Rumpelstilz/Biografie

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1969

August: Polo Hofer wird aus dem Gefängnis von Witzwil entlassen (wo er 20 Tage wegen Diebstahls einer Orgel absass) und beginnt wenig später mit den Interlakenern Hanery Amman (Tasteninstrumente) und Sämi Jungen (Bass) in der Gruppe Rumpelstilz gemeinsam Texte auf Schweizerdeutsch zu improvisieren. Einer der ersten Texte ist "El trabajador", die Geschichte von Diego, dem spanischen Gastarbeiter, den Polo auf dem Bau kennengelernt hat. In endlosen Improvisationen suchen die Stilze ihren Stil, unterstützt von ausgiebigem Haschischkonsum. Aber Hanery zieht nicht mit: "Wenn ich Hasch rauche, kann ich nicht mehr richtig spielen." Alkohol mag er auch nicht und geht darum als Teetrinker in die Rumpelstilz-Geschichte ein.

1971

Winter: Rumpelstilz beginnen in Interlaken ernsthaft zu proben - als erstes muss jeweils Hanery aus dem Bett geholt werden, der gern bis in den Nachmittag hinein schläft und dann bis zum Tagesanbruch durcharbeitet. Die Gruppe besteht zu dieser Zeit aus Hanery (Klavier), Polo (Stimme, Texte), Jürg Werren (Gitarre), Sämi Jungen (Bass) und dessen Bruder Hans Jungen (Schlagzeug). Noch vor dem ersten Auftritt muss Hans allerdings einem besseren Schlagzeuger Platz machen: Küre Güdel, der der Gruppe von Daniel "Gipsy Joe" Lohner vermittelt wurde. Jedes der fünf Gruppenmitglieder steht auf andere Musik: Hanery liebt Friends, die neue Platte von Elton John, Jürg Werren orientiert sich an der Santana-LP Abraxas, Polo bevorzugt Little Feat und Bob Dylan, Küres Interesse liegt eher beim Jazz von Tony Williams, Art Blakey und Elvin Jones. Als gemeinsame Liebe kristallisiert sich die Funkjazzgruppe Crusaders heraus. Rumpelstilz bringen abwechselnd englische Covers und eigene Texte wie "Südwind" oder "Chrieg". Gelegentlich taucht im Übungskeller der Sagensammler und Volkskundler Sergius Golowin auf, um zu den improvisierten Themen eigene Texte zu rezitieren. Keine drei Monate nach Güdels Eintritt geht der erste Rumpelstilz-Auftritt im Kellertheater Thun über die Bühne - mit dabei ist Sergius Golowin, der neben eigenen Texten auch Lyrik von Timothy Leary und aus dem "Tibetanischen Totenbuch" vorliest.

1972

Frühjahr: Als Sergius Golowin für einen Sitz im Berner Grossen Rat kandidiert unterstützen Rumpelstilz seinen Wahlkampf. Das gemeinsame Konzert im Thuner Kellertheater ist die Live-Geburtsstunde des Berner Mundartrock.

Juni: Der Interlakner René "Schifer" Schafer (Gitarre) von der progressiven Gruppe Los Popperos stösst zu Rumpelstilz, die sich gerade von Jürg Werren getrennt haben. Schafer ist Fan von Jethro Tull und beeinflusst den Stilz-Sound massgeblich. Anfänglich singt Polo noch in allen Sprachen. Von schwarzer amerikanischer Musik geprägt hat er vorerst noch Mühe, Rockmusik und Dialekt zu verbinden. Aber schon nach einem Jahr ist mehr als die Hälfte der Texte in Berndeutsch, viele Kompositionen von Hanery Ammann. Gruppen-Groove ist Trumpf. Gemeinsames Kiffen auf der Alp oder sonst auf dem Land, LSD-Trips schmeissen, ein wenig proben, ein bis zwei Konzerte pro Monat und fast ohne Geld leben ist das Ideal. Bei Uneinigkeit wird diskutiert, überzeugt, geworben, gewühlt und nochmals darüber geschlafen.

1973

Veröffentlichung der ersten Single Warehuus Blues. Die Auflage von 2'000 Stück wird zum Teil an Konzerten verkauft, 400 Exemplare werden von Hanery's Vater in den Musikboxen der Umgebung plaziert und einige weitere an Radiosender verschickt. Christoph Schwegler von Radio DRS bittet Polo Hofer daraufhin zum Interview. Von Seiten der Plattenfirmen ist allerdings kaum Interesse spürbar. Kurze Zeit später verlässt Sämi Jungen die Band, weil er lieber Gitarre statt Bass spielt und Hanery Ammann geht, weil er nicht mehr an die Gruppe glaubt.

1974

September - Oktober: Rumpelstilz nehmen im Berner Sinus Studio ihre erste Langspielplatte Vogelfuetter auf. In aller Eile werden neue Musiker gesucht und in Urs Wirth (Klavier) und Christian "Süggu" Ramseyer (Bass) gefunden. Produzent für diese wie für sämtliche weiteren Platten von Rumpelstilz und Polo Hofer ist der damals 19jährige Toningenieur Eric Merz aus dem Sinus Studio in Bern. Allerdings hat die Gruppe zu der Zeit noch keinen Plattenvertrag und bringt deshalb erst einmal einige Kassetten-Kopien unters Volk.

(?1975?) Openair mit Rumpelstilz, Lindbergh und Tetragon auf der Spielwiese des Campings "Eichholz". Wieder mit dabei ist Hanery Ammann und der neue Bassist Ronald Gall. Das Openair wird von Radio DRS live übertragen.

1975

Toningenieur Eric Merz gründet Schnoutz Records und ergattert schliesslich einen Plattenvertrag für Rumpelstilz bei der Firma Phonogram aus Schlieren (Zürich). Getragen von einem konzentrierten Radio-Airplay und zahlreichen Konzerten in der ganzen Schweiz wird die erste Rumpelstilz-LP Vogelfuetter 1975 viertausendmal verkauft, was viele vor allem auf das eingängige, oft im Radio gespielte Lied "Muschle" zurückführen, worin die Gruppe ein Melodiefragment des Crystals-Hits "Da doo ron ron" (1963) verbraten hat.

Die nächste Single Plumm Pudding u sy Hammer Band mit ihrem zynischen Text über die englische Glitterrock-Szene festigt den Ruf von Rumpelstilz als freche, respektlose Newcomer-Band.

Rumpelstilz treten am Montreux Jazzfestival von Claude Nobs auf.

1976

Auftritt im Volkshaus in Zürich.

Frühjahr: Die reggaeangehauchte Single Teddybär schafft den Sprung in die Hitparade und verhilft Polo Hofer zum Übernamen "Erotikpopper".

Juli: Rumpelstilz nehmen im Berner Sinus Studio ihre zweite LP Füüf Narre im Charre auf.

Herbst: Noch vor der LP wird die neue Single Kiosk veröffentlicht, eine weitere reggaeangehauchte und von Little Feat's "Dixie chicken" inspirierte Komposition von Hofer, die innert weniger Wochen auf Platz 2 der schweizerischen Hitparade schnellt und Goldstatus erreicht. Das Album Füüf Narre im Charre übertrifft schon nach drei Monaten die Goldmarke von 25'000 verkauften Exemplaren worauf die Plattenfirma Phonogram auf einem Brienzersee-Dampfer eine rauschende Goldparty steigen lässt und Fernsehmoderator Kurt Felix die Gruppe für einen Playback-Auftritt im Teleboy engagiert, wo sie "Kiosk" in einer Neufassung von Max Rüeger ins Mikrofon zu mimen hat. Inspiriert durch die grossen Erfolge des Luzerner Kabarettisten Emil Steinberger in Deutschland, übersetzt Polo Hofer das Lied "Kiosk" auf hochdeutsch. Der Erfolg ist gigantisch: Neben 120'000 verkauften Singles wird das Lied auf verschiedensten Samplern rund eine halbe Million Mal umgesetzt. Höhepunkt von der Deutschland-Konzerte ist 1978 ein Auftritt an der "Funkausstellung Berlin".

Nach dem Erfolg der deutschen "Kiosk"-Version sollen sich die Stilze nach Vorstellung der Plattenfirma für die geplanten Deutschlandkonzerte als richtige Waldgnome zu erkennen geben. Vor allem auf Gitarrist Schifer hat man es abgesehen: er soll eine Zipfelmütze mit Schweizer Kreuz tragen, stellt sich jedoch nach der ersten Fotosession quer. Nachdem sich die hochdeutsche Album-Fassung Fünf Narren im Karren bloss 500 mal verkauft, werden die Deutschland-Pläne vorerst (und später endgültig) auf's Eis gelegt.

1977

Die nächste Rumpelstilz-Single I chume nid los verkauft sich miserabel und auch der zugehörigen LP La dolce vita ergeht es nicht besser. Trotzdem gilt die LP inzwischen vielen als beste Platte von Rumpelstilz.

Im Aufnahmewagen "Dierks Mobil" nimmt Eric Merz drei Rumpelstilz-Auftritte aus dem Basler Atlantis auf.

Der Regisseur Peter von Gunten engagiert Rumpelstilz zwecks Produktion des Soundtracks für seinen Film Kleine frieren auch im Sommer .

1978

31. März 1978: Der deutsche Fernsehsender ZDF sendet im Rahmen der ZDF-Rocknacht ein deutsch-schweizerisches Rockspektakel von der "Funkausstellung Berlin" mit Udo Lindenberg, Jutta Weinhold, Novalis, Rumpelstilz, Wir und einem 30-Minuten-Beitrag der Puhdys, der "Deutsch-Rock-Band Nr. 1" (Hüllentext).

Juni: Rumpelstilz lösen den Vertrag mit Manager Peter Wälti. Das hat zur Folge, dass dieser seine Funktion als Verteiler der SUISA-Gelder los wird. Mit einem Schlag ist die Verteilung zu gleichen Teilen an alle fünf Stilze beseitigt. Fortan verteilt die SUISA die Gelder gemäss den Angaben der Werkanmeldungen. Dies ist besonders im Fall des "Kiosk" fatal, der bei der SUISA als alleinige Komposition (Text und Musik) von Polo Hofer angemeldet ist. Der Erfolg in Deutschland bringt Polo via SUISA einen happigen Betrag ein, den er nicht weiterzuverteilen gewillt ist, worauf sich die Gruppe trennt. Der Kontakt zwischen Polo und seinen ehemaligen Kumpels bleibt fast ein Jahr lang abgebrochen.

Sommer: Das Doppelalbum Fätze vo geschter u jitze, eine Kombination der Live-Aufnahmen aus dem Atlantis und dem Soundtrack zum Film Kleine frieren auch im Sommer, verkauft sich erneut schlecht.

1979

Für ein Konzert im Rahmen des Wahlkampfs ihres Freundes Sergius Golowin für einen Nationalratssitz finden Rumpelstilz im Bierhübeli in Bern noch einmal zusammen. Als Beleuchtung beim Konzert dient eine Neonröhre über der Bühne - zusätzlich dazu leuchten die roten Lichtchen der Verstärker...

1985

Mit dem gemeinsam geschriebenen Lied "Alperose" lebt die Zusammenarbeit von Hanery Ammann und Polo Hofer wieder auf.

1987

In der Besetzung Polo Hofer (Gesang), Hanery Ammann (Tasten), Martin Diem (Gitarre) und Sämi Joss (Bass) treten Rumpelstilz am "Mélange Culture"-Festival auf und produzieren anschliessend die Single Johnny's Club / Musig wos bringt.

1988

Rumpelstilz treten im Berner Kursaal erstmals wieder in Originalformation mit Schifer Schafer und Sämi Jungen auf.

November: Anlässlich der Buchpremiere der Polo Hofer-Biographie Rhythmus und Rausch finden Rumpelstilz erneut zusammen und hegen Revival-Pläne.

1989

14.-15. Januar: Im Aufnahmewagen "Le Mobil" nehmen Eric Merz und Thomas Gfeller drei Rumpelstilz-Konzerte aus dem legendären Anker in Interlaken auf. Nach dem Abmischen im Berner Sinus Studio wird flugs das Label Anker Records gegründet und der Vertrieb schliesslich von Sound Service übernommen.

Das Album Live im Anker plaziert sich innert kürzester Frist auf Platz 2 der Schweizer Hitparade.

  • Winter: Die erfolgreichste Rumpelstilz-Tour überhaupt führt vor ausverkauften Häusern durch die ganze Schweiz.

1992

Rumpelstilz treten in Originalformation am "Gurten Festival" in Bern auf.

2002

31. August: Anlässlich des 30. Geburtstags von Rumpelstilz gibt die Gruppe an der "Expo.02" in Biel ein ausverkauftes Konzert in Originalbesetzung mit Polo Hofer (Stimme), Hanery Amman (Klavier), Schifer Schafer (Gitarre), Sämi Jungen (Bass) und Küre Güdel (Schlagzeug).

2007

Ein Teil der Ausstellung "Jungfrau, Hofer und Ragusa" vom 1. Mai 2007 bis 6. Januar 2008 im Historischen Museum Bern ist Rumpelstilz gewidmet.

2008

28. November: Am Finale der Fernsehsendung Die grössten Schweizer Hits treten Rumpelstilz in Originalbesetzung mit Polo Hofer (Stimme), Hanery Amman (Klavier), Schifer Schafer (Gitarre), Sämi Jungen (Bass) und Küre Güdel (Schlagzeug) auf. Ihr Lied "Kiosk" ist in der Kategorie "Top & Flop" nominiert.

Besetzung

  • 1971: Hanery Amman (keyboards), Polo Hofer (vocals), Hans Jungen (drums), Sämi Jungen (bass), Jürg Werren (guitar)
  • 1971-1972: Hanery Amman (keyboards), Küre Güdel (drums), Polo Hofer (vocals), Sämi Jungen (bass), Jürg Werren (guitar)
  • 1972, 2002: Hanery Amman (keyboards), Küre Güdel (drums), Polo Hofer (vocals), Sämi Jungen (bass), Schifer Schafer (guitar)
  • 1972-1974: Küre Güdel (drums), Polo Hofer (vocals), Schifer Schafer (guitar)
  • 1974-1975: Küre Güdel (drums), Polo Hofer (vocals), Christian Ramseyer (bass), Schifer Schafer (guitar), Urs Wirth (piano)
  • 1975: Hanery Amman (keyboards), Ronald Gall (bass), Küre Güdel (drums), Polo Hofer (vocals), Schifer Schafer (guitar)