1797 Augustin Fangé Buch "Geschichte des männlichen Barts unter allen Völkern der Erde bis auf die neueste Zeit (Für Freunde der Sitten und Völkerkunde)"/Zehntes Kapitel

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I. Ueber den Bart der Mönche im Orient und Occident
II. Hatte der heilige Benedikt einen Bart?
III. Regel, die man in Absicht des Barts beobachtete
IV. Sitte, den Bart der Geistlichen und Mönche einzusegnen
V. Gebräuche der verschiedenen geistlichen Orden in Absicht des Barts
VI. Bärtige oder Layenbrüder
VII. Schrieb der heilige Franz seinen Schülern lange Bärte vor?
Beschluss dieser Abhandlung

Bart der Mönche im Orient und Occident

Das Raisonnement über die Bärte der Mönche im Orient und Occident fällt nothwendig verschieden aus. Es ist gewiss, dass sich die erstern unverrückt bey der Sitte, lange Bärte zu tragen, erhalten haben. Der Verfasser der Analyse der Lehre des heiligen Athanasius, die er an die Mönche richtet, empfiehlt es ihnen an, sich das Kinn nicht zu rasiren. "Rasirt euch das Kinn nicht", sagt er Seite 16 seiner Abhandlung selbst. Arsenes trug einen Bart, der ihm bis auf die Brust herab hing. "Er trug einen langen Bart, der ihm bis auf den Bauch ging" (gestabat Barbam logam, quad ad ventrem pertingeret, Eccl. Graec. Apopht. Tom I, p. 371). Scyrillus von Scythopolis sagt dasselbe von dem heiligen Eutthymus, im Leben dieses heiligen Abts. Was in dem Lollandisten von dem Märtyrerthum der acht und dreyssig Mönche, denen der Kaiser Constantin Copronymus den Bart abbrennen liess, nachdem er ihn mit Pech beschmieren lassen, erzählt wird, beweist, dass diese Heiligen lange Bärte trugen. Der heilige Sebas und seine Schüler trugen deren gleichfalls, wie man in dessen Leben liest. Dasselbe finden wir in Absicht des heiligen Antiochus, in dem Leben des heiligen Theodors Siceates. St. Isidor von Pelus bezeugt, diess sey bey den Mönchen seiner Zeit herrschende Sitte gewesen. "Es ist kein sicheres Kennzeichen eines religiösen Lebens, lieben Brüder, wenn man mit einem Mantel und einem langen Barte prahlt." St. Basilius der Grosse, St. Gregorius von Nazianze, sind auf sehr alten Denkmählern mit langem Bart abgebildet.

In Hinsicht der Mönche des Occidents scheint es herrschende Sitte gewesen zu seyn, sich den Bart rasiren zu lassen. In der That findet man einige Beyspiele von Mönchen, die lange Bärte trugen. St. Gregorius von Tours sagt in seiner Charakteristik des St. Leobarts, Mönchs im Kloster Marmoutier, er hätte einen langen Bart. Auch gefiel er sich nicht, wie Einige, in langen Haarseilen oder in einem herabhängenden Bart (Nec sibi, ut quidam, dimissis capillorum flagellis aut Barbae demissione plaudebat). Aber es ist sehr wahrscheinlich, dass diess nur die Einsiedler und Mönche, die von der Welt ganz abgeschieden lebten, thun mochten; denn übrigens ist es ohne Ausnahme wahr, dass die Cenobiter-Mönche, das heisst diejenigen, die in den Klöstern sich aufhielten, sich rasiren liessen. Der heilige Wilhelm z. B. Herzog von Aquitanien und in der Folge Mönch des heiligen Guillem liess sich, als er sich dem Klosterleben widmete, rasiren. Der heilige Petrus Urieolus, Doge von Venedig, hatte sich im zehnten Jahrhundert entschlossen, seiner Würde zu entsagen, um Mönch zu werden; und da er sah, dass diejenigen, die man abgeschickt hatte, um ihn zurück zu bringen, nahe daran waren, ihn zu erreichen, so sagte er zu dem Abt Guarini, welcher ihn begleitete, er sollte eilen, ihm den Bart abzuscheren, und ihm das Mönchskleid anzulegen. "Nimm so bald du nur kannst, das Schermesser, nimm mir den Bart ab, und ziehe mir die Mönchskutte an." Da diess geschehen war, erkannten ihn seine Verfolger nicht, und liessen ihn entweichen.

Ich führe ein anderes Beyspiel an, welches beweist, dass diejenigen, welche den Mönchsstand ergreifen wollten, damit anfingen, sich den Bart abzunehmen; es ist das eines gewissen Eldecards, dessen in der Chronik von Vulturne Erwähnung geschieht. "Der allmächtige Gott hat mir durch Eingebung den Entschluss eingeflösst, diese Welt zu verlassen, meinen Kopf und Bart zu scheren, und das heilige Mönchskleid anzulegen." Ich könnte mehrere Beyspiele anführen, um das Gesagte zu bestätigen, aber diess mag genug seyn.

Gleichwohl muss man gestehen, dass dieser Gebrauch, sich den Bart zu scheren, unter den Mönchen des Occidents nicht so allgemein angenommen war, dass man nicht zuweilen Beyspiele des Gegentheils fänd. Angelius von Nuce hat in seinen Anmerkungen über das vier und zwanzigste Kapitel des Lebens des heiligen Benedikts ein altes Gemählde nachstechen lassen, wo dieser heilige Gesetzgeber mit Johann, Abt von Mont-Cassin vorgestellt ist, wie derselbe einen runden Bart und Knebelbart trägt. Goldast theilt in seinen Bemerkungen über das Leben Karlmanns die Beobachtung mit, er habe wenige alte Figuren von Mönchen gesehen, wo sie nicht mit Bärten vorgestellt wären. "Es gibt sehr selten unter alten Abbildungen von Mönchen, deren ich sehr viele gesehen habe, solche, die keinen Bart hätten." Daraus schliesse ich, dass die Disciplin in Absicht des Barts nach Verschiedenheit der Orte und Umstände habe verschieden seyn können.

II. Hatte der heilige Benedikt einen Bart?

Es lässt sich die Frage aufwerfen, ob der heilige Benedikt, der Patriarch der Mönche des Occidents einen Bart getragen habe? Es ist sehr wahrscheinlich, dass dieser Heilige, der Sitte des Jahrhunderts, worin er lebte, gemäss, keinen langen Bart getragen habe. Die Mönche des Occidents trugen deren, wie wir gesehen haben, keine; ganz hierin von den Mönchen des Orients verschieden, die sie sehr lang trugen. Wirklich ist das die alte Tradition des Klosters von Mont-Cassin, das man von dem heiligen Gesetzgeber selbst gestiftet glaubt. Es scheint nämlich nicht möglich gewesen zu seyn, dass die Sitte, sich den Bart zu rasiren, sich seit so vielen Jahrhunderten ununterbrochen in diesem Kloster sollte erhalten haben, wenn sie der Heilige nicht vorgeschrieben, oder wenigstens sein Beyspiel in Aufnahme gebracht hätte.

Indess scheint es gewiss zu seyn, dass sich die Mönche von Mont-Cassin immer haben rasiren lassen; diess bezeugen sehr alte Gemählde, die sie durchgängig mit rasirten Bärten darstellen und einen Beweis davon ablegen, dass diese Sitte in dieser Abtey immer herrschend gewesen sey. In einem Manuscript ist der heilige Benedikt ohne Bart dargestellt. In einem andern von dem Abt S. Angelo ad foras sieht man den Abt Didier und alle seine Mönche schlechthin ohne allen Bart, und mit einer Krone, die denen der Dominikaner gleicht.

Es ist wahr, dass andere Gemählde den heiligen Gesetzgeber mit einem langen Bart darstellen; aber diese Art, ihn zu mahlen, kommt vielleicht von der Phantasie der Mahler, oder derjenigen, die ihn so haben darstellen wollen, um sich nach dem in ihrer Provinz, und in andern Gegenden, wo grosse Bärte in Aufnahme waren, eingeführten Gebrauch zu bequemen. In der That, sieht man den heiligen Augustin, z. B., nicht auf mehrern Gemählden mit einem langen Barte, ob es gleich gewiss scheint, dass zu seiner Zeit alle Afrikanischen Geistlichen nach dem Beyspiel der Römischen Geistlichkeit, mit rasirtem Bart gingen? Eben so ist Karlmann auf mehrern alten Gemählden mit einem langen Bart vorgestellt; ob er gleich auf den Insiegeln, die uns von diesem Regenten noch übrig sind, und die man in der Abtey des heiligen Dionysius in Frankreich und in der des Saint Germain de Prez aufbewahrte, mit einem geründeten oder vielmehr krausen Bart erscheint, und auf seinen Münzen und in seiner Figur, die sich vor der Bibel befindet, die sich zu St. Paul in Rom aus seiner Zeit erhalten hat, sich, wie die alten Kaiser, ohne Bart vorgestellt findet.