Werner Thomas: Unterschied zwischen den Versionen

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{{country1|CH}} Schweizer Komponist ; geboren um 1931
 
{{country1|CH}} Schweizer Komponist ; geboren um 1931
  
<b>Werner Thomas</b> war der Sohn eines Coiffeurs und einer Wirtin. Die Mutter wirtete in Berg (Thurgau, Schweiz), zuerst im "schöntal", dann im "Frohheim" an der Hauptstrasse 41. Der Bub half bei beidem aus, beim Haareschneiden und in der Gaststube. Schliesslich wurde er Handharmonikalehrer, könnte jedoh seine eigenen Schüler bald nicht mehr ausstehen. So begann er Anfang der 1950er Jahre dürchs Zürcher Niederdorf zu tingeln und ging für 18 Franken pro Nacht von Tisch zu Tisch. Nach Feierabend, gegen Morgen, improvisierte er mit [[Hazy Osterwald]] und den [[Geschwistern Schmid]] im Restaurant "Kindli", und immer hatte einer eine Flasche Schnaps dabei. "Schöne Zeiten waren das."
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<b>Werner Thomas</b> war der Sohn eines Coiffeurs und einer Wirtin. Die Mutter wirtete in Berg (Thurgau, Schweiz), zuerst im "schöntal", dann im "Frohheim" an der Hauptstrasse 41. Der Bub half bei beidem aus, beim Haareschneiden und in der Gaststube. Als 10-jähriger litt er an Knochentuberkulose, die jedoch zuerst falsch behandelt wurde, sodass ihm ein Arzt das kranke Knie heraussägen musste. Seither war sein rechtes Bein steif und 17 Zentimeter kürzer als das andere. Schliesslich wurde Thomas Handorgellehrer, konnte jedoch seine eigenen Schüler bald nicht mehr ausstehen. So begann er Anfang der 1950er Jahre durchs Zürcher Niederdorf zu tingeln und ging für 18 Franken pro Nacht von Tisch zu Tisch. Nach Feierabend, gegen Morgen, improvisierte er mit [[Hazy Osterwald]] und den [[Geschwistern Schmid]] im Restaurant "Kindli", und immer hatte einer eine Flasche Schnaps dabei. "Schöne Zeiten waren das."
  
1957 fiel ihm eine lüpfige Tonfolge ein, die er "Vogerltanz" nannte und begann an ihr zu feilen. Schliesslich erschien das Lied 1973 erstmals unter dem Titel "Tchip tchip" auf Schallplatte. Seither hat diese sich in 370 Versionen in 42 Ländern über 40 Millionen Mal verkauft. IN Deutschland wurde das Lied auch als "Ententanz" bekannt.
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1957 fiel ihm eine lüpfige Tonfolge ein, die er "Vogerltanz" nannte und begann an ihr zu feilen. Dann heiratet Thomas die Serviertochter Maria und zieht mit ihr nach Klosters (Graubünden, Schweiz). "Ich musste einen Eisenbahnwagen Kartoffelsäcke, 50 Kilo der Sack, zehn Tonnen im Ganzen, auf einen Lastwagen umladen, allein." Invalidenrente? "Hab ich nie bezogen. Erst mit 63 bekam ich die." Irgendwann springt er im "Cava Grischa" in Davos als Tanzmusikant ein, wird vom Fleck weg engagiert und ist bald der beliebteste Handorgelspieler am Ort. Dann machte er die Taxiprüfung, schliesslich die Wirteprüfung. 1963 übernimmt er das "Rössli", spielt jede Nacht im eigenen Dancing auf, "immer am zäh vor", seine Melodie: Taba-däbädä, bä-räm: um zehn vor neun, vor zehn, vor elf, vor Mitternacht, vor eins, vor zwei. "Die Leute konnten nicht genug bekommen."
  
[[Cash and Carry]]
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1973 verbrachte Louis van Rijmenant, der Chef des belgischen Plattenlabels Intervox, die Skiferien in Davos. Er fliegt auf den "Ententanz". Thomas händigt ihm das Notenblatt aus und hat schon nach ein paar Tagen die Schallplatte im Briefkasten. Er ist entsetzt: "Dä huere Säich!" Van Rijmenant spielte die Akkordeonmelodie über einen Synthesizer, erfand den Gruppennamen [[Cash and Carry]] und taufte das Liedlein "Tchip tchip". Thomas fand es "schaurig, was der aus meinem Stück gemacht hat." Doch bereits nach einem Monat sind 100'000 Singles verkauft, Thomas erhält in Antwerpen eine Goldene Schallplatte - und ist mit dem "huere Säich" versöhnt. Der umtriebige Rijmenant liess sich derweil als "Monsieur Ententanz" feiern.
  
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Von da an hätte Thomas nicht mehr zu arbeiten brauchen. Doch der zweifache Vater handorgelte weiter, über Mittag auf dem Jakobshorn für die Skifahrer, nachts im "Sunstar Park" zum Après-Ski. Den albernen Tanz zum albernen Lied erfand Thomas selbst, indem er den Tanzenden auf die Füsse und aufs Maul schaute. Er selber textete damals zu seiner Melodie etwas derbe Verse: "Nimm ihn kräftig in den Mund, ja dann wird er wieder rund - da hilft nur eins, und das ist Blasen."
http://www.hitparade.ch/showitem.asp?interpret=Electronica's&titel=Dance+Little+Bird&cat=s
 
  
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Seither verkaufte sich das Lied in 370 Versionen in 42 Ländern über 40 Millionen Mal. Dem Komponisten fielen pro Tonträger 3 bis 15 Rappen zu. In den Niederlanden wurde das Lied als "De Vogeltjesdans" bekannt, in Deutschland als "Ententanz", in Finnland als "Kuminauha Twist", in den USA als "Chicken dance" und in Italien sang Romina Power das Lied "Il ballo di qua qua" auf Platz 1 der Hitparade. Fred Sonnenschein (alias [[Frank Zander]]) In Deutschland sein "Ja, wenn wir alle Englein wären".
  
 
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Zwar notierte Thomas auch später noch jede Melodie, die ihm einfiel, und komponierte so über 300 Polkas und Schottisch, doch "keiner will sie hören." Oft bot er Rijmenant neue Stücke an. "Er sagte stets: 'Nein, wir machen nur den einen. Das gibt einen Evergreen, der kommt alle sieben Jahre wieder.'" Das war untertrieben. Als der 75-jährige gefragt wurde, ob ihm der Hit nie verleidet sei: "I wär jo blöd! Hab jedes Mal den Plausch, wenn ich ihn höre, weil ich weiss: Das gibt Geld. Geld stinkt nie, wäisch."
Thomas heiratete die Serviertochter Maria, zog ins Bündnerland. Er fingert an einem Zettel rum, «Hab mirs aufgeschrieben, damit ich kein Durcheinander mache», macht dann doch eines, gerät vom Hundertsten ins Tausendste, erzählt vom ersten Arbeitstag in Klosters, als wärs gestern gewesen: «Ich musste einen Eisenbahnwagen Kartoffelsäcke, 50 Kilo der Sack, zehn Tonnen im Ganzen, auf einen Lastwagen umladen, allein.» Dabei ist er invalid: Als Zehnjähriger litt er an Knochentuberkulose. Die wurde zunächst falsch behandelt, und als es dann zu spät war, musste ein Arzt in Bern das kranke Knie heraussägen. Seither ist sein rechtes Bein steif und 17 Zentimeter kürzer als das andere. Aber IV? «Hab ich nie bezogen. Erst mit 63 bekam ich die.» Ein Krampfer, einer, den das Leben lehrte zu kämpfen. Wenn er von sich spricht, sagt er nie ich, sondern du, er nimmt sich zurück und ist doch trotzig stolz. «Du musstest schauen, dass du über die Runden kamst.»
 
 
 
Die Plackerei im Bündnerland war hart. Dann, eines Frühlings, «oder wars im Oktober? », sprang er im Davoser «Cava Grischa» als Tanzmusikant ein, wurde vom Fleck weg engagiert und war bald der beliebteste Örgeler am Ort. Taxiprüfung, Wirteprüfung. 1963 übernimmt er das «Rössli», spielt im eigenen Dancing auf, dudelt Nacht für Nacht, «immer am zäh vor», sein Taba-däbädä, bä-räm: um zehn vor neun, vor zehn, vor elf, vor Mitternacht, vor eins, vor zwei. «Die Leute konnten nicht genug bekommen.»
 
 
 
Louis van Rijmenant auch nicht. 1973 verbringt der Chef des belgischen Plattenlabels Intervox die Skiferien in Davos. Er fliegt auf den «Ententanz». Thomas händigt ihm das Notenblatt aus, hat schon nach ein paar Tagen die Platte im Briefkasten. Und ist entsetzt: «Dä huere Säich!» Van Rijmenant hat die Melodie, die Thomas fürs Akkordeon ersann, einem quäkenden Synthesizer gefüttert, den Bandnamen Cash & Carry erfunden und das Liedlein «Tchip Tchip» getauft. «Schaurig, was der aus meinem Stück gemacht hat.» Nach einem Monat sind 100'000 Singles verkauft, Thomas erhält in Antwerpen eine Goldene Schallplatte – und ist mit dem huere Säich versöhnt.
 
 
 
Von da an hätte er nie mehr zu arbeiten brauchen. Doch der zweifache Vater handorgelt weiter, über Mittag auf dem Jakobshorn für die Skifahrer, nachts im «Sunstar Park» zum Après-Ski. Taba-däbä-dä, bä-räm – das alberne Tänzchen dazu erfindet Thomas selbst. Er hat dem Tanzvolk auf die Füsse geschaut. Und aufs Maul. Man merkt ihm den Beizer an, den Alleinunterhalter, spontan, gesellig, rau. Er duzt jeden, wird beim zweiten Bier kumpelhaft, beim dritten derb. Und singt vor, was er einst selber aufs Tabadäbä- dä textete: «Nimm ihn kräftig in den Mund, ja dann wird er wieder rund – da hilft nur eins, und das ist Blasen.»
 
 
 
Finnland tanzt den «Kuminauha Twist», Amerika den «Chicken Dance», in Italien sang Romina Power «Il ballo di qua qua» auf Rang eins, Fred Sonnenschein sein «Ja, wenn wir alle Englein wären» in Deutschland.
 
 
 
Viele Coverversionen sind gut fürs Portemonnaie. Dem Komponisten fallen pro Tonträger 3 bis 15 Rappen zu. Bestenfalls vier Millionen Franken hat Thomas, der sich über den genauen Betrag ausschweigt, über all die Jahre aus den Plattenverkäufen verdient. «Millionär bin ich nicht», sagt er. «Aber es gibt einen schönen Jahreslohn.»
 
 
 
Dass der flinke Rijmenant sich als «Monsieur Ententanz» feiern liess, bringt Thomas nicht aus der Ruhe. «Mir war der Rummel sowieso zu viel.» Ein belgischer Anwalt vermarktet den Song seit Rijmenants Tod. Ob Thomas das Geld erhält, das ihm zusteht, weil «De Vogeltjesdans» in Holland ein begehrter Klingelton ist? «Chasch nöd kontrolliere », raunt er nur. «Mir gehts so gut, wenn mich einer um ein paar Franken reinlegt, ist das doch schnuppe.»
 
 
 
Fällt ihm unterwegs im Mercedes A160 eine Melodie ein, hält er an und notiert sie. «Susch isch si weg.» Über 300 Polkas und Schottisch hat er komponiert, «und keiner will sie hören». Oft bot er Rijmenant neue Stücke an. «Er sagte stets: ‹Nein, wir machen nur den einen. Das gibt einen Evergreen, der kommt alle sieben Jahre wieder.›» Das war untertrieben.
 
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Um 1990 zog der Asthmatiker mit seiner Frau wegen des Klimas in die Nähe von Locarno (Tessin, Schweiz).
 
Um 1990 zog der Asthmatiker mit seiner Frau wegen des Klimas in die Nähe von Locarno (Tessin, Schweiz).
 
Als der 75-jährige gefragt wurde, ob ihm der Hit nie verleidet sei: "I wär jo blöd! Hab jedes Mal den Plausch, wenn ich ihn höre, weil ich weiss: Das gibt Geld. Geld stinkt nie, wäisch." Er und seine Frau lebten von den Tantiemen dieses Lieds.
 
  
 
== Weblinks ==
 
== Weblinks ==

Version vom 16. Januar 2010, 14:31 Uhr

country CH.gif Schweizer Komponist ; geboren um 1931

Werner Thomas war der Sohn eines Coiffeurs und einer Wirtin. Die Mutter wirtete in Berg (Thurgau, Schweiz), zuerst im "schöntal", dann im "Frohheim" an der Hauptstrasse 41. Der Bub half bei beidem aus, beim Haareschneiden und in der Gaststube. Als 10-jähriger litt er an Knochentuberkulose, die jedoch zuerst falsch behandelt wurde, sodass ihm ein Arzt das kranke Knie heraussägen musste. Seither war sein rechtes Bein steif und 17 Zentimeter kürzer als das andere. Schliesslich wurde Thomas Handorgellehrer, konnte jedoch seine eigenen Schüler bald nicht mehr ausstehen. So begann er Anfang der 1950er Jahre durchs Zürcher Niederdorf zu tingeln und ging für 18 Franken pro Nacht von Tisch zu Tisch. Nach Feierabend, gegen Morgen, improvisierte er mit Hazy Osterwald und den Geschwistern Schmid im Restaurant "Kindli", und immer hatte einer eine Flasche Schnaps dabei. "Schöne Zeiten waren das."

1957 fiel ihm eine lüpfige Tonfolge ein, die er "Vogerltanz" nannte und begann an ihr zu feilen. Dann heiratet Thomas die Serviertochter Maria und zieht mit ihr nach Klosters (Graubünden, Schweiz). "Ich musste einen Eisenbahnwagen Kartoffelsäcke, 50 Kilo der Sack, zehn Tonnen im Ganzen, auf einen Lastwagen umladen, allein." Invalidenrente? "Hab ich nie bezogen. Erst mit 63 bekam ich die." Irgendwann springt er im "Cava Grischa" in Davos als Tanzmusikant ein, wird vom Fleck weg engagiert und ist bald der beliebteste Handorgelspieler am Ort. Dann machte er die Taxiprüfung, schliesslich die Wirteprüfung. 1963 übernimmt er das "Rössli", spielt jede Nacht im eigenen Dancing auf, "immer am zäh vor", seine Melodie: Taba-däbädä, bä-räm: um zehn vor neun, vor zehn, vor elf, vor Mitternacht, vor eins, vor zwei. "Die Leute konnten nicht genug bekommen."

1973 verbrachte Louis van Rijmenant, der Chef des belgischen Plattenlabels Intervox, die Skiferien in Davos. Er fliegt auf den "Ententanz". Thomas händigt ihm das Notenblatt aus und hat schon nach ein paar Tagen die Schallplatte im Briefkasten. Er ist entsetzt: "Dä huere Säich!" Van Rijmenant spielte die Akkordeonmelodie über einen Synthesizer, erfand den Gruppennamen Cash and Carry und taufte das Liedlein "Tchip tchip". Thomas fand es "schaurig, was der aus meinem Stück gemacht hat." Doch bereits nach einem Monat sind 100'000 Singles verkauft, Thomas erhält in Antwerpen eine Goldene Schallplatte - und ist mit dem "huere Säich" versöhnt. Der umtriebige Rijmenant liess sich derweil als "Monsieur Ententanz" feiern.

Von da an hätte Thomas nicht mehr zu arbeiten brauchen. Doch der zweifache Vater handorgelte weiter, über Mittag auf dem Jakobshorn für die Skifahrer, nachts im "Sunstar Park" zum Après-Ski. Den albernen Tanz zum albernen Lied erfand Thomas selbst, indem er den Tanzenden auf die Füsse und aufs Maul schaute. Er selber textete damals zu seiner Melodie etwas derbe Verse: "Nimm ihn kräftig in den Mund, ja dann wird er wieder rund - da hilft nur eins, und das ist Blasen."

Seither verkaufte sich das Lied in 370 Versionen in 42 Ländern über 40 Millionen Mal. Dem Komponisten fielen pro Tonträger 3 bis 15 Rappen zu. In den Niederlanden wurde das Lied als "De Vogeltjesdans" bekannt, in Deutschland als "Ententanz", in Finnland als "Kuminauha Twist", in den USA als "Chicken dance" und in Italien sang Romina Power das Lied "Il ballo di qua qua" auf Platz 1 der Hitparade. Fred Sonnenschein (alias Frank Zander) In Deutschland sein "Ja, wenn wir alle Englein wären".

Zwar notierte Thomas auch später noch jede Melodie, die ihm einfiel, und komponierte so über 300 Polkas und Schottisch, doch "keiner will sie hören." Oft bot er Rijmenant neue Stücke an. "Er sagte stets: 'Nein, wir machen nur den einen. Das gibt einen Evergreen, der kommt alle sieben Jahre wieder.'" Das war untertrieben. Als der 75-jährige gefragt wurde, ob ihm der Hit nie verleidet sei: "I wär jo blöd! Hab jedes Mal den Plausch, wenn ich ihn höre, weil ich weiss: Das gibt Geld. Geld stinkt nie, wäisch."

Um 1990 zog der Asthmatiker mit seiner Frau wegen des Klimas in die Nähe von Locarno (Tessin, Schweiz).

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