William Seward Burroughs

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William Seward Burroughs

country US.gif US-amerikanischer Schriftsteller ; geboren am 5. Februar 1914 in St. Louis (Missouri, USA), gestorben am 2. August 1997 in Lawrence (Kansas, USA)

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William S. Burroughs gilt heutzutage als "Schriftsteller, Essayist, Sozialphilosoph und Künstler" - für seine Karriere mindestens ebenso wichtig sind jedoch seine vorangehenden Tätigkeiten als Kammerjäger, Kleinkrimineller und Drogenhändler.

Biografie

William Seward Burroughs wurde nach seinem Grossvater, dem Gründer der Burroughs Adding Machine Company benannt, aus der später die Burroughs Corporation hervorging. Zur Unterscheidung schrieb der Enkel sich William S. Burroughs.

William S. Burroughs' Vater Mortimer Perry Burroughs besass einen Antik- und Geschenkladen in St. Louis (Missouri, USA) und später in Palm Beach (Florida, USA). Seine Mutter Laura Hammon Lee (1888-1970) war die Tochter eines Pfarrers, dessen Familie vom Bürgerkriegsgeneral Robert Edward Lee abstammte.

Burroughs besuchte die John Burroughs School in St. Louis und die Los Alamos Ranch School in Los Alamaos (New Mexico, USA). Dort entdeckte er seine homosexuellen Neigungen und beschrieb diese in seinen später vernichteten Tagebüchern. Seine sexuelle Orientierung verbarg er bis ins Erwachsenenalter vor seiner Umwelt. Zusammen mit einigen Mitschülern nahm er das Schlafmittel Chloralhydrat und wurde dabei erwischt, worauf er Los Alamos verlassen musste und die High School in St. Louis an der Taylor School beenden musste. Ab 1932 besuchte er die Harvard University, wo er unter anderem bei Alfred Korzybski Allgemeine Semantik und Medizin studierte. Er graduierte 1936. In New York kam er zum ersten Mal mit der schwulen Subkultur in Berührung und erkundete zusammen mit Richard Stern die damaligen Schwulenbars von Harlem und Greenwich Village. Daneben entwickelte er eine Faszination für Feuerwaffen und Selbstverteidigung - aus Versehen erschoss er einmal beinahe seinen Freund Stern.

Nach Harvard reiste Burroughs durch Europa, wo er die homosexuelle Subkultur und Künstlerszene kennenlernte, vor allem in Österreich. Dort traf er auch die vor den Nationalsozialisten geflohene Jüdin Ilse Klapper. Sie hatten zwar keine Liebesbeziehung, dennoch heirateten sie in Kroatien, damit Klapper ein Visum für die USA bekam. Später in den USA liessen sie sich wieder scheiden, blieben aber noch lange Jahre befreundet.

Anschliessend schrieb sich Burroughs in Harvard für ein Aufbaustudium der Anthropologie ein. Für kurze Zeit studierte er auch an der medizinischen Fakultät der Universität Wien. 1941 wollte die US-amerikanische Armee Burroughs einziehen, aus psychischen Gründen wurde er jedoch ausgemustert. Er ging daraufhin nach New York und traf dort seine späteren Freunde Allen Ginsberg und Jack Kerouac, die später als Autoren der "Beat Generation bekannt wurden.

Im Prolog seines ersten Romans Junky fasste Burroughs seine Universitätserfahrungen zusammen: "I hated the university and I hated the town it was in. Everything about the place was dead. The university was a fake English setup taken over by the graduates of fake English public schools." Für soviel Hass hielt er es aber dennoch ganz schön lange in Harvard aus.

Seit 1944 lebte Burroughs mit Joan Vollmer Adams in einem New Yorker Apartment, das sie mit Kerouac und dessen erster Frau Edie Parker teilten. Vollmer Adams war mit einem Soldaten verheiratet und hatte auch eine kleine Tochter mit ihm, Julie Adams. Weil sie einen Mord nicht angezeigt hatten, kamen Kerouac und Burroughs mit dem Gesetz in Konflikt. Burroughs wurde süchtig nach Morphium und begann im Greenwich Village mit Heroin zu dealen, um seine Sucht zu finanzieren. Auch Vollmer wurde schliesslich drogenabhängig, liess sich 1945 scheiden und heiratete 1946 Burroughs. Nachdem er einige Zeit bei seinen Eltern verbracht hatte, kehrte er nach New York zurück, holte Vollmer aus der psychiatrischen Abteilung des Bellevue Hospital und zog mit ihr und ihrer Tochter auf eine Farm in Texas. Dort wurde 1947 ihr gemeinsamer Sohn, William S. Burroughs jr. geboren. Auf seiner Farm baute Burroughs Marihuana an. Die Polizei erfuhr davon, als sie einen Brief von ihm an Ginsberg abfing, in dem Burroughs von einer Lieferung sprach. Um einer Gefängnisstrafe zu entgehen, floh die Familie nach Mexiko, mit dem Plan, dort fünf Jahre zu bleiben, bis die Straftaten verjährt waren.

Am 6. September 1951 erschoss Burroughs in Mexiko-Stadt aus Versehen seine Frau, als er im Zustand der Trunkenheit die Apfelszene aus Schillers Drama Wilhelm Tell nachstellen wollte. In der daraufhin eingeleiteten Untersuchung wurde die Tat als Unfall beurteilt, Burroughs musste nur vierzehn Tage im Gefängnis verbringen und Mexiko 1952 verlassen. Vollmers Tochter kam zu ihrer Grossmutter und Burroughs Sohn zu den Eltern nach St. Louis. Burroughs' Sohn war bei dem Unfall Augenzeuge gewesen, und nachdem er später ebenfalls Schriftsteller geworden war, verarbeitete er dieses Erlebnis in seinen Werken.

Nach Vollmers Tod reiste Burroughs sechs Monate durch Kolumbien, Ecuador und Peru, auf der Suche nach einer magischen Droge names "Yage", die später als Ayahuasca identifiziert wurde. Er erhoffte sich damit seine Abhängigkeit von Opiaten zu lindern, aber auch neue spirituelle Erfahrungen. Während dieser Zeit schrieb er zwei Romane: In Junky (1953) behandelte er seine Heroin-Abhängigkeit und in Queer (1985) seine Homosexualität. Seine Korrespondenz mit Ginsberg während seiner Suche nach Yage fasste er später in The Yage letters (1963) zusammen.

Von Südamerika aus reiste Burroughs nach Europa, auch nach London, wo er mit Hilfe des Arztes John Dent seine Sucht bekämpfte, nach Paris, wo er im Beat Hotel seine Zettelsammlung für Naked lunch begann, und nach Tanger, damals internationale Zone (heute Marokko). Seine Materialsammlung bezeichnete er erst als The word hoard, zusammen mit Ginsberg und Kerouac editierte er die einzelnen Episoden schliesslich zum Roman Naked lunch. Der Rest der Schriften wurde später zur "Nova-Trilogie": The soft machine (1961), The ticket that exploded und Nova Express (1964).

Anders als die vorherigen Romane war die "Nova-Trilogie" in "cut-up-Technik" geschrieben ("cut-up", US-amerikanisches Englisch für "Schnipsel, Notizzettel"). Dabei wurden Manuskriptseiten nach bestimmten Systemen oder ganz ohne Plan in kleine Zettel zerschnitten und neu angeordnet. Daraus entstand eine assoziative Erzählstruktur, die Burroughs in späteren Romanen weiterentwickelte. Der Leser soll so an einer beliebigen Stelle des Buchs zu lesen beginnen können. Durch die cut-up-Technik und den beliebigen Einstieg in das Werk interpretiert jeder Leser den Roman anders und hat eine andere Perspektive auf den erzählerischen Fortgang. Deutschsprachigen Autoren wie Carl Weissner und Jürgen Ploog war er mit seinem cut-up-Stil ein Vorbild.

Das Buch Naked lunch erschien 1959 und wurde sofort Teil der aufkeimenden Gegenkultur der 1960er Jahre. In mehreren US-Bundesstaaten wurde die Veröffentlichung untersagt. Massachusetts begann mit dem Verbot wegen Obszönitäten, wie dem im Roman beschriebenen Stahldildo (der namensgebend für die 1972 gegründete Rockband Steely Dan war). Allerdings urteilte der Oberste Gerichtshof von Massachusetts 1966, das Buch Naked lunch sei nicht obszön. David Cronenberg verarbeitete die Entstehung des Romans in seinem Film Naked lunch (1991).

In den frühen 1960er Jahren siedelte Burroughs nach London über, wo er für kleine Untergrundmagazine schrieb. Daneben arbeitete er an einem Manuskript, das später in zwei Teilen als The wild boys (1970) und Port of Saints (1975) erschien. Daneben stand er in Kontakt mit den gleichgesinnten Schriftstellern Alexander Trocchi und Jeff Nuttall.

1971 veröffentlichte er Electronic revolution, eine Mischung aus Fakten, Fiktion und Voraussagen über die künftigen Auswirkungen der Entwicklung der Elektronik auf die Gesellschaft. Obwohl der Text nicht auf Digitaltechnik eingeht, gilt er vielen Literaturkritikern als ein Hinweis auf die rund zehn Jahre danach einsetzende "digitale Revolution". In diesem Buch erwähnte Burroughs Scientology und wurde später kurzzeitig auch Mitglied der Organisation. Seine fortwährende Kritik und eine Rezension des Buchs Inside Scientology von Robert Kaufman führte zu einer brieflichen Auseinandersetzung von Burroughs mit Scientologen, die im US-amerikanischen Magazin Rolling Stone veröffentlicht wurde.

Burroughs-Titel standen Pate für verschiedene Bandnamen (Soft Machine, Naked Lunch, 23 Skidoo, Mugwumps), Liedertitel und je nach Ansicht sogar eine ganze Musikrichtung (Heavy Metal). Über Allen Ginsberg fand Burroughs am New York City College eine Anstellung als Lehrer für kreatives Schreiben. So kam er ab Mitte der 1970er Jahre in Kontakt mit Andy Warhol, Patti Smith, Susan Sontag, Debbie Harry, Dennis Hopper, Terry Southern und Mick Jagger.

In den 1980er und 1990er Jahren wurde Burroughs zu einer Ikone der Popkultur. Eine Reihe bekannter Künstler vhauptsächlich aus der New Yorker Szene, nannten Burroughs als wichtige Inspiration. Er arbeitete unter anderem mit Laurie Anderson und erschien in Filmen wie Gus van Sants Drugstore cowboy (1989). 1990 entstand aus der Zusammenarbeit mit dem Regisseur Robert Wilson und dem Musiker Tom Waits das Theaterstück The black rider, das am 31. März 1990 im Thalia-Theater in Hamburg uraufgeführt und in den folgenden Jahren an vielen europäischen und US-amerikanischen Bühnen gespielt wurde.

Während dieser Jahre trat Burroughs zudem mit Lesungen auf, bei denen er mit seiner tiefen Stimme und langsamen, programmatischen Sätzen ein altes und neues Publikum erreichte. Es entstanden viele Tonaufzeichnungen seiner Werke und Gespräche. Auch arbeitete er mit dem Rockmusiker Kurt Cobain zusammen, der zu seinem Werk The Priest they called him Gitarre spielte.

Im hohen Alter lebte William S. Burroughs in Lawrence (Kansas, USA). Er nahm an einem Methadon-Programm teil und widmete sich liebevoll seinen Katzen. Er starb 83-jährig am 2. August 1997 in seinem Haus an den Folgen eines Herzinfarkts.