Eheliches Leben

Aus Mikiwiki
Version vom 4. Januar 2014, 16:29 Uhr von Michi (Diskussion | Beiträge)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Wechseln zu: Navigation, Suche

In Kapitel 28 des Buchs Der Ackermann und der Tod aus dem Jahre 1401, von Johannes von Tepl ist folgendes zu lesen:

Also spricht der Tod zum Ackermann: "Du lobst über die Massen eheliches Leben; jedoch wollen Wir dir etwas vom ehelichen Leben erzählen, ungeachtet aller reinen Frauen. Sobald ein Mann ein Weib nimmt, alsbald sind sie beide in Unserem Gefängnis. Sogleich hat er eine Verpflichtung, eine Sorge, einen Handschlitten, ein Joch, ein Kummet, eine Bürde, eine schwere Last, einen Fegeteufel, eine tägliche Rossfeile, die er nicht loswerden kann, solange Wir nicht an ihm Unsere Gnade ausüben. Ein beweibter Mann hat Donner, Hagel, Füchse, Schlangen jeden Tag in seinem Hause. Ein Weib trachtet jeden Tag danach, dass sie Herr werde. Zieht er hinauf, so zieht sie hinab; will er dies, so will sie das; will er hierhin, so will sie dorthin. Solches Spiels wird er satt und sieglos jeden Tag. Betrügen, überlisten, schmeicheln, um den Bart gehen, liebkosen, widerstreben, lachen, weinen kann sie alles in einem Augenblick; angeboren ist es ihr. Krank zur Arbeit, gesund zur Wollust, dazu zahm oder wild ist sie, wenn sie dessen bedarf. Um ein Widerwort zu finden, bedarf sie keines Beraters. Gebotene Dinge nicht zu tun, verbotene Dinge zu tun, befleissigt sie sich jederzeit. Das ist ihr zu süss, das ist ihr zu sauer, das ist ihr zuviel, das ist ihr zuwenig, nun ist es zu früh, nun ist es zu spät; so wird alles getadelt. Wird jemals etwas von ihr gelobt, so muss es mit Schanden in einem Drechselstuhl gedreht werden, und auch dann wird das Loben oft mit Spott vermischt. Ein Mann, der in der Ehe lebt, kann kein Mittelmass halten. Ist er zu gütig, ist er zu scharf, um beides wird er mit Schaden gescholten. Sei er auch halb gütig und scharf, dennoch gibt es da kein Mittel; Schaden und Schelten bringt es stets ein. Jeden Tag neue Zumutung oder Keifen, jede Woche befremdliche Forderungen oder Murren, jeden Monat neuen hässlichen Unflat oder Zürnen, jedes Jahr neue Kleider oder Tag für Tag Zank muss ein beweibter Mann haben, er heirate, wen er wolle. Der Nächte Ärgernis sei ganz verschwiegen; Unseres Alters wegen schämen wir uns. Schonten Wir nicht die ehrbaren Frauen, so könnten Wir von den ehrlosen noch viel mehr singen und sagen."