Jules Vallès/Biografie

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1832

11. Juni: Louis Jules Vallez wird in Puy-en-Velay (Dep. Haute-Loire, Frankreich) als drittes Kind des Grundschullehrers Jean-Louis Vallez geboren, der ein armes, ungebildetes Landmädchen geheiratet hat und selber aus bäuerlichen Verhältnissen stammt. Von den insgesamt sieben, mit grosser Disziplin und extremer Härte erzogenen Kindern des Ehepaares überleben schliesslich nur zwei.

1839

Eintritt ins Collège royal von Puy.

1840

Eintritt ins Collège royal von Saint-Étienne, wo er von der 7. bis in die 3. Klasse bleibt, und wo sein Vater Grundschullehrer für die 7. Klasse ist.

1845

Eintritt in die 3. Klasse des Collège royal in Nantes, wo sein Vater zum Professor ernannt worden ist.

1847-1848

Jules Vallez besucht die Rhetorik-Klasse am Collège royal, dann am Gymnasium (lycée) von Nantes.

1848

Bei Ausrufung der Zweiten Republik ruft er als 16-jähriger zum Verdruss seines Vaters eine extremistische Bewegung ins Leben, welche die Abschaffung des Reifezeugnisses und sämtlicher Diplome fordert.

September: Er macht er seine erste Reise nach Paris, wo er in der Pension Lemeignan in der Faubourg Saint-Honoré wohnt. Er wird ins Lycée Bonaparte (heute Lycée Condorcet) in die 2. Rhetorik-Klasse aufgenommen.

1850

Er scheitert an der Reifeprüfung (baccalauréat) in Rennes und überwirft sich mit seinem Vater.

  • Oktober: Rückkehr nach Paris, wo er sich auf die École Normale vorbereitet.

Er beginnt sich für die Ideen des Sozialisten Pierre Joseph Proudhon (1809-1865) zu begeistern.

1851

Jules Vallez gehört zu den Anführern des Aufruhrs um die Entlassung Jules Michelets (1798-1874) vom Collège de France.

Nach dem Staatsstreich Louis Napoléon Bonapartes vom 2. Dezember 1851, der in ganz Frankreich zu blutigen Kämpfen führt, ruft Vater Vallez, um seine eigene Lage und vor allem um seinen Lehrerposten besorgt, den kompromittierenden Sohn nach Nantes zurück.

  • 31. Dezember: Jules Vallez wird wegen "geistiger Umnachtung" in die Irrenanstalt von Nantes eingewiesen.

1852

  • Ende Februar: Nachdem seine Freunde aus Nantes mit einem Skandal gedroht haben, bestätigen zwei medizinische Gutachten bestätigen, dass er wieder gesund ist.
  • 2. März: Er wird aus der Irrenanstalt entlassen.
  • Mai: Als 19-jähriger macht er seine Reifeprüfung.

1853

Jules Vallez beginnt in Paris Recht zu studieren. Komplott der Opéra Comique: Jules Vallès und Arthur Ranc werden in Mazas (Prisons de Paris) gefangen gesetzt.

1855

Er ist Sekretär des Literaturkritikers Gustave Planche (1808-1857).

1857

Tod des Vaters.

Sein erstes Buch, L'argent, erscheint ohne Autorenangabe auf Bestellung des Financiers Jules Mirès.

1860

Jules Vallès ist im Rathaus von Vaugirard (Dep. Seine, Frankreich) im Büro für Geburten angestellt. Er trifft Hector Malot.

1862-1863

Er ist "Aufseher" (pion) im Collège von Caen, nachdem er an der Fakultät daran gescheitert ist, das Licence de Lettres zu erwerben.

1863-1864

Rückkehr ins Rathaus von Vaugirard. Grosser Artikel in der Zeitung Le Figaro: "Les réfractaires".

1864-1865

Journalist beim Progrès de Lyon. Er schickt Artikel nach Paris, wo sie bei L'événement und Liberté erscheinen.

1865

Im Salle du Grand Orient in der Rue Cadet findet eine Konferenz über Honoré de Balzac (1799-1850) statt.

Am Rathaus von Vaugirard wird er entlassen.

Journalist bei L'époque.

Sein erstes Buch unter dem Namen Jules Vallès erscheint mit dem Titel Les réfractaires. Es handelt sich um eine Sammlung von Artikeln, die zuerst in der Zeitung Le Figaro erschienen waren. Einleitend schreibt er:

"Meine Refrektären, meine Abtrünnigen, treiben sich umher auf den Misthaufen der grossen Städte... Abtrünnige sind Leute, die alles angefangen haben und nichts geworden sind. Sie haben alle Fakultäten besucht... - sie bekamen keinen Grad, kein Patent und kein Diplom...

Der ist ein Abtrünniger, der mit den Füssen nicht im Leben steht, weil er keinen Beruf, keinen Stand, kein Handwerk übt und der sich nicht betiteln kann, sei es als Möbeltischler, Notar, Doktor oder Schuster, und dessen einziges Gepäck seine Manie ist - blöd oder gewaltig, fad oder berühmt und einerlei, ob er Kunst, Literatur, Astronomie, Magnetismus oder Handleserei betreibt, oder ob er per Zufall eine Bank, eine Schule oder eine Religion zu gründen trachtet [...]

Der Abtrünnige in Paris durchläuft die Spiessrutengassen der Zischenden und der Auslachenden; er schreitet mit offener Brust und flammendem Stolze geradeaus, ohne den Weg zu überlisten. Das Elend bläst ihn mit eisigem Hauche an, packt ihn am Halse und schmeisst ihn in die Gosse; so fallen, welken und sterben gar oft die tapferen Naturen [...], weil sie, blind wie sie waren, der Lebenswirklichkeit ins Gesicht gelacht, weil sie der Gefahren und der Forderungen gespottet haben. Die Wirklichkeit [...] zwingt sie zu einem zehnjährigen Todeskampf ohne Grösse, voll grotesker Schmerzen und ruhmloser Opfer."

1866

Reise nach Lyon und nach Saint-Étienne, wo er seine Mutter besucht.

Sein zweites Buch unter dem Namen Jules Vallès erscheint, La rue.

1867

Er gründet seine erste Zeitschrift, La rue, die aber nach 27 Ausgaben polizeilich verboten wird.

Reise ins Périgord im Südwesten Frankreichs.

1868

Er gibt die Zeitschrift Journal de Sainte-Pélagie heraus.

1869

Er gibt die Zeitschrift Le peuple (15 Ausgaben) heraus.

Rtwa zur selben Zeit gibt er auch die Zeitschrift Le réfractaire (3 Nummern) heraus.

1870

Nach dem 4. September 1870 lässt er sich in die Internationale aufnehmen, wird Chef eines Bataillons der Nationalgarde und beteiligte sich als solcher bei allen Meutereien während der Belagerung von Paris.

1871

Nach der Kapitulation von Paris gründet er das Blatt Le cri du peuple (1871), das offizielle Organ der Häupter der Nationalgarde, und wird nach dem Aufstand vom 18. März 1871 zum Mitglied der Pariser Kommune erwählt. Nach dem Einrücken der Truppen von Versailles gelingt es ihm, nach London zu entkommen, von wo aus er als Mitarbeiter an dem sozialistischen Journal La résolution française tätig ist. In Frankreich wird er indessen in Abwesenheit zum Tode verurteilt.

1880

Nach der Amnestie vom Juli 1880 nach Paris zurückgekehrt, lebt er nun von seiner belletristischen Arbeit. Sein bekanntestes Werk ist zweifelsohne die zwischen 1879 und 1886 veröffentlichte Trilogie Jacques Vingtras, einer der grossen autobiografischen Romane der Weltliteratur, ebenso bedeutend wie Gorkis oder Strindbergs Lebensgeschichte. Vallès zeigt, wie er Aufrührer und Revolutionär wurde: Nicht durch Theorien, Ideologien, Bücher, romantische Vorbilder oder weil er zu faul zum arbeiten war, sondern durch die Erfahrung des alltäglichen Elends, die Unterdrückung und Verlogenheit in der Familie, durch das Elend der Sinnlosigkeit und Demütigungen in der Schule, durch Armut und Arbeitslosigkeit, die den Absolventen der staatlichen Bildungseinrichtungen tagaus, tagein erniedrigten.

Er widmet das erste Buch des Jacques Vingtras mit dem Titel Das Kind (1879): "Allen, die in der Schule vor Langeweile umkamen oder zu Haus weinten, die in der Kindheit von ihren Lehrern tyrannisiert oder von ihren Eltern verprügelt wurden."

Der zweite Teil, Die Bildung (1881), trägt folgende Widmung: "Denen, die mit Griechisch und Latein genährt, Hungers gestorben sind, widme ich dieses Buch."

Den dritten Teil, Die Revolte (1886), widmet er: "Den Toten von 1871. Allen, die als Opfer der sozialen Ungerechtigkeit gegen eine schlecht eingerichtete Welt zu den Waffen griffen und unter der Fahne der Kommune die grosse Förderation der Schmerzen bildeten, widme ich dieses Buch." Dieser dritte Teil blieb unvollendet und wurde 1886 von seiner Schülerin Caroline Rémy (gen. Séverine) fertiggestellt und postum herausgegeben.

1885

  • 14. Februar: Jules Vallès starb 52-jährig in seiner Wohnung in Paris (77 Boulevard Saint-Michel).
  • 16. Februar: Der Sarg wird - bedeckt mit der roten Seidenschärpe, die Vallès als Mitglied der Kommune getragen hat - um die Mittagsstunde aus dem Haus getragen, wovor sich eine Menschenmenge von etwa 10'000 Personen versammelt hat. Dem Leichenzug zum Friedhof Père-Lachaise folgen, hinter den Familienangehörigen des Verstorbenen, Henri Rochefort, die Abgeordneten Antoine Révillon, Clovis Hugues und Georges Laguerre, in Paris gegenwärtige ehemalige Mitglieder der Kommune wie Charles Amouroux, Augustin Avrial, Arnaud, Henri-Louis Champy, Frédéric Cournet, Louis-Simon Dereure, Clovis Dupont, Émile Eudes, Gérardin, François Jourde, Charles Longuet, Benoït Malon, Jules Martelet, Eugène Pottier, Dominique Regère, Raoul Urbain, Édouard Vaillant, Auguste Viard, und verschiedene Delegationen. Es werden rote Fahnen entfaltet und unterwegs ertönen am Strassenrand die Rufe "Vive la Commune! Vive la révolution sociale! Vive l'anarchie!" Aufgrund eines von den deutschen Sozialisten gestifteten Kranzes kommt es zu mehreren Zwischenfällen, aber die Polizei greift nicht ein. Die Grabrede hält Henri Rochefort.

1914

Das Grab wird mit einer Porträtbuste des Bildhauers Jean Carlus geschmückt.