Text "Was macht eigentlich...? (Die 80er sind zurück und die Helden von damals, zum Beispiel Peter Behrens)" ()

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Autor
Texttitel Was macht eigentlich...?
Untertitel Die 80er sind zurück und die Helden von damals, zum Beispiel Peter Behrens
Sprache Deutsch
Textform
Veröffentlichung 2003 Campusszene

Text

Was macht eigentlich...? (Die 80er sind zurück und die Helden von damals, zum Beispiel Peter Behrens)

Im Gleis spielten im Dezember 2002 zwei Bands. An sich nichts Neues, denn seit 15 Jahren geben dort Bands jedweder Couleur sich im "Gleis 22" ein musikalisches Stelldichein. Diesmal reicht die Palette von "knackigem Rock'n'Roll", wie der Schlagzeuger der Radiation Kings verlauten liess, und lockerem 70s-Retro-Style, dargeboten von der anderen Band, "The Blondes".

Doch eine Person, die die Radiation Kings mitgebracht haben, sorgt für einen Schritt zurück in die 80er, jener Zeit, die nicht nur musikalisch fröhliche Urständ feiert.

Von Peter Behrens ist die Rede. Naja, gut, werden einige sagen, netter Name, doch sagt mir nix! Wenn man jedoch seine Band nennt, dann erinnert man sich sofort - auch an den prägnanten Titel der Jungs, der sie schlagartig berühmt machte: Trio und "Da da da".

Peter stand stets hinter dem Drumkit und sorgte mit roten Hosenträgern, einer kecken Tolle auf dem Haupt, Apfel essend und mit nur einem Gesichtsausdruck, der nicht von ungefähr an Buster Keaton erinnerte, für das Bühnenbonmot. Zusammen mit Stephan Remmler und Kralle Krahwinkel [sic] erspielte er sich mit minimalistischen Mitteln (Schlagzeug, Gitarre, Gesang und gelegentlich Casio-Keyboard) eine enorme Fangemeinde - sogar 1993 nochmal in den USA, wo "Da da da" in einem Werbespot lief und Trio wieder up to date waren. Doch leider gibt's die Combo nicht mehr. Von Streit anno 83 war die Rede, von Reunion-Plänen, aber... fragen wir doch Peter Behrens mal selbst. Denn der will erzählen, war er doch bei Trio stets der stumme Mann im Hintergrund.

Dass er heute abend zusammen mit den Radiation Kings ein Set von alten Trio-Klassikern wie "Kummer" bis "Los Paul" spielt, hat nichts mit "auf den Zug des 80er Revivals" aufspringen zu tun, wie er versichert: "Es ist einfach ein Spass, es war eine geile, lustige Zeit damals und ich will nicht aus dem Rhythmus kommen, ich brauch' einfach Bühne und Publikum. Es ist schliesslich auch ein gutes Training."

Und um eines klarzustellen: Trio hat mit NDW nichts zutun. "NDW ist sonne Schublade, die von der Musikindustrie kreiert wurde, wo man reingreifen und sich bedienen kann," sagt Behrens. "Wir waren die NDF - neue deutsche Fröhlichkeit, denn mit Leuten wie Nena oder so hatten wir nichts am Hut." Zur NDF zählt er auch die "Handwerker" der Bewegung, die ihre Instrumente wirklich beherrschen wie Extrabreit, Ideal oder Spider Murphy Gang.

So recht kann er sich nicht mit dem Wiederbeleben der damaligen Epoche anfreunden. Schließlich stand Trio unlängst selber mal vor eine Reunion - angeregt von den Toten Hosen, denn Campino sei ein grosser Fan. So offerierte das Hosen-Mangement ein lukratives Angebot und lud die drei nach Düsseldorf ein. Lange habe man überlegt, es habe sogar "gedankliche Proben" gegeben. Doch schliesslich habe man sich gedacht: "Erkennungsmerkmale von damals oder was Neues? Ehrlich gesagt, wir wollten nicht unser Denkmal anpissen, und ausserdem fehlte der nötige Biss von damals. Das war seinerzeit eine Band, die genau in ihre Zeit passte." Man sieht ihm an, dass der gelernte Clown, der die Zirkusschule an der Comedia dell arte absolvierte, nicht wirklich Lust daran hat, wieder in die alte Rolle und die alten roten Hosenträger zu schlüpfen. Dann lieber mit weissen Hosenträgern, schwarzem Hemd und sitzend hinter'm Schlagwerk. "Mal ab und an ein bisschen die Erinnerung wach halten", wie er es mit seiner Hausband AMP zwischen Rock und Popcoversongs auf diversen Festen oben im Norden tut.

Den schleichenden, musikalischen Tod sah Behrens schon, als man vom Minimalismus in die Bombastabteilung wechselte, wie etwa bei "Herz ist Trumpf".

Aus der Musiker-WG in Grosskneten [sic] war ein Chart-Act geworden. Englische Versionen von Trio-Klassikern gab es und sogar einen Film: Drei gegen drei. War der Filmtitel etwa ein Omen? Peter Behrens war bei den Arbeiten der zeitgleichen Platte nicht mehr beteiligt. Der Presse schwante, dass es Streit zwischen den dreien gab, weil Behrens einen grösseren finanziellen Anteil haben wollte. Peter Behrens winkt heute ab: "Ich sass zu der Zeit, als die beiden an der Scheibe gearbeitet haben, wegen zu schnellen Fahrens im Knast." Und Streit? Aussprachen gab's, aber keinen Streit. Er hat heute noch zu Gitarrist "Kralle" Kontakt, der in Südspanien lebt. "Das muss man sich so vorstellen, wenn wir telefonieren. Kralle ruft an und sagt: "Kotz, Würg", dann weiss ich wenigstens, dass er noch lebt." Von Remmler, der sich aus dem Musikgeschäft zurückgezogen hat und auf Gran Canaria lebt, hört er nur sporadisch was.

Lediglich ärgert es ihn, dass er damals nicht bei den Tantiemen zugegriffen hat: "Ich war halt mehr für die Bühnenshow zuständig und die anderen haben mich damals etwas über den Tisch gezogen."

1986 kam es zum endgültigen Ende der Band: "Die Luft war einfach raus. Nach sieben Jahren war dem Konzept nichts Neues mehr abzugewinnen." Remmler, der Charmeur von Trio, war solo erfolgreich (zum Beispiel "Keine Sterne in Athen"), Kralle, der Ökogitarrist, stand bei Ariola unter Vertrag, und Peter machte mit "Auftragsarbeiten" wie etwa "Das Tor" oder die von der Künstlerin sehr geachtete deutsche Fassung eines Suzanne Vega-Klassikers den Plattenmarkt unsicher, bei denen er nicht wirklich Spass gehabt hat. Als Schauspieler war er gefragt - von hoher Kunst wie etwa 1000 Augen (Hans Christoph Blumenberg) bis hin zu Flachsinn wie Manta (Der Film). Als man seinen Typ im Film nicht mehr brauchte, kam dann das, was jeden ereilen kann in der Branche: Alkohol, Frauen und Koks verzockten seine Millionen, somit war ein Paradebeispiel des gefallenen Stars geboren und in der Presse als solches auch herumgereicht. Mit eigener Kraft hievte er sich nach zehn Jahren ganz unten alleine wieder aus dem Aus ("Bin seit drei bis vier Jahren wieder klar in der Birne"). Mittlerweile ist er als Sozialarbeiter tätig und betreut Aidskranke und ging sogar kurzzeitig wieder zurück in seinen erlernten Beruf als Clown und vermass bei Roncalli dem Publikum den Kopf.

Auch musikalisch donnert er wieder los, wie etwa in Münster, wo er 84 schon mit Trio für Furore sorgte. Der 68er-Primarstufenstudent fühlt sich wohl hinter den Trommeln. Da irritiert es ihn auch nicht, dass das Publikum eher spärlich gesät war im Gleis. Immerhin zollten die Zuhörer mit stürmischem Beifall Tribut, und eines wissen sie nach dem fulminanten Konzert: Peter Behrens ist zurück - hoffentlich für recht lange!

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2003 Artikel Was macht eigentlich...?
Die 80er sind zurück und die Helden von damals, zum Beispiel Peter Behrens
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