X. 4.7) Im Jesaias und Jeremias heisst es, die Moabiter hätten sich in der Trauer gewöhnlich die Haare des Kopfs und den Bart abgeschnitten. Die Babylonier hatten nach Jesaias Zeugniss dieselbe Sitte bey sich eingeführt. Strabo sagt diess auch von den Assyriern. Diese Völker trugen also lange Bärte. Jesaias wollte die Uebel bezeichnen, womit der Herr die Moabiter schlagen wollte, und ausser ihnen noch viele andere Völker, die in demselben Fluch, der über jene ausgesprochen war, begriffen waren, und er sagte, ihr ganzer Kopf würde kahl werden, und sie würden ihren Bart scheren müssen. Ein unwidersprechlicher Beweis, dass alle diese Nationen ihren Bart wachsen liessen.

III. Bart der Griechen

Die Sitte, sich den Bart wachsen zu lassen, fand bey den Griechen nicht weniger, als bey den Völkern, von denen wir eben gesprochen haben, Statt. Sokrates Bart war so berühmt, dass ihn Perseus einen bärtigen Pädagogen nennt; und Anakreon thut uns kund, dass er schön und gut gehalten war. Plutarch spricht von einem gewissen Archibiades, der einen Bart von ungeheurer Grösse sich wachsen liess. Derselbe Schriftsteller erzählt das Bonmot eines Lacedämoniers, den man fragte, warum er einen so grossen Bart trüg? "Das thue ich deswegen, sprach er, um mich, wenn ich diesen weissen Bart sehe, vor jeder Handlung zu verwahren, die seiner wunwürdig wäre." Ein anderer war gefragt worden, warum die Lacedämonier so viel Sorgfalt auf ihr Kopfhaar verwendeten? und er antwortete: "es ist die schönste Zierde, die der Mann vorzugsweis sich verschaffen und durch die er sich ohne viel Unkosten auszeichnen kann." Diess alles muss man jedoch von dem Bart am Kinn verstehn; denn die Ephoren gaben, wie Plutarch hinzusetzt, jedes Jahr beym Antritt ihres Amts den Befehl, dass sich jedermann an der Oberlippe rasiren lassen sollte. "Die Ephoren lassen es den Bürgern durch den Präco kund thun, wenn sie ihr Amt antreten, sie möchten sich über der Oberlippe scheren lassen, möchten den Gesetzen nachkommen, um sich keine Unannehmlichkeiten zuzuziehn." Diess dient zum Beweis, dass der übrige Teil des Kinns behaart war. Ein alter komischer Dichter, der sich über einen Lacedämonier lustig machen wollte, der einen sehr langen Bart hatte, sagte: er wäre "ganz Bart". Diese Gewohnheit, sich die Oberlippe rasiren zu lassen, erhielt sich zu Lacedämon so lange, bis sie sich, als Luxus und Weichlichkeit bey diesen strengen Republikanern eingerissen waren, nicht nur das ganze Kinn, sondern auch alle Theile des Körpers rasirten, und die Sucht zu prunken nach dem Beyspiel anderer Völker sich ihrer bemächtigte.

Athenäus bemerkt, man habe nur erst zu Alexander des Grossen Zeiten in Griechenland angefangen, sich den Bart zu scheren, und es sey der erste, der sich zu Athen habe rasiren lassen, Korses, welches einen "Geschornen" bedeutet, genannt worden. Gleichwohl hat es den Schein, als wenn Athenäus, oder vielmehr Chrisippus, von welchen Athenäus das, was er in seinem XIII. Buch von den Diphnosophisten sagt; dass Chrisippus, sage ich nur von dem Volke und einer allgemeinen Sitte, oder einer blos Athen zukommenden Sitte spreche; denn nicht nur Alexander, sondern Philippus, sein Vater, Amynthas und Archelaus, Könige von Macedonien sind lange vor ihm auf ihren Medaillen ohne Bart vorgestellt worden.

Wie dem auch sey: so viel ist gewiss, dass alle Soldaten welche Alexanders Feldzug gegen die Perser mitmachten, Macedonier und andere, Bärte trugen; bis dieser Eroberer vor der Schlacht bey Arbela allen seinen Truppen den Befehl gab, sich den Bart und die Haupthaare abzuscheren, um sich den Feinden nicht verdächtig zu machen, die sie dadurch hätten gefangen bekommen und sie niedermachen können, zumahl in einer Schlacht, wo beyde Theile sich einander so nahe waren.

Man kann daher versichern, dass man unter den Griechen den Gebrauch, sich die Haare am Bart abzuschneiden, in die Zeiten Alexanders des Grossen zu setzen hat, das heisst: dass man damals anfing, den Bart bloss zu verschneiden, und ihn nun nicht mehr so lang trug. Denn man darf nicht glauben, dass man auf einmahl so weit gegangen sey, sich ihn ganz glatt abzuschneiden, wie man diess jetzt zu thun pflegt; diess kann man aus folgenden Worten von Dio Chrysostomus schliessen: "Das Bartscheren ward zuerst erfunden, um, wie es scheint, zu verhindern, dass er nicht zu lang herab hängen möchte, und um die Natur nur ein wenig, nicht zu gewaltsam zu verbessern, was man für gewagt hielt. In der Folge rasirte man sich bis an die Wangen." (Dio Chrysost. in orat. prim. Farsic. 32) Hieraus sieht man, dass man sich damals begnügte, die Bärte nur nicht zu lang zu tragen, und diess ist vielleicht der Sinn, welchen man der weiter oben angeführten Stelle von Athenäus unterlegen muss.

Was die Neugriechen betrifft, so hat sich bey ihnen die Sitte, lange Bärte zu tragen, schon einige Jahrhunderte erhalten. Die jungen Leute unter dreyssig Jahren rasiren den Bart am Kinn, und unterhalten einen Knebelbart. Griechische Schriftsteller aus dem Mittelalter thun oft Erwähnung von diesem Gebrauch. Man kann deshalb Nicolas Choniates im Leben von Manuel Commenes zu Rath ziehn. Deshalb klagt Nicephorus den Marquis Theodorus, den Sohn des Kaisers Andronikus des Aeltern an, als habe er niedriger Weise die Gebräuche seiner Nation verlassen; weil er sich nämlich den Bart, wie die Lateiner, die damals sich den Bart abnahmen, scheren liess, was, wie er sagt, bey den Griechen für eine Schande galt, und nur bey Verbrechern Statt fand, den man zur Bestrafung ihrer Verbrechen den Bart abschnitt. Es ist oft bey Mathias Blastares von dieser Strafe die Rede: "mit Schlägen gezüchtigt und mit abgenommenem Bart soll er ins Exil gejagt werden." Dieser Gebrauch war nicht neu. Theophanes erzählt im Leben des Kaisers Zenon, der Patriarch Euthymius habe Anastasius, der darauf Kaiser ward, bedroht, er wollte ihn zur Strafe für seine Insolenz den Kopf scheren, wollte ihn in diesem Aufzug durch die ganze Stadt führen lassen, wollte ihn dem Spott des Pöbels preis geben, wenn er nicht in sich selbst kehrte. "Damit er abstehen sollte, drohte er ihm alle seine Haupthaare abscheren zu lassen und ihn im schimpflichen Triumph in der Stadt aufführend, den Pöbelinsultierungen preis zu geben."

Die Marmoniter-Christen vom Berg Libanus lassen ihre Bärte wachsen und scheren ihre Köpfe. Man sehe Dandini in seiner Beschreibung des Bergs Libanus.

VI. Bart der Römer und Etrusker

Die ersten Römer trugen nach Plinius Zeugnis (Buch VII. Kap. 59) einen langen Bart, und kannten bis zu 454 nach Roms Erbauung keine Barbiere. Derselbe Schriftsteller führt Varro als Gewährsmann an, welcher versichert, ein gewisser Publius Ticinus Mänas habe deren aus Sicilien aus Rom gebracht. Seit der Zeit gewann die Sitte in Rom festen Fuss, sich, wenigstens das ganze Gesicht bis ans Kinn rasiren zu lassen. Es ist gewiss, dass in der Folge die Gewohnheit, sich den Bart wachsen zu lassen, unter den Rämern ganz abkam, und dass man sich ihn nur noch zur Trauer, oder eines wichtigen Unglücksfalls wachsen liess. Ein langer Bart, nachlässig herabhängendes Haar, ein schmutziges und braufarbiges Aeussere, waren bey dem Römischen Bürger das gewöhnliche Zeichen der Trauer. Liv. Röm. Geschicht. Buch 27, Kap. 34 erzählt, der Konsul Markus Livius, der, weil man mit ihm, wegen seiner Amtsführung unzufrieden war, aus Rom verbannt wurde, habe seinen Bart wachsen lassen; aber er habe sich ihn, so bald er wieder nach Rom zurück berufen worden war, wieder abnehmen lassen. Die Köpfe in Marmor und in Basalt, die Scipio, den Afrikaner im männlichen oder auch im Greisenalter darstellen, sind alle geschoren, ohne dass sich eine Spur von Bart zeigt.

Auch bey den alten Etruskern war es, wie bey den ersten Römern Sitte, sich den Bart, ohne ihn abzuscheren, wachsen zu lassen. Diess lehrt uns Livius Buch V, Kap. 41 seiner Römischen Geschichte; und wenn man einige Etruscische Statüen ohne Bart sieht, so muss man sie in die spätern Zeiten setzen.

Dass es sich die Römer in den ersten Jahrhunderten ihrer Republik zur Ehre angerechnet haben, ihren Bart mit aller Sorgfalt zu erhalten, davon haben wir einen unbeschreitbaren Beweis in den alten Statüen, der ganz der Bemerkung Varros im elften Kapitel des zweyten Buchs seines Werks über Gegenstände der Landwirtschaft entspricht: "dass man ehemals keine Barbiere gehabt hat, bezeugen die Statüen unsrer alten Vorfahren, denn die meisten tragen Haare und haben einen langen Bart." Titus Livius macht im fünften Buch seiner Geschichte dieselbe Bemerkung, wenn er von jenen verehrungswürdigen Greisen spricht, die sich zur Rettung ihres Vaterlandes der Wuth der Gallier überlieferten, als sich diese Barbaren 363 Meister von Rom machten. Es ist bekannt, dass sich diese Senatoren, an der Anzahl achzig, zu sterben entschlossen hatten, um nicht den Ruin ihres Vaterlandes zu überleben; und mit den Abzeichen ihrer Würde bekleidet, statt aller Waffen mit Elfenbein ausgelegte Stöcke tragend, deren sie sich zum Kommandiren bedienten, liessen sie sich an den öffentlichen Versammlungsort bringen, nahmen die curulischen Sitze ein, und erwarteten den Tod mit dem gefassten Muth, welcher der Römischen Hoheit und Standhaftigkeit würdig war. Die Gallier, durch dieses Schauspiel betroffen, standen lang ehrfurchtsvoll vor diesen stummen Bildnissen, und fürchteten sich, ihnen zu nahen. Aber einer unter ihnen ging auf Markus Papirius zu, und griff ihm leis an den Bart. Diese Staatsperson trug ihn nach damaliger Sitte, "vermöge welcher er bey jedem lang herab hieng", sehr lang, wie uns der Geschichtsschreiber sagt. Papirius, über diese Beschimpfung aufgebracht, schlug den Gallier heftig, mit dem Stock, den er in der Hand hielt, und verwundete ihm den Kopf.

Gleichwohl scheint es, man habe sich nicht ganz und bis auf die Haut rasirt; man begnügte sich wahrscheinlich, den Bart bis in das vierzigste Jahr oder doch um diese Zeit, nur obenhin zu beschneiden. Aulus Gellius lehrt uns, dass man Scipio dem Afrikaner einen Verweis gab, weil er, da er vor Gericht gefordert war, und vor dem Tribunal des Volkstribuns Claudius Acellius erscheinen musste, nicht azfgehört hatte, sich den Bart scheren zu lassen. Derselbe Schriftsteller fährt fort: er wundere sich darüber, dass man Scipio ein Verbrechen daraus gemacht habe, da er damals noch nicht vierzig Jahr alt gewesen sey, und man sich vor dieser Lebensperiode den Bart nicht glatt habe scheren lassen. "Da es bekannt ist, dass der jüngere Scipio damals unter vierzig gewesen ist, so wunderte ich mich, wie man von einem rasirten Bart bey ihm sprechen konnte. Ich habe aber erfahren, dass auch die andern angesehenen Männer der damaligen Zeit den Bart in diesem Lebensalter haben abnehmen lassen. Daher finden wir auch den Bart an den meisten Werken der bildenden Kunst, die ältere Römer darstellen, welche noch nicht ein höheres Alter erreicht hatten, sondern noch in ihren besten Jahren waren, so vorgestellt." (Man s. Aul. Gellius Attische Nächte Buch III)

Derselbe Scipio Africanus brachte zuerst die Mode auf, sich alle Tage rasiren zu lassen. Diese Mode ward zu Rom und im ganzen Römischen Reiche ohne Ausnahme befolgt. Adrian war der erste unter den Kaisern, der sich den Bart wachsen liess; aber man ahmte ihm nicht nach. (Siehe Dio Chrysost.; ferner die Cäsarn des Kaisers Julians) Auch die Medaillen dieses Fürsten bezeugen diess. Spartian schreibt die Ursache dieser neuen Mode, die Adrian einführte, Flecken oder natürlichen Warzen zu, die er im Gesicht hatte, und die er durch diesen grossen Bart habe verbergen wollen, wie man ihn auf einer seiner Griechischen Medaillen sieht, die Spannheim in seine Bemerkungen über die Càsarn des Kaisers Julians gebracht hat, und welche auf der einen Seite Adrian mit einem Bart, auf der andern seinen jungen Günstling, den Helden Antinous darstellt.

Die Nachfolger Hadrians liessen sich nach seinem Beyspiel mit langen Bärten abbilden. Mark Aurel z. B. ist auf seinen Medaillen mit einem ziemlich langen Bart dargestellt. Man muss jedoch von den Nachfolgern Hadrians diejenigen Kaiser ausnehmen, die der Weichlichkeit ergeben waren, und den Stolz und die Sitten der Syrier nachahmen wollten, welche lange Bärte verachtetetn und verabscheuten. Unter diese gehören Lucius Verus und Caracalla. Dieser letztere liess sich nach Dio Kassius Zeugniss den Bart ganz glatt abscheren, wie man es zu Antiochien that. "Zu Antiochien ergab er sich der Ueppigkeit so sehr, dass er auch seinen Bart beschnitt." Heliogabal that dasselbe. "Ebendas." Der Kaiser Makrin hingegenaffektirte ein strenges Aeussere, wollte für einen zweyten Mark Aurel gelten, trug einen langen Bart selbst unter den Augion der Antiochier. (Spartian)

Der Kaiser Julian affektirte als seynwollender Philosoph, nicht nur einen grossen Bart zu tragen, sondern er erwarb sich sogar von den Hofleuten des Kaisers Constanz den Beynamen Capella, oder Ziege, wie Ammian meldet. Julian war hierauf zur Herrschaft gelangt, und verfertigte eine witzige Satyre unter dem Titel: Misopogon oder der Bartfeind, um seinem langen Bart eine Apologie zu halten, und sich an den Antiochiern zu rächen, die ihn deshalb sehr zum Besten gehabt hatten.

Diese Affektation von Julian, einen Bart zu tragen, war jedoch nicht fähig, ihn allgemein in Aufnahme zu bringen. Nur erst dann, als das Kaiserthum in Konstantinopel schon errichtet war, ward der Bart als eine nothwendige Zierde angesehen. Diess aber war zu Justinians Zeiten, der sich immer rasiren liess, noch nicht begründet. Seit diesem Zeitpunkt behielt bey den Griechen und übrigen Morgenländern die Sitte, einen langen Bart zu tragen, die Oberhand, sie unterhielten ihn nach Wilhelm von Tyrus Bericht mit aller Sorgfalt, und dieser Schriftsteller sagt, sie hätten es als den grössten Schimpf angesehen, wenn es sich jemand hätte einfallen lassen, ihnen nur ein einziges Haar auszureissen. "Sie nährten ihr Barthaar mit aller Sorgfalt, hielten es für den grössten Schimpf und für die empfindlichste Schande, mit der man sie brandmarken konnte, wenn man ihnen auch ein Haar, sey es durch welchen Zufall es wolle, von ihrem Bart nahm."

Der Kaiser Heraklius war der erste, welcher die grossen Bärte wieder aufleben liess, wie man diess aus seinen Medaillen sieht, die ihn mit einem sehr grossen Bart darstellen; seit dieser Zeit haben ihn alle Griechischen Kaiser getragen. Es hat nach diesem Fürsten Kaiser zu Konstantinopel gegeben, denen ihr grosser Bart den Beynamen "Pogonatus", das heisst der "Bärtige", verschafft hat. Man kann deshalb die Medaillen der Kaiser Konstanz und Konstantin Pogonat, beyde Prinzen aus der Familie des Kaiser Heraklius sehen. Die des ersten vorzüglich ist wegen seines grossen Barts merkwürdig. (Man sehe Spannheims Cäsarn des Kaiser Julians) Denselben Beynamen des Bärtigen kann man auf die alten Könige der Perser anwenden, die ihre Medaillen uns noch mit grossen Bärten darstellen.

Ich will im Vorbeygehen bemerken, dass sich die Alten, um einen langen Bart auszudrücken, eines Griechischen Worts bedienten, welches "Tiefe des Barts" sagt. Ein alter komischer Griechischer Dichter sagt: "Pogonos Bate (πωγωνος βαϑη) die Tiefe des Barts." (Ephipp. im Schiffbr.) Lucian, der von dem Bart eines Philosophen spricht, nennt ihn "einen tiefen Bart", und da, wo er von dem Gott Pan redet, nennt er ihn mit einem einzigen Wort: "Tiefbart". Eben so im Bacchus. Julian bedient sich desselben Ausdrucks, indem er von seinem Bart in seinem Bartfeinde spricht.

V. Bart der Gothen, der Lombarden u. s. f.

Die Gothen und andere Barbaren, die sich gegen das fünfte Jahrhundert eines grossen Theils von Italien bemächtigten, führten daselbst auch die Barbarey ihrer Gebräuche und Sitten ein. Es ist gewiss, dass die Lombarden einen langen Bart trugen. Paul Warnefriedi glaubt - in seiner Geschichte Buch IV. Kap. 75 - dass sie von diesem Gebrauch den Namen Lombarden erhalten haben. Ich will hier nicht untersuchen, ob diese Etymologie des Namens "Lombarden" die richtige ist. Genug, ich weiss, dass diese Völker einen langen Bart sich wachsen liessen. Wir haben ein Gesetz von Rotharit, dem König der Lombarden, das denjenigen verurtheilte, der einem freyen Mann in einem Streit bey dem Bart oder den Haaren herumzieht. Derselbe Paul Warnefriedi bezeugt, dass der König Grimoald einen langen dicken Bart trug. An einem andern Ort sagt er, der König Aribert, der Rotharit, welcher sich gegen ihn empört hatte, in seine Gewalt bekam, habe ihm den Bart und die Haupthaare abscheren lassen, und ihn nach Turin ins Exil geschickt.

Diese Völker waren überzeugt es verrathe ein Gefühl für Anstand und flösse eine Empfindung von Ehrfurcht ein, wenn man einen langen Bart trüge, ein solcher Aufzug flösse dem Feind Schrecken ein; wie man diese Denkart noch heut zu Tage bey denen bemerkt, die sich einen Knebelbart wachsen lassen, um dadurch zu schrecken und ein martialisches Ansehen zu erhalten. Theodorich, der König der Ostgothen in Italien hatte einen langen Bart, und die Lombarden trugen ihn bis zum neunten Jahrhundert fort, wo Carlmann, der Grimoald das Fürstenthum Benevent unter dem Titel eines Benefiz abtrat, es zur Bedingung machte, dass die Lombarden zur Abnahme ihres Barts am Kinn verpflichtet würden. Der Befehl hatte den Sinn, sie sollten sich darin den Römern gleich stellen, das heisst, sie sollten sich entweder ganz scheren, oder wenigstens einen kurzen Bart tragen. Denn es ist die Entscheidung nicht so ganz leicht, ob man ihnen dadurch die Verbindlichkeit aufgelegt habe, sich ganz glatt scheren zu lassen, da man weiss, dass die Bewohner von Ravenna, der Nachbaren und Bundesgenossen der Römer, sich nicht ganz scheren liessen. Agnelli in seinem Leben Damiens, Bischofs von Ravenna sagt, alle Edeln und Bürger haben sich sehr betrübt darüber bezeugt, dass sie ihren Bart abnehmen müssen, indem er sehr schmutzig war. Donizon sagt in seinem Leben der Gräfin Mathilde, Bonifaz, Marquis von Toskana, der Gemahl dieser Gräfin habe gewisse Bourguignoner, gegen die er aufgebracht gewesen sey, mit der Erschütterung ihrer Bartfestungen bedroht.

Carlmann selbst ist auf alten Mosaiken, die man zu Rom sieht, mit einem sehr kurzen Bart und sehr hohen Knebelbart vorgestellt. Vielleicht wollte sich dieser Fürst dadurch aus Gefälligkeit gegen den Papst Adrian, den Grossen zu Rom gleich stellen. In der That lehrt uns Eginhard im Leben Karls des Grossen, dieser Kaiser habe sich während seines Aufenthalts in dieser Stadt in Hinsicht seiner Garderobe und seiner Equipage den Sitten des Römischen Adels bequemt. Es ist daher eine sehr übel angebrachte Verbesserung, wenn man Karlmann mit einem grossen Bart vorstellt, der ihm bis auf den Gürtel herabsteigt; denn es ist gewiss, dass dieser Fürst auf seinen Insigeln und Diplomen immer mit einem sehr kurzen Bart, und am häufigsten ganz ohne Bart vorgestellt wird.

Bart der Italiäner

Ohne Zweifel erhielten die Venetianer die Sitte, lange Bärte zu tragen, durch ihre Nachbarschaft mit den Griechen und durch den Handelsverkehr, worin sie mit ihnen standen. Man liest in dem Leben Petrus Urseolus, des Doge von Venedig im zehnten Jahrhundert, der seiner Würde entsagte, um Mönch zu werden: er habe, da er sich auf seiner Flucht mit dem Abbé Guarini beynahe von denjenigen, die ihm nachgesetzt seyn, um ihn wieder nach Venedig zurück zu bringen, erreicht gesehen habe, den Abbé gebeten, ihm den Bart abzunehmen, und ihm ein Mönchskleid anzulegen. Auf diese Art entging er denjenigen, die ihm nachsetzten.

Petrus Damien bezeugt, dass die Layen noch im elften Jahrhundert Bärte getragen haben; anstatt dass sich die Mönche rasiren liessen. Dieser Prälat, der von der Geistlichkeit seiner Zeit spricht, sagt, sie habe sich vom weltlichen Stande dadurch unterschieden, dass sie sich den Bart habe abscheren lassen; aber sie habe ihn durch ihre Sitten nachgeahmt. Wir lesen in dem Leben Gregorius des Siebenden, das der Cardinal von Arragon geschrieben hat und das im dritten Theil der Sammlung Italiänischer Geschichten von Muratori steht, dieser Papst habe sechzig Hospitalverwalter des heiligen Petrus, welche sich Priester-Cardinäle nennen liessen, nur beweibte oder sich Beyschläferinnen sich haltende Layen gewesen seyn, und sich den Bart haben scheren lassen, um der Welt die Meynung beyzubringen, dass sie Priester seyen. Dithmar gibt uns noch ein Beyspiel dieses Gebrauchs. Dieser Schriftsteller schreibt die Krönung Kaiser Heinrichs des Heiligen, und sagt, zwölf Senatoren seyen diesem Regenten bey seinem Einzug in Rom 1014 entgegen gegangen, wovon die eine Hälfte mit abgenommenem Bart, die andere mit langen Bärten gegangen sey.

In der Folge wurden die Italiäner dieser Sitte, lange Bärte zu tragen, für einige zeitlang untreu; welches bis gegen die Mitte des vierzehnten Jahrhunderts dauerte, wo sie ihren Bart wieder wachsen liessen. Ein gleichzeitiger Schriftsteller, welcher die Italiänische Geschichte schrieb, die Muratori in seinem dritten Bande seiner Italiänischen Antiquitäten der Welt mitgetheilt hat, lehrt uns, es habe sich zu seiner Zeit bey seinen Mitbürgern eine sonderbare Veränderung in der Art sich zu kleiden und ihrem ganzen übrigen Aeusseren ereignet. Von dieser Zeit, sagt dieser Schriftsteller, trug man einen glatten Bart, und wenn damahls jemand im Publikum erschien, der einen langen Bart trug, so betrachtete man ihn als einen Menschen von schlchten Sitten, wenn er nicht etwa Spanier oder Einsiedler war. Jetzt scheute man sich nicht, sich mit einem langen und dick aufgeschossnen Bart nach Art der Einsiedler zu zeigen, so dass man sich zu entehren glaubte, wenn man keinen langen Bart trug.

VI. Bart der Gallier, der Franken, der Germanen

Alle Gelehrten kommen darin überein, dass die alten Gallier, Germanen und Franken einen Bart trugen. Diodor von Sicilien versichert, einige Gallier hätten sich den Bart scheren lassen, andere hätten ihn mässig lang getragen. Die Edeln unter ihnen rasirten sich an den Backen, und hatten gleichwohl einen Knebelbart, der ihnen den ganzen Mund bedeckte. Dieser Schriftsteller sagt noch überdiess, es sey ihnen oft begegnet, dass sich bey dem Essen ihre Speise mit ihrem Knebelbart verschlungen, und dass ihnen dieser beym Trinken als Wassersieb gedeint habe, um ihr Getränk durchzuseihen. "Einige scheren sich den Bart, andere lassen ihn mässig wachsen; die Edeln unter ihnen glätten sich zwar durch Wegnahme der Haare die Wangen, aber an den Oberlippen lassen sie selbige so lang wachsen, dass sie den ganzen Mund bedecken; wenn sie trinken, fliesst das Getränk durch die Haare wie durch ein Sieb." (Diodor von Sicil. Buch V, Kap. 20) Julius Cäsar bezeugt, die alten Britannier haben ihre Kopfhaare wachsen lassen, und sie haben einen Knebelbart getragen. "Sie haben sehr lang herabhängendes Haar, scheren sich an dem ganzen übrigen Körper völlig glatt, ausser am Kopf und der Oberlippe." (S. Julius Cäsars Gallisch. Krieg Buch V) Sidonius von Apollonien versichert von den Franken dasselbe, im fünften Gedicht, und braucht von diesen Knebelbärten das Beywort, "winzig, klein".

"Am ganz rasirten Kopf durchstreicht bey ihnen der Kamm Statt Barts ein winziges Haar."

Philipp Kluver sagt, die holländischen Bauern seiner Zeit hätten sich eben so getragen, wenn sie alt geworden wären; eben so auch der grösste Theil der Polen und die mitternächtlich gelegenen Völkerschaften. (Ciuv. altes Deutschl. I, 107) Tacitus sagt in seiner Beschreibung der alten Deutschen, sie hätten, wenn sie ins männliche Alter getreten wären, ihre Haupthaare und ihren Bart wachsen lassen, sie hätten ihnen fast das ganze Gesicht bedeckt, und sie hätten es nicht wieder davon zu befreyen gewagt, als bis sie einen von ihren Feinden zu den Todten befördert gehabt hätten; gleichsam um sich einer Gelübde zu entledigen, und zu zeigen, dass sie ihrer Geburt und ihres Vaterlands würdig seyen. Diejenigen, die sich nicht auf diese Art ausgezeichnet hatten, behielten ihr Gesicht bedeckt. Diess ist ungefähr der Sinn, den man Tacitus sehr dunklen Worten geben kann: "Auch andere Germanische Völkerschaften beobachteten diese Sitte bey einer seltnen und ausgezeichneten Handlung der Kühnheit von einem ihrer Landsleute in Privatangelegenheiten; und es ist allgemein angenommener Nationalcharakter bey den Katten, sich den Bart wachsen zu lassen, so bald sie die Jahre der Mannbarkeit erreicht haben; und sie legen ihn als das Gelübde und das Unterpfand ihrer Tapferkeit nicht eher ab, bis sie einen Feind erlegt haben. Nur dann, wenn sie Blut von ihrer Hand fliessen sehen und Beute gemacht haben, lichten sie ihre Stirn; nur dann glauben sie ihrer Geburt einen Werth gegeben, sich ihrer Eltern und ihres Vaterlands würdig gemacht zu haben. Feige und Wehrlose behalten ihren Schmuz." (Tacitus über die Sitten der Germanen) Man sieht aus dieser Stelle, dass ungekämmte Haare, ein langer und borstiger Bart bey den Germanen für ein schimpfliches Zeichen von Feigheit und von Mangel an Muth galten, und dass im Gegentheil ein abgeschorner Bart und eine offne nicht mit Haaren überdeckte Stirn für ein Zeichen von Muth und Stärke gehalten wurden.

Ob uns gleich die Geschichte nur sehr wenig Denkmähler von den Sitten und Gebräuchen der alten Sigambrer aufbewahrt hat, so scheint es doch nach denen die uns noch von ihnen übrig sind, dass diese Völker einen sehr langen Bart getragen haben; denn man bewahrt noch alte Blatten, unter andern die im Kabinet des Herrn Smatius, eines Holländers, auf, welche Sicambrische Köpfe oder alte Bataver darstellen und nach kleinen alten Statüen gestochen sind, oder alten Degenknöpfen nachgebildet wurden. Diese Köpfe sind mit aufgeschürzten, über den Kopf geschlungenen Knoten, mit langen Bärten und grossen Stirnen vorgestellt, so wie Martial in seinen Epigrammen sagt: "es kamen mit in Knoten geschlungenem Haar die Sicambrer."

Auch bemerkt Tacitus, dass die Katten ihr Kopfhaar und ihren Bart wachsen liessen. (Man siehe dessen Buch über die Sitten usw. der Germanen)

VII. Bart der Franzosen

In Frankreich hat der Bart viel Revolutionen erlitten. Jeder Franzos war sogleich Soldat, und man versichert, dass er, so bald er einen andern Stand ergriff, aufhörte Franzos zu seyn, und dass man ihm, um dadurch zu zeigen, dass er nicht mehr zur Nation gehörte, die Verbindlichkeit auflegte, sich Bart und Kopfhaare abscheren zu lassen; weil beydes den wirklichen Franzosen von besiegten Ausländern unterschied. Junge Leute hatten nur einen Knebelbart.

Alrich, König der Westgothen befürchtete von Clodwich angegriffen zu werden; er suchte ihn deshalb sich günstig zu machen, bat ihn um eine Zusammenkunft, um ihm den Bart zu berühren, das heisst, um ihn zu adoptiren. Als Clodion, der Langbehaarte im Anfang des fünften Jahrhunderts in das Gebiet der Gallier eindrang, rasirten sich die Franken, die seinen Fahnen folgten, das Gesicht und behielten nur einige Haare an der Oberlippe. Das war die Periode der Knebelbärte.

Gegen das fünfte Jahrhundert und überhaupt seit Clodwich dem Ersten, der die Würde eines Römischen Patriciers erhielt, kamen die Bärte auf, und ihre Herrschaft erstreckte sich bis gegen das zwölfte Jahrhundert oder doch um diese Zeit, das heisst, bis zur Regierung Ludwig des Kindes, der sich seinen Bart auf gewisse Remonstrationen, die ihm Petrus Lombard, Bischof zu Paris machte, rasiren liess. Alte Französische Annalisten bemerken, dass die erstern Könige in dem ältesten Frankreich lange. gedrehte, mit seidnen Schnüren und Bändern geflochtene Haare getragen haben. (André Favyn. Hist. de Navar.)

Eginhard, Sekretär von Carlmann handelt von den letzten Königen in Frankreich von dem ersten Stammgeschlecht, und erzählt, sie wären in öffentlichen Versammlungen auf dem Marsfeld auf einem mit Ochsen bespannten Rollwagen erschienen, hätten von ihrem Thron Besitz genommen, hätten lange fliegende Haare und einen Bart, der ihnen bis auf die Brust herabgehangen hätte, getragen, um ihren königlichen Stand dadurch zu beurkunden. "Mit herumfliegendem Haar, langem Bart sassen sie auf ihrem Thron und zeigten sich im Aufzug ihres königlichen Rangs." (Eginhard im Leben Karls des Grossen) Allein diese Erzählung, so wie der von Ochsen gezogene Wagen scheinen fabelhaften Ursprungs zu seyn. Man betrachte das Bildniss des grössten Theils der Könige in Frankreich vom ersten regierenden Stamme wie man es auf ihren Münzen findet, und man findet keinen von diesen Regenten mit dem ehrwürdigen Bart vorgestellt, von welchem Eginhard spricht. Der grösste Theil unter ihnen ist rasirt, und es gibt ihrer nur zwey oder drey darunter, deren Haar drey Wochen oder einen Monat, oder so lange, als man es von einer Reise, oder einem Feldzug, während dessen man sich nicht rasiren lassen konnte, mitbringt, gestanden zu haben scheint. Sidonius von Apollonien, der zur Zeit dieser ersten Könige in Frankreich lebte, sagt, die damaligen Franzosen hätten sich am Gesicht scheren lassen, und sie hätten nur einen grossen Knebelbart beybehalten, den sie mit dem Kamm emporgekämmt hätten. "Am ganz rasirten Kopf durchstreicht bey ihnen der Kamm Statt Barts ein winziges Haar."

Man würde berechtigt seyn, gegen Eginhard die Frage geltend zu machen, wie Clodwich der Zweyte diesen grossen Bart haben konnte, da er nach den übereinstimmenden Nachrichten der Geschichtsschreiber im ein und zwanzigsten Jahr gestorben ist. Clotarius der Dritte, sein Sohn hat nur siebzehn oder achtzehn Jahre gelebt. Childerich, sein Bruder, verlohr sein Leben, da er noch nicht vier und zwanzig Jahr zählte. Clodwich, der Dritte, ihr Neffe, starb in einem Alter von vierzehn Jahren. Childibert der Zweyte, lebte nicht über acht und zwanzig Jahr. Der juneg Dagobert, sein Sohn, der 700 gebohren war, starb 716; Thyerry de Chelles sein Sohn starb in seinem drey und zwanzigsten Jahr. Wenn Childerich der Dritte, der Pipin vom Thron stiess, der Sohn Thierrys war, so konnte er höchstens neunzehn Jahr alt seyn. - Es scheint also - wenn man auf das Alter des grössten Theils der Könige vom ersten regierenden Stamm sieht, welchem zufolge diese Prinzen entweder in ihrer Minderjährigkeit oder sehr früh starben - als haben sie nicht den grossen Bart tragen können, mit welchem sie uns Eginhard darstellt, und als haben sie noch weniger falsche Bärte getragen, welches eine wahre Maskerade gegeben hätte. Dies ist die Bemerkung des Abbé Vertot in einer Dissertation Tom IV. der Memoires de l'Academie des Inscriptions.

Robert, König von Frankreich, trug einen sehr langen und merkwürdigen Bart. Wir lesen, dass dieser Prinz in der Schlacht, die ihm Carl der Einfältige, sein Nebenbuhler, lieferte, sich selbst der königlichen Standarte bemächtigen wollte; und er zog, damit man ihn noch leichter erkennen sollte, unter seinem Cuirass seinen Bart, der sehr lang und weiss war, hervor, aber er verlor bey dieser Action sein Leben. (Ademare Chronicon. Tom. II Biblioth. Manuse. Labbei) Diess deint hinlänglich zum Beweis, dass man unter den Königen aus dem zweyten Stammhause einen langen Bart trug. Diese Sitte dauerte noch unter den ersten Königen des dritten Stammes fort. Hugues, Graf von Chalons, der von Richard, dem Herzog der Normandie besiegt worden war, warf sich ihm mit einem Pferdesattel belastet, den er auf dem Rücken trug, zu Füssen, um dadurch seine gänzliche Unterwürfigkeit zu erkennen zu geben. "Mit seinem grossen Bart", sagt die Chronik, "hatte er mehr das Ansehn einer Ziege, als eines Pferds."

Ein neuerer Schriftsteller (Hist. des Modes Françoises) beschreibt die Art, den Bart zu tragen unter Heinrich dem Ersten, dem Sohn des gutmüthigen Königs Robert folgendermassen: "Die Franzosen", sagt er, "machten von ihrer Figur einen sonderbaren Zuschnitt. Die Kopfhaare, der Knebelbart und der Bart am Kinn waren so geformt, dass das Gesicht der Herren Stutzer einer Cascade glich. Die Kopfhaare, welche rund, gleich und platt waren, reichten nicht bis über die Ohren; diess war der erste Abfall. Die Haare des Knebelbarts, die frey herabhingen, und in der Mitte nicht zugespitzt geschnitten waren, bildeten den zweyten. Ein sehr langer, ganz spitz zulaufender Bart am Ende des Kinns endigte den dritten." Das sagt dieser Schriftsteller; aber er gibt keinen Beweis; vielleicht hatte er einige Porträte der damaligen Zeit gesehen, welche diesem Gemählde glichen.

Der Bart erhielt sich in Frankreich noch zu Anfange des zwölften Jahrhunderts. Man konnte die spitzigen Bärte nicht mehr leiden, man hörte nach und nach auf, sie an der äussersten Spitze des Kinns zu haben; einige vereinigten sie mit dem Knebelbart und liessen sich um den Mund einen zirkelförmigen Bart wachsen. Der grösste Theil begnügte sich, die Unterlippe nicht zu rasiren. Endlich erschienen die frisirten Bärte. Man glaubt, dass diese Mode, die anfänglich mit Begeisterung aufgenommen wurde, bald wieder aufgegeben ward; gleichwohl kämpfte sie noch fast ein halbes Jahrhundert gegen ihren Sturz. Endlich unterlag sie, und es war unter der Regierung Ludwig des Kinds gegen das Jahr 1149, wo sie gänzlich verschwand. St. Ludwig und seine Nachfolger nahmen, indem sie auf den Bart Verzicht thaten, die Mode mit langem Haar sich zu tragen, wieder auf. König Johann liess sich Kopfhaare und Bart wachsen. Sein Sohn hielt sich an das Kopfhaar und gab den Bart auf, den man unter Franz dem Ersten wieder aufkommen sah. Pasquier bemerkt, man habe in den ersten Jahren der Regierung dieses Prinzen die alte Mode, "ein langes Kopfhaar und einen rasirten Bart zu tragen" befolgt. Allein da derselbe am Kopf durch einen Feuerbrander von dem Capitain Lorges de Montgommeri sey verwendet worden, so habe er sich gezwungen gesehen, auf sein Haar Verzicht zu thun. Der Bart gewann dadurch wieder sein Ansehen. Franz der Erste trug ihn lang, und nur kurzes Kopfhaar. Seinem Beyspiel gemäss trug sein ganzer Hof wie er, "kurzes Kopfhaar und einen langen Bart." Nur Magistratspersonen und Geistliche liessen sich noch fortwährend rasiren.

Während Franz Olivier, der darauf Kanzler von Frankreich ward, 1536 nur unter der Bedingung in das Parlament zu Paris aufgenommen wurde, dass er sich seinen langen Bart, der er als Supplikenmeister trug, abscheren liesse, um an den rechtlichen Verhandlungen Theil nehmen zu können, zeichnete sich die galante und kriegerische junge Welt am Hofe, durch die Länge ihres Bartes aus; was jedoch nicht so unbedingt der Fall war, dass keine Ausnahme Statt gefunden hätte. Die Ducs de Joyeuse, d'Epernon, Quelus, Saint-Maigrin und andere Hofleute oder Lieblinge Heinrichs des Dritten waren nicht rasirt. Es ist gewiss, dass sie, wie unter der Regierung Franzens des Ersten und Heinrichs des Zweyten, einen langen Bart trugen.

Johann von Morvilliers, Bischof zu Orleans konnte 1552 wegen seines langen Barts nicht in das Kapitel dieser Stadt aufgenommen werden. Der neue Bischof musste ein an das Kapitel gerichtetes Rescript unter dem 13ten Nov. 1552 auswirken, welches dem Kapitel die Verbindlichkeit auflegte, diesen Prälaten anzunehmen, "ohne sich daran zu stossen, dass er einen Bart trage, und ohne dass er gehalten seyn sollte, ihn sich abnehmen zu lassen; angesehen, weil er ihm wegen seiner Functionen als Ambassadeur in fremden Ländern nöthig wäre", sagt dazu das Reskript.

Unter den folgenden Regierungen trugen die Protestanten lange Bärte und kurzes Kopfhaar. Die Könige in Frankreich trugen bis zu Ludwig dem Dreyzehnten kurzes Kopfhaar und einen langen Bart. Die junge Welt Ludwigs des Dreyzehnten trug vieles zur Abschaffung der Bärte in Frankreich bey. Dieser Fürst war erst neun Jahr alt, als er zur Regierung gelangte. So bald er Haare am Gesicht bekam, liess er sich rasiren. Diese Katastrophe legte den Bärten die Verbindlichkeit auf, sich zurückzuziehn; sie sahen sich auf den Punkt zurückgebracht, dass sie am gesicht nur noch einen kleinen Platz einnehmen und zuletzt am äussersten Ende des Kinns nur noch einen Büschelbart ausmachen durften.

Diese Veränderung, die zuvörderst am Hofe erfolgte, fand auch in den Provinzen Eingang, wenn man einige Doktoren, die Advocaten, und alte Leute, die an alten Gebräuchen hängen, ausnimmt; und man sah fast in ganz Frankreich nichts mehr als Büschelbärte, und Gesichter mit Knebelbärten. Indess verliessen Magistratspersonen und Prälaten, die den langen Bart eingeführt hatten, ihn nicht. Der Prämier-Präsident Molk, der 1656 starb, und der berühmte Peter Camus, Bischof zu Bellay, der 1652 starb, haben immer ihren Bart getragen. Man trug ihn noch während der Minderjährigkeit Ludwig des Vierzehnten in Büschelgestalt. Endlich schränkte man sich auf einen einfachen Knebelbart ein, bis der Bart 1680 vollends ganz verschwand.

Man würde heut zu Tage lachen, wenn man einen Bischof, eine Magistratsperson, einen Finanzrath mit zwey Knebelbärten wie Dragoner einherschreiten sähe. So weit geht die Herrschaft der Moden; sie scheinen immer bisarr, wenn sie nicht mehr existiren. Ein Edelmann, der vor hundert Jahren nicht wenigstens fünf oder sechs Haare unter der Nase und eben so viel an der äussersten Spitze des Kinns gehabt hätte, hätte sich lächerlich gemacht. Wer sich jetzt einfallen liess, diese Mode wieder aufzubringen, mit dem würde es nicht minder der Fall seyn.

Aus allem dem, was wir bisher gesagt haben, muss man schliessen, dass der Bart in unserm Europa viele Revolutionen erfahren hat. In der That sehen wir, dass man bald grosse Sorge trug, ihn sich wachsen zu lassen, und es sich für eine grosse Ehre anrechnete, wenn man einen recht langen Bart hatte; bald hinwieder sich der Geschmack änderte, und man ein Gesicht mit einem langen Bart für unerträglich und scheuslich hielt. Aber wer weiss nicht, dass Sitten und Gebräuche der Veränderung unterworfen sind, und dass es keinen mit noch so grossem Beyfall aufgenommenen neuen Gebrauch gibt, der nicht auf einen ganz entgegengesetzten gefolgt wäre. Diess ist nicht sehr befremdend, wenn zwischen diesen beyden Extramen (Aeussersten) ein beträchtlicher Zeitraum verfliessen musste, und wenn die Veränderung nicht Dinge zum Gegenstand hat, die uns sehr geläufig geworden sind, die uns durch fortwährenden Gebrauch immer vorgehalten werden, als da sind Kleidung, gesellschaftlicher Ton, Moden; denn wir fühlen uns natürlicher Weise weniger überrascht, wenn wir eine Veränderung mit demjenigen vorgegangen finden, was wir nur von Zeit zu Zeit sehen, als wenn dasjenige eine Veränderung erleidet, was uns immer umgibt, was gleichsam unter unsern Augen sich verändert.

Wir wollen noch folgende Anekdote in Beziehung auf die Revolution, welche der Bart in Frankreich im letztvergangenen Jahrhundert erlitt, mittheilen. Diejenigen, welche die alte Mode der langen Bärte beybehielten, wurden gewissermassen ihrem eignen Vaterlande fremd. Als der berühmte Herzog (Duc) von Sully an den Hof Ludwig des Dreyzehnten, der über einen wichtigen Gegenstand mit ihm berathschlagen wollte, gezogen wurde, konnten sich die jungen Höflinge nicht des Lachens erwehren, indem sie diesen ehrwürdigen Herrn mit einem langen Bart, einem Anzug, der nicht mehr Mode war, einem ernsten, gesetzten Wesen und mit Manieren, die bey dem ehemaligen Hofe üblich gewesen waren, auftreten sahen. Der Herzog von Sully, der es merkte, dass man ihn lächerlich zu machen suchte, redete Ludwig den Dreyzehnten öffentlich mit folgenden Worten an: "Sire, wenn Ihr Vater, glorreichen Andenkens, mir die Ehre erwies, mich über wichtige Angelegenheiten zu Rath zu ziehen, so liess er vorläufig die Narren und Lustigmacher des Hofes abtreten."

Wir haben gesehen, dass ehemals alle Völker Europens lange Bärte trugen. Diess sieht man auf alten Gemählden noch. Nach und nach ist diese Sitte fast ganz aus diesem Welttheil verschwunden. Einige glauben, die Epoche dieser Veränderung falle in den zeitpunkt, wo die Spanier aus Amerika in das Königreich Neapel eine gewisse Krankheit mitbrachten, die Bart und Haupthaare ausgehen machte, und die man "Haarausfall" nannte. Einige grosse Herren, welche die traurige Erfahrung davon gemacht hatten, würden sich einer schimpflichen Demüthigung haben preis geben müssen, wenn sie das Zeichen eines unregelmässigen Lebens öffentlich zur Schau getragen hätten; sie entschlossen sich daher, den Bart ganz abzulegen. Ihre Unterthanen ahmten ihr Beyspiel aus Schmeicheley oder aus Nothwendigkeit nach.

Was man auch von dieser Veränderung der Mode denken mag; genug, man hielt dem Bart von nun an die Zügel kürzer, und begnügte sich, wenn die kranken Haare wieder gewachsen waren, einen Knebelbart zu haben. Endlich kam die Mode auf, mit nacktem Gesicht zu gehen. Man dachte sich schöne Gründe aus, diese neue Mode in Gang zu bringen, und man trug bald weder Bart noch Knebelbart mehr. Bloss, um das Andenken an die Bärte nicht ganz auslöschen zu lassen, duldet man an Schweizern, als ausländische Soldaten, an Kavalieren bey einigen Regimentern und an breitschulterichten Kutschern noch einen Knebelbart, und man behauptet, das stehe ihnen sehr gut.

VIII. Bart der Engländer

Wirft man auf die Geschichte Englands einen forschenden Blick, so wird man finden, dass der Bart daselbst unter der Heptarchie der Sachsen blühte, dass heisst zur Zeit der Theilung, welche die Sächsischen Könige mit ganz England, das sie in sechs Königreiche oder Gouvernements theilten, vorgenommen hatten; dass er aber unter dem Stamm der Normännischen Könige fast ganz unterdrückt worden ist. Gleichwohl muss man bemerken, dass es mehrere Regierungen unter diesem Prinzen gab, wo der Bart von Zeit zu Zeit unter verschiedenen Gestalten zum Vorschein kam.

Im Jahr 1105 sprach Serlon, der Bischof von Stenz, der im Gefolg Heinrich des Ersten, Königs von England war, als er am Pfingsttage die heiligen Mysterien zu Clarenton feyern wollte, mit solcher Heftigkeit gegen diejenigen, die ihren Bart und ihre Haare wachsen liessen, dass dieser Prinz und sein ganzes Gefolge ihre Zufriedenheit über die vorgeschlagenen Maassregeln äusserten, sie dieser eiteln Zierde zu berauben; welches der Prälat selbst mit der Schere that. (Older. Vital. in Duchesne Hist. Norman.) Marbode, Bischof zu Rennes machte es unter andern Robert von Arbrisselles zum Vorwurf, dass er einen langen Bart und über der Stirn abschnittene Haare trug.

Als Wilhelm der Eroberer, Herzog der Normandie in See ging, um England zu erobern, zogen sich die Engländer einen Bart, und er bestand in zwey kleinen Knebelbärten, welche die Oberlippe bedeckten, und in einem kleinen Büschel, womit das Kinn besetzt war. Der König Wilhelm, der die Verschiedenheit wegschaffen wollte, welche ein wenig Haar zwischen seinen alten und neuen Unterthanen hervorbrachte, machte es diesen zur Verbindlichkeit, auf diese Kleinigkeit Verzicht zu thun; was denn auch geschah.

Seit dieser Zeit gab es viele Regierungen in Engalnd, unter welchen das Barttragen unter verschiedenen Gestalten von Zeit zu Zeit wieder aufkam. Es scheint. als habe er seinen letzten Versuch, sich aufrecht zu erhalten, unter der Regierung der Königin Maria gemacht, wie Neugierige sich überzeugen können, wenn sie ihre Blick auf die Kupferstiche und Porträte des Cardinal Poole und des Bischof Gardner richten wollen. Indess könnten die protestantischen Mahler, von Religionseifer gegen die Römisch-Katholischen Glaubensgenossen erfüllt, die Bärte dieser beyden Prälaten über ihre gehörigen Dimensionen verlängert haben, um ihrem Anblick etwas Abschreckendes zu geben.

Unter der Regierung Jakob des Ersten findet man nichts Merkwürdiges von Bärten mehr. Während der letztern bürgerlichen Kriege in England kam eine Art von Bart zum Vorschein, welche in der Geschichte keine unansehnliche Figur spielt; ich meine den Bart des furchtbaren Hudibras, dessen Beschreibung uns Butler in folgenden Worten gibt:

Sein breiter, lang entfalteter Bart
die Zierde seines Antlitzes ward;
Er entwickelt' an ihm zu gleicher Zeit
den Glanz einer jeden Kunstfertigkeit.

Die Figur davon stellt ein Viereck dar,
Seine Farbe mahlt ihn in buntscheckigem Haar;
Von oben sieht es helleblau;
Von unten ganz orangegrau.

Der Backenbart erhielt sich in England noch einige Zeit, ungefähr so, wie er sich auch in Frankreich noch nach der Ausrottung der Bärte erhielt. Endlich aber kam es doch dahin, dass man gar keine Bärte mehr trug.

Bart der Moscoviten

Es sind uns nur noch wenig Denkmähler von den Sitten und Gebräuchen des Moscovitischen Volks übrig. Wir erwähnen nur, dass Perry in seinem Buch über den "gegenwärtigen Zustand" des Russischen Reichs sehr weitläufig von dem langen Barte der Moscoviten, vorzüglich der Priester, und von der Taxe von hundert Rubeln spricht, die ehemals der Czar Peter der Grosse allen denjenigen auflegte, welche ihren Bart behalten wollten; wir sprechen blos von der heiligen Scheu und der Ehrfurcht, welche diese Völker für den Bart bezeugten, hauptsächlich aus dem Grunde, weil der Bart sie von den Fremden unterschied und ihnen Aehnlichkeit mit den Heiligen gab, die sie mit Bärten vorstellten. Mit einem Wort, der Czar wurde der Tyranney und des Heydenthums angeklagt, weil er die Bärte abschaffte; aber die frömmsten unter ihnen behielten ihre Bärte bey, und bewahrten sie sorgfältig, um sie mit ins Grab zu nehmen.

IX. Bart der Orientaler und Türken

Die Morgenländer, deren wechselnde Moden nicht Geist und Sitten von dem Wege der Natur abgelenkt haben, haben den Bart beybehalten und machen sich noch eine Ehre daraus. Man sieht bey ihnen nicht diese weibischen Gesichter, die den Mann entehren und deren er sich schämen müsste, weil man sich alle ersinnliche Mühe gibt, auch das kleinste Haar, dass die Natur pflanzte, auszureuten. Sie tragen einen Bart, oder wenigstens einen Knebelbart, und bey ihnen wäre ein Mann ohne Bart ein Ungeheuer oder ein Verschnittner.

Wenn die Araber eine etwas erwachsene Mannsperson mit rasirtem Bart sehen, verfehlen sie nie, folgenden Fluch über sie auszusprechen: "der Fluch Gottes komme über den Vater, der dieses unvollkommene Gesicht gezeugt hat." Sie sagen, der Bart gebe dem männlichen Gesicht seine Vollkommenheit. Je länger und bartreicher es ist, desto ehrwürdiger ist es für sie. Sie verachten diese Katzenbärte, die nur aus einigen wenigen, in eine Linie abgezirkelten Haaren bestehen. Sie betrachten den Bart als einen wesentlichen Theil, der zur Existenz des Mannes gehört. Deshalb schätzen sie die Kapiciner so sehr, weil man ihnen nämlich gesagt hat, dass sie sich den Bart in der Mitte einer endlosen Völkerkette wachsen lassen, die dasselbe nicht thut, sich ihn vielmehr abscheren lässt. Sehen sie jemanden mit einem dicken Bart, so sagen sie: "welch ein Glück für Väter, die so schöne Bärte erzeugt haben. Der Segen Gottes muss wie ein Regen über sie herabkommen."

Sehen sie neu angekommene Greise mit rasirtem Bart und Knebelbart, so kann man sich keine Vorstellung davon machen, welch' einen widrigen Eindruck diess auf sie macht. Einer sagt dann zum andern: "Das ist unstreitig ein Galeerensklav, der den Ketten entlaufen ist. Er kann aus keinem andern Grunde zu uns gekommen seyn, als weil er aus seinem Lande als ehrlos ausgestossen worden ist, und unter uns ungekannt leben will. Was für ein Gesicht! Man sollte es mit Koth bewerfen; es ist das Gesicht eines alten Affen, das Gesicht eines alten Sünders, den die Sünde nicht verlässt." Sehen sie im Gegentheil einen Menschen mit einem grossen und gut gehaltenen Bart, so rufen sie sogleich aus: "Man darf diesen Bart nur sehen, um gewiss zu seyn, dass der, welcher ihn trägt, ein Mann Gottes ist, und dass ihn Gott mit seiner Huld beglückt." Diess bezeugt von den Arabern der Chevalier von Arvieux, der sich bey dieser Nation lang genug aufgehalten hatte, um mit ihren Gebräuchen hinlänglich vertraut zu seyn. Man sehe dessen Memoiren.

Derselbe Verfasser, von dem wir so eben einige Stellen entlehnt haben, lehrt uns, dass, wenn die Araber eben so wie die Türken, einmahl ihre Köpfe haben scheren lassen, ohne dem Barte zu nahme gekommen zu seyn, alle ihre Freunde ihnen deshalb Glück wünschen und tausend Segen für sie erflehen. Aber nach diesem Zeitpunkt ist ihnen auch nicht mehr erlaubt, sich den Kopf rasiren zu lassen, ohne gegen die Religion zu sündigen, und seine Ehre zu verwirken; sie würden selbst von dem bürgerlichen Gericht verurtheilt werden, wenn ein Eiferer sie angäb.

Eine ihrer Vergleichungen und eines ihrer Sprüchwörter lauten so: "Diess ist mehr werth als der Bart, als dieser oder jener Bart, diese oder jene Schere." Diess läuft auf den Begriff hinaus, den wir ausdrücken, wenn wir sagen: "etwas von der rechten Seite angreifen"; mit einem Wort: der Bart mischt sich in alle Gespräche. Sie kämmen ihn mit den Fingern aus Ersparniss; sie küssen ihn, weil es Ceremonie so mit sich bringt; sie schwören und bitten bey ihm; sie benachrichtigen sich durch ihn. Wer einen Bart hätte, der einen Fuss breit wäre, und der ihm bis auf den Gürtel herab stieg, würde als der verehrungswürdigste Mann im ganzen Lande angesehen werden; sein Zeugniss allein würde vor Gericht mehr als das von dreyssig Norrmännern gelten.

Bart der Türken

Türken und andere Muhamedaner nähren nach dem Beyspeil ihres Gesetzgebers, der seinen Bart nie rasirt hat, den Ihrigen in seiner ganzen Länge , wie es der Natur gefällt, ihn zu geben. Ein grosser Bart hat für sie nicht nur grossen Reitz, sondern sie sehen ihn auch als einen wesentlichen Theil eines rechtlichen Menschen an; und dieser angebliche Fehler, den sie an uns bemerken, trägt nicht wenig zu der Verachtung bey, in der wir bey ihnen stehen. Die Perser gelten bey ihnen für Ketzer, weil sie ihn der Reinlichkeit wegen am Kinnbacken abnehmen. Folgendes ist einer von den Artikeln des Richterspruchs eines türkischen Mufti in Beziehung auf einen gewissen Sari-Chalif, den Hofmeister des Königs von Persien: "Ihr schneidet nie den Kenebelbart eures Barts ab, und ihr begnügt euch, das Haar am Kinn abzunehmen, welches dem Mann zur Zierde dient und ihm ein Ehrfurcht gebieteendes Ansehn gibt; ihr gebt ihm auch eine Form, wie es euch beliebt." (Ricant, Gegenwärtiger Zustand des türkischen Reichs)

Bey den Türken kommt das Schermesser nie über das Gesicht des Grossherrn; so wie im Gegentheil alle diejenigen, die ihn im Serail bedienen, rasirt sind; zum Zeichen ihrer Unterthänigkeit. Sie können ihren Bart nur dann wachsen lassen, wenn sie wieder aus dem Serail gehen, was für sie eine Art von Belohnung ist, die nie ohne ein mehr oder weniger ansehnliches Amt, das nach den Talenten dessen, der es erhält, nach der Achtung die man für ihn hegt, oder nach dem Grad von Protection, die ihm der Premierminister angedeihen lässt, abgemessen ist, ertheilt zu werden pflegt.

Von allen denjenigen, die sich der Person des Grossherrn nahen, hat nur der Herr Bostangi Bachi (der Oberaufseher der Gärten, Fontänen und der Vergnügungsplätze des Grossherrn) das Recht, einen langen Bart zu tragen, weil er der Chef aller Gärtner ist, weil er unbedingt über sie zu befehlen hat, und immer in der Nähe des Sultans ist, wie die Gardecapitains immer um die Person eines Königs sind.

Die jungen Türken, wiewohl sie noch frey und nicht im Serail sind; in deren Adern, um mich nach ihrer Art zu reden auszudrücken, noch tolles Blut läuft, scheren ihren Bart und tragen nur einen Knebelbart, sobald sie Haare genug haben, die ihn bilden können. Um sie deshalb zu entschuldigen, sagt man: das Feuer der Jugend treibe sie mehr zu den Thorheiten der Welt, als zur Ausübung der Religion. Aber wenn sie verheyrathet sind, und Väter werden, schneiden sie selbigen nicht mehr ab, und diess gilt bey ihnen für ein Zeichen, dass sie weise geworden sind, dass sie dem Laster entsagt haben, und dass sie an ihr wahres Heil denken.

Die Ordensgeistlichen und Missionäre, die in der Türkey sind, so wie der grösste Theil der in der Türkey lebenden Christen lassen ihren Bart wachsen, um sich dadurch den Völkern gleich zu stellen, mit welchen sie leben müssen; aber das geschieht nicht ohne Eifersucht von Seiten der Ungläubigen, welche nicht leiden können, dass Christen es ihnen in dieser Art Zierde gleich oder zuvor thun. Ein Jesuit, der durch die Länge seines Barts ihnen ehrwürdig seyn musste, erzählte, dass er während seines Aufenthalts in Cairo mehrere Mahle von den Mahomedanern deshalb insultirt worden sey, weil sie nicht leiden konnten, dass er über sie diesen Vortheil hatte, und ihm deswegen mit drohender Verachtung sagten: "Ah! Hund, ha! Ungläubiger; was hast du Gott für einen Dienst geleistet, dass er dir einen so schönen Bart gab?"

Der Französische Konsul zu Saida erzählte gleichfalls, er habe eines Tags dem Pascha des Orts eine ins Einzelne gehende Beschreibung von den grossen Eigenschaften König Ludwig des Vierzehnten gemacht; der Pascha habe eben so viel Bewunderung als Respekt für diesen Prinzen bezeugt; habe ihn aber am Ende gefragt, "ob der Kaiser von Frankreich einen grossen Bart trüge?" Da der Konsul darauf erwiedert hätte, den trüg er nicht, sondern nur einen leichten Knebelbart, so habe der Pascha ganz ernsthaft ausgerufen: "O! wie sehr Schade ist es nicht, dass ein so glorreicher Monarch keinen Bart trägt." (S. Morison Reise auf den Berg Sinai und nach Jerusalem)

Wenn sich die Araber und Türken den Bart kämmen, halten sie ein Schnupftuch über ihre Kniee und sammeln sorgfältig die Haare, welche ihnen ausgehen; und wenn sie eine gewisse Menge aufgehäuft haben, wickeln sie sie in Papier und tragen sie auf den Kirchhof.

Weiber küssen ihren Männern, und Kinder ihren Vätern den Bart, wenn sie selbige begrüssen. Männer küssen sich ihn wechselseitig, wenn sie sich auf den Strassen grüssen, oder wenn sie von einer Reise zurück kommen. Sie sagen, der Bart sey ein nothwendiger Theil zur Vollkommenheit des männlichen Gesichts, und es würde weniger entstellt werden, wenn man ihm Statt des Barts die Nase abschnitt. Sie bewundern und beneiden diejenigen, die einen schönen Bart tragen. "Sieh nur, ich bitte euch" - sagen sie - "diesen schönen Bart. Man darf ihn nur sehen, um ihn für einen ehrlichen Mann zu halten." Wenn jemand, der einen schönen Bart hat, etwas schlechtes thut, so sagen sie: "Schade! dieser Bart ist zu beklagen." Wenn sie jemanden tadeln wollen, so sagen sie mehrmals: "schäme dich in deinen Bart hinein; wird sich diese Unordnung nicht auch auf deinen Bart erstrecken?" Bitten sie jemanden um etwas, oder schwören sie, um etwas zu bejahen, oder zu verneinen, so sagen sie: "du kannst mir das bey deinem Bart; bey dem Leben deines Barts glauben"; oder: "bey deinem Bart, dem ist so, oder dem ist so nicht." Wenn sie sich wegen etwas bedanken wollen, so sagen sie: "Gott wolle Euch Euren gesegneten Bart erhalten; Gott schütte seine Segnungen über Euren Bart aus"; und in Vergleichungen heisst es: "das ist mehr werth, als der Bart."

Eine der Hauptcäremonien bey gesellschaftlichen Zusammenkünften besteht darin, dass man sich den Bart mit wohlriechendem Wasser wäscht, und ihn dann mit Aloe einreibt, die sich mit jener Flüssigkeit vermischt und ihm einen angenehmen Geruch gibt. Diess hat viel Aehnlichkeit mit demjenigen, was im zweyten Vers des 122. Psalm steht; wo es heisst, die Salbung, womit man Arons Haupt gesalbet habe, sey bis auf seinen Bart herab geflossen.

X. Bart der Chinesen, der Tartaren, der Indianer

Wir werden in diesen Artikel alle die verschiedenen Arten Bärte bey den Chinesen, den Tartaren, den Indianern, den Amerikanern und andern Völkern, deren Sitten und Gebräuche uns durch die Berichte der Reiseschreiber bekannt sind, zusammen fassen. Da die Chinesen in alles eine gewisse feyerliche Würde legen, so bildeten sie sich auch ein, ein langer Bart könnte ihnen ein ehrwürdiges Ansehn geben. Sie lassen ihn sich wachsen; und wenn ihre Bärte nicht gross ausfallen, so ist es nicht ihre Schuld. Gewiss fehlt es ihnen nicht an einem langen Bart, weil es ihm an Pflege gebricht. Aber die Natur hat sie in diesem Punkt sehr partheyisch behandelt; und es gibt keinen unter ihnen, der die Europäer nicht beneidete, die ihnen in diesem Punkt als die grössten Menschen auf der Welt erscheinen. (Des P. Lecomte Memoiren über China)

Johann Kinson sagt, die Tartaren leben mit den Persern im Krieg, weil diese ihren Knebelbart nicht abscheren lassen wollen, wie diess die Tartaren thun, ob sie übrigens gleich mit ihnen in Absicht mehrerer Punkte der Mahomedanischen Religion übereinstimmen.

Bukkarier

Die Bukkarier, eine Art von Tartarn, leben mit ihren Nachbarn in beständigem Streit, weil siese nicht, wie sie, und wie alle Tartarn, das Haar der Oberlippe wachsen lassen. Sie betrachten dieses Betragen als eine so grosse Sünde, dass sie selbige Kaffern, das heisst "Ungläubige", nennen; einen Beynamen, den sie auch den Christen geben.

Makakarier

Die Priester des Königreichs Makakar tragen einen langen Bart, der ihnen bis auf den Gürtel herabhängt. Die andern Personen rasiren sich; aber sie schneiden ihr Kopfhaar nicht ab. Sie tragen eine ganz eigene Sorgfalt dafür, sie gut zu kämmen und sie mit einem wohlriechenden Oel einzureiben, dass sie nicht bisweilen sehr übel röchen, wenn sie sich erhitzt haben. Deshalb waschen sie sich den Kopf sehr oft.

Siameser

Die Talapoins oder die Siameser aus dem Priesterstand scheren sich den Bart, den Kopf und die Augenbrauen. Ihre Vorgesetzten sind dazu gehalten, sich selbst zu rasiren, weil man ihren Kopf nicht ohne Verletzung der ihnen schuldigen Achtung berühren kann. Derselbe Umstand verbietet den jungen Priestern, die alten zu rasiren. Aber die alten rasiren die jungen, und leisten sich einander selbst diesen Dienst. Die Rasirmesser der Siameser sind von Kupfer. Die bestimmten Tage, wo man sich der Regel nach rasirt, fallen in den Neu- und in den Vollmond.

Java

Die Einwohner der Insel von Bali, oder von klein Java in Ostindien sind schwarz, und ähnlich den Japanern darin, dass sie keinen Bart tragen. Sie rotten sich ihn mit Instrumenten aus, die sie zu diesem Bhuf einzig in der Absicht erfunden haben, um ihren Weibern, die sie wegen ihres bärtigen Gesichts "Böcke" nennen, zu gefallen. (S. Allgemeine Geschichte der Reisen)

Maldivier

Die Maldivier geben ihren Bart zwey verschiedene Formen; die eine ist nur den Pandiaren, das heisst dem obersten Diener der Religion, und dem souverainen Richter des Königreichs, den Musculi's oder den Alten, den Dienern der Religion und denjenigen, welche die Reise nach Mecca oder Medina gemacht haben, erlaubt, sie besteht darin, dass man den Bart in seiner ganzen Grösse trägt, und dass man sich nur unter der Kehle und um beyde Lippen rasiren lässt; denn sie scheuen sich davor, als vor einer Unreinlichkeit, dass er das, was sie trinken oder essen, berühren möchte. Die andere Form des Barts, die ihm die gemeine Klasse der Bürger gibt, besteht darin, dass man ihn sehr klein um den Mund und unter der Kehle, ohne einen Knebelbart zu haben, trägt; man beschneidet ihn nur mit der Schere, und es bleibt immer davon etwas übrig; man bemerkt diess am Kinn sehr deutlich, wo er sich in eine Spitze endigt.

Die Maldivier haben keine öffentlichen Barbiere. Jeder schert sich seinen Bart mit einem Messer von Stahl oder Kupfer. Einige erzeigen sich einander diesen Dienst. Der König und die höchsten Staatsbedienten lassen sich durch Leute von Stand rasiren, welche sich aus diesem Dienst eine Ehre machen, ohne dass sie auf irgendeine Art dafür besoldet würden.

Der Aberglaube der Maldivier in Absicht ihrer Bartabschnittel und Nägelabschabsel ist fast unbegrenzt. Sie graben die Ueberbleibsel von beyden mit äusserster Sorgfalt auf ihrem Kirchhof ein, um nichts davon umkommen und verlohren gehen zu lassen. Diese abgenommenen Theile sind, wie sie zu sagen pflegen, ein Theil ihrer selbst, der eben so gut als ihr Körper Beerdigung fordert. Der grösste Theil von ihnen rasirt sich am Eingang der Moscheen. Es hat ganz den Schein, dass die Inselbewohner diese abergläubische Ehrfurcht für die Haare des Barts zugleich mit der Mahomedanischen Religion von den Arabern und Türken erhalten haben. (Allgem. Gesch. der Reis. Achter Theil)

Indianer

Reisebeschreiber sagen uns, dass sich die amerikanischen Wilden wenig aus dem Bart machen. Unter den Indianern des festen Landes in Peru würden die Mannspersonen einen weissen Bart haben, wenn sie ihn wachsen liessen. Sie reissen sich ihn aber aus; indess thun sie diess mit dem Milchbart nicht, der ihren ganzen Körper bedeckt. Die Indianer kämmen sich ausserordentlich gern; man kann diess aus der Zeit schliessen, die sie darauf verwenden; das Kämmen ist für sie eine Uebung, die sie den Tag über mehrere Mahle wiederholen. Das Geschäft des Bartausreissens und der Vertilgung aller andern Haare am männlichen Körper mit Ausnahme der Haare an Augenliedern und Augenbraunen, liegt dem weiblichen Geschlecht ob. Sie nehmen die Haare zwischen zwey kleine Stöcke, und ziehen sie sehr geschickt aus. Auch lassen sich die Männer bey einigen Gelegenheiten, z. B., wenn sie einen Sieg über einen Feind, den sie mit eigener Hand erschlugen, davon getragen haben, das Haupthaar abscheren.

Im Allgemeinen tragen die Indianer in Peru nie einen Bart; denn diesen Namen kann man einigen wenigen und kurzen Haaren nicht geben, die ihnen noch im erwachsenen Alter wachsen.

Knivet bemerkt, dass sich die Topinambous, welche an der Allerheiligenbay wohnen, von allen andern Indianern durch die Sitte, sich ihren BArt wachsen zu lassen, unterscheiden.

Vateren

Die Vateren, ein Volk, welches an den Ufern des Flusses Issinus wohnet, lassen ihr Kopfhaar wachsen und scheren sich den Bart sehr früh. Im Gegentheil scheren sich die Issineser den Kopf, und lassen ihren Bart wachsen. Sie letztern sind leidenschaftlich für ihren Bart eingenommen. Sie kämmen ihn regelmässig und tragen ihn eben so lang, als die Türken.

Malabaren

Die eingebohrnen Malabaren lassen sich den Bart scheren. Einige tragen ihren Knebelbart, obgleich der grösste Theil ihn nicht trägt.

Amerikaner

Es ist weniger leicht zu erklären, woher es kommt, dass, wenn man die Kopfhaare, welche bey den Indianern des mitternächtlichen Amerika ohne Ausnahme schwarz sind; und die Augenwimpern und Augenbraunen, die sich einige sogar ausreissen, ausnimmt: sie am ganzen Körper kein einziges Haar haben, und dass ihnen in diesem Punkt fast alle Amerikaner gleichen. Das erstaunenswürdigste dabey ist, dass ihre Kinder mit wenigen aber ziemlich langen Haaren auf die Welt kommen, und dass sie innerhalb des Zeitraums von acht Tagen verschwinden *). Auch sieht man einige Haare am Kinn des Greises, so wie er nach Europa kommt, und bey Weibern von einem gewissen Alter. Einige schreiben diese Sonderbarkeit dem Tabakrauchen zu, welches beyden Geschlechtern gemein ist; andere finden eine wahrscheinlichere Ursache in ihrem Blut, das, da es bey so einfachen Nahrungsmitteln reiner sey, auch weniger überflüssigen Stoff hervorbringe, wovon das Unsrige, das gröbere Bestandtheile habe, einen so grossen Ueberfluss darbiete. Ueberdiess mache sie dieselbe Einfachheit ihrer Nahrungsmittel auch so leicht zu Fusse und zum Laufen geschickt; und sie würden schwerfälliger, so bald sie sich der Unsrigen bedienen.

*) Die Wahrheit dieses angeblichen Faktums angenommen (die noch sehr zu bezweifeln seyn möchte) ist doch die Erklärung desselben, die der Verfasser gibt, ganz unbefriedigend. Nahrungsmittel allein können keineswegs der Grund eines behaarten oder nicht behaarten Körpers seyn! Eben so wenig Tabakrauchen.

Esquimaux

Die Esquimaux sind fast die einzige Völkerschaft in Amerika, welche Bart hat. Sie haben ihn bis an die Augen, und so dick, dass man Mühe hat, einige Züge ihres Gesichts zu entdecken. Sie haben übrigens gewissermassen ein scheusliches Ansehn; kleine entstellte Augen, breite, schmutzige Zähne, in der Regel schwarzes, bisweilen blondes Haar, und in ihrem ganzen Aeusseren rohe Thierheit *).

*) Die Esquimaux sind das nördlichste Volk in Nordamerika; ihr Körper ist bey dem äusserst strengen Klima, das sein Wachsthum hindert, und den zur Beschützung gegen dasselbe von der Natur in den menschlichen Körper gelegten Keim von Haaren entwickelt, von der kleinsten Statur und behaart.

Otahiten

Die Bewohner der Insel Otahiti, oder die Otaheiten lassen sich nach Bougainville's Bericht den untern Theil des Barts wachsen, aber sie haben alle einen Knebelbart und rasirten Backenbart. Alle haben die Gewohnheit, sich die Haare des Kopfs und Barts mit Oel von Cokosbaum zu salben **).

**) Cooks und Forsters Nachrichten über die Otaheiter sind weit belehrender und detaillirter.