1797 Augustin Fangé Buch "Geschichte des männlichen Barts unter allen Völkern der Erde bis auf die neueste Zeit (Für Freunde der Sitten und Völkerkunde)"/Achtes Kapitel: Unterschied zwischen den Versionen

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== Man schnitt sich das Haar als Zeichen von Betrübniss und Trauer ab ==
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Es ist überraschend, dass ganz verschiedene, einander ganz entgegengesetzte Gebräuche, bey denselben Völkern zur Bezeichnung einer und derselben Sache dienen konnten. Diess sehen wir an der Sitte, sich Haupthaar und Bart während der Trauer ganz rasiren zu lassen, um dadurch seinen Schmerz auszudrücken; ein bey den Juden eingeführter Gebrauch, während dieselbe Nation, um dasselbe Leiden auszudrücken, sich bisweilen den Bart wachsen liess.
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Die Aegypter, die Moabiter, die Babylonier, die Assyrier schnitten sich gewöhnlich die Haare während der Trauer ab. Der Prophet Jesaias, wo er von der Rache spricht, die der Herr an den stolzen Moabitern nehmen müsste, sagt, Moab würde heulen und schreyen müssen; seine Einwohner würden sich alle Haare ausreissen, würden sich alle den Bart scheren lassen. "Moab heult; alle seine Köpfe sind kahl, jeder Bart hat sich scheren lassen."
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Man weiss, dass das gänzliche Abschneiden des Barts zur Bezeichnung seiner Trauer bey den Juden durch das Gesetz verboten war, zumahl, wenn es zur Ehre heidnischer Gottheiten geschah. "Sie," (die Priester) "beschneiden nicht ihr Haupt, nicht ihr Haar, kasteyen, geisseln nicht ihr Fleisch." (Levit. 21, 5) Das will so viel sagen, als habe Jehova den Priestern durch dieses Gesetz verbieten lassen, die Zeichen der Trauer für ihre Mitbürger an sich erblicken zu lassen. Sie durften ausser der Zeit ihres Dienstes um irgend einen ihrer Verwandten trauren; aber sie durften es nicht für Fremde, mit denen sie in Verbindung oder in Verhältnissen der Freundschaft stehen mochten. Ueberhaupt muss man in Hinsicht der Juden anders entscheiden, wenn von der Trauer der Priester; und anders, wenn von der Trauer des Volks die Rede ist.
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Man muss das Verbot, von dem wir so eben geredet haben, nicht buchstäblich nehmen; so dass man glaubte, Moses habe es den gemeinen Juden schlichthin verboten, sich während der Zeit der Trauer Kopf- und Barthaar abschneiden zu lassen; sondern dieses Verbot bezog sich nur auf eine gewisse Art, diess zur Ehre des Gottes des Todes, das heisst zur Ehre des Adonis und Osiris zu thun. Die Trauer mit allen Zeremonien war dem Jüdischen Volke erlaubt; sie durften deshalb alle Kennzeichen derselben an sich tragen, worunter Bart- und Haar-Beschneiden den ersten Rang behaupteten; aber diess war den Priestern untersagt. So war nur diejenige Art, sich den Bart abscheren zu lassen, den Israeliten verboten, die sich auf Aegyptische Gebräuche bezog; denn bey den Aegyptern beschränkte sich der Bart nur auf die Spitze des Kinns, wie man an den Mumien und an den Figuren der Aegyptischen Gottheiten sieht, die uns noch übrig sind. Bey Menschen und Göttern waren Schläfe, Wangen und Lippen ganz glatt. Nur am Kinn sah man Barthaar, und dieses stieg bis unter die Brust hinab; und diesen Bartbüschel schnitten sich die Aegypter während der Trauer ab. Und diese Art sich den Bart abzuscheren, verbot Moses den Israeliten.
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Der Prophet Jeremias, der die Expedition Nebucadnezars gegen die Moabiter vorher verkündigt, sagt, alle Köpfe würden unter ihnen ohne Haar, alle Bärte rasirt seyn. In dem Brief, welchen derselbe Jeremias den Juden in der Babylonischen Gefangenschaft schrieb, bezeugt er, falsche Priester hätten sich in ihre Tempel gesetzt, sie hätten zerrissne Kleider an, und hätten geschornen Kopf und Bart.
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Wir lesen in demselben Propheten, dass nach der Zerstöhrung Jerusalems achtzig Männer von Sichem, Silo, Samaria nach Masphat kamen, um daselbst Godolias und den Ueberrest des Volks zu sehen; sie hatten rasirten Bart, zerrissne Kleider, ganz entstelltes Gesicht; das heisst, diese Menschen hatten alle Zeichen der Trauer an sich, zeigten sich dadurch als Leute, die den Sturz des Vaterlands, die Einäscherung und Entweihung des Tempels ihres Gottes tief betrauerten; und diess zeigt, dass diese Arten Trauergebräuche nicht durch das Gesetz verboten waren, weil sie bey einer regelmässigen und erlaubten Trauer vorkamen.
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Bey den Römern war es ein zeichen der Trauer, man mochte sich nun Bart und Haare des Kopfs ganz abscheren lassen, oder man mochte sie auch nachlässig wachsen lassen, ohne dass man sie sich abschneiden liess. Wir lernen aus Sueton, dass, so bald der Tod des Germanikus bekannt wurde, die Asiatischen Könige, um ihren Schmerz über einen solchen Verlust auszudrücken, sich den Bart ausrissen, und ihren Gemahlinnen das Haupthaar abschneiden liessen. Nach der Einnahme der Stadt Sybaris durch die Krotonier rasirten sich fast alle Milesier zum Zeichen ihrer Traurigkeit den Bart. Aulus Gellius erzählt in seinen <i>Attischen Nächten</i>, dass sich die angesehensten Römer zu Zeit des Kriegs mit den Carthagern den Bart abschneiden liessen, um dadurch das Unglück zu bezeichnen, das die Republik bedrohte.
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== II. Man liess den Bart als Zeichen seiner Trauer wachsen ==
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Man liess vordem in der Trauer und um seinen tiefen Schmerz an den Tag zu legen, den Bart auch wachsen. Miphiboset, der Sohn Sauls hatte die ganze Zeit über, als der König David durch Absalon aus Jerusalem vertrieben worden war, seinen Bart nicht rasirt; und er erschien in diesem Aufzug vor diesem Regenten bey seiner Zurückkehr. Auch "Miphiboset, der Sohn Sauls, ging dem Könige entgegen mit ungewaschnen Füssen und ungeschornem Bart", heisst es im zweyten <i>Buch der Könige</i>. Auch war es bisweilen bey den Römern ein Zeichen von Betrübniss und Trauer, wenn man sich den Bart wachsen liess. Markus Livius war bey seinem Abgange als Konsul von dem Volk verurtheilt worden, und dies verursachte ihm so viel Missvernügen, dass er sich auf das Land zurück zog, und sich Bart und Kopfhaar wachsen liess. MAn sah bisweilen bey Trauerfällen eine ganze Familie in ihre Wohnung sich verbannen; die Männer gingen dann in zerrissenen Kleidern, langem Bart, nachlässig um den Kopf hängenden Haaren; die Weiber trugen ihr Haar unordentlich über das Gesicht herabhängend und lagen auf den Fussboden niedergeworfen.
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Die Perser rasirten sich während der Trauer; aber zur Zeit Alexanders des Grossen, wo sie ganz weichlich geworden waren, hatten sie dem Bart gänzlich entsagt. Unter der Regierung der Semiramis, welche für einen Mann gelten wollte, sah man bey den Assyriern keinen Bart mehr.
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== III. Rasirter Bart, als Strafe für grosse Verbrechen ==
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Jehova droht im Jesaias, sich eines geliehenen Rasirmessers zu bedienen, um alles Haar am Körper seines Volks abzuscheren. "Der Herr wird mit einem gedungenen Schermesser das Haupt, die Haare der Füsse und den ganzen Bart scheren." (Jes. 7, 20) Das will sagen: er wird seine Rache gegen sein Volk durch das Schwerdt der Völker jenseit des Euphrats ausüben.
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Andreas Thevet bezeugt in seiner allgemeinen Kosmogenie, die Bewohner von Kandia und der Insel Kreta seyn so sehr in ihren Bart verliebt, dass sie es für den grössten Schimpf und die grösste Beleidigung hielten, die man ihnen zufügen könnten, wenn man ihnen denselben abscheren liess. Er erzählt, er habe einen Menschen gesehen, der dazu verurtheilt gwesen sey, öffentlich einen rasirten Bart zu tragen, und er sey zur Strafe dafür verurtheilt worden, weil er mörderischer Weise einen Pfeil auf seinen Nachbar abgedrückt habe; und er habe diese Strafe für eben so hart gehalten, als wenn er gehängt worden wäre. Er sagt, auf der Insel Java verurtheile man diejenigen zu gleicher Strafe, der sich eines Weibes gelüsten lasse, das für den Serail des Königs bestimmt sey.
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In der Geschichte der Wunder des heiligen Julus und des heiligen Clement, der Patrone des Klosters unter demsleben Namen in der Stadt Volterre in Toskana wird erzählt, es hätten Räuber in der Kirche dieser Heiligen einen Kelch und ein Evangelienbuch mit goldnen und silbernen Blatten gestohlen gehabt, und sich auf ein Schiff, das nach Pisa habe fahren wollen, gerettet. Gott habe sogleich einen Sturm entstehen lassen, der das Schiff in Gefahr, unterzugehen, gebracht habe. Die Einwohner von Pisa hätten diesen Sturm irgend einem seit kurzen begangenen Verbrechen beygemessen, hätten alle Passagiere durchsucht und die gestohlnen Sachen gefunden. Sie hätten hierauf die Räuber in die Kirche der Heiligen gebracht; man hätte ihnen vor der Kirchthüre die Haare des Barts abgeschnitten und sie an einen Ast von einem Baum aufgehängt, wo sie lange hängen geblieben wären. "Auch wurden den Räubern die Bärte abgeschoren, sie blieben vor der Thür der Heiligen lange an dem Ast eines Baums hängen, und verwitterten endlich." (Man sehe die genannte Schrift)
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== IV. Sprichwörtliche Redensarten, die man mit dem Wort Bart machte ==
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== V. Andere Arten, diess Wort zu nehmen ==

Version vom 6. September 2009, 14:30 Uhr

I. Man schnitt sich das Haar als Zeichen von Betrübniss und Trauer ab
II. Man liess sein Haupthaar und seinen Bart wachsen, um seinen Schmerz worüber auszudrücken
III. Ein rasirter Bart, als Strafe für grosse Verbrechen oder als Mittel, jemanden lächerlich zu machen
IV. Sprichwörtliche Redensarten, die man mit dem Wort Bart machte
V. Andere Arten, diess Wort zu nehmen

Man schnitt sich das Haar als Zeichen von Betrübniss und Trauer ab

Es ist überraschend, dass ganz verschiedene, einander ganz entgegengesetzte Gebräuche, bey denselben Völkern zur Bezeichnung einer und derselben Sache dienen konnten. Diess sehen wir an der Sitte, sich Haupthaar und Bart während der Trauer ganz rasiren zu lassen, um dadurch seinen Schmerz auszudrücken; ein bey den Juden eingeführter Gebrauch, während dieselbe Nation, um dasselbe Leiden auszudrücken, sich bisweilen den Bart wachsen liess.

Die Aegypter, die Moabiter, die Babylonier, die Assyrier schnitten sich gewöhnlich die Haare während der Trauer ab. Der Prophet Jesaias, wo er von der Rache spricht, die der Herr an den stolzen Moabitern nehmen müsste, sagt, Moab würde heulen und schreyen müssen; seine Einwohner würden sich alle Haare ausreissen, würden sich alle den Bart scheren lassen. "Moab heult; alle seine Köpfe sind kahl, jeder Bart hat sich scheren lassen."

Man weiss, dass das gänzliche Abschneiden des Barts zur Bezeichnung seiner Trauer bey den Juden durch das Gesetz verboten war, zumahl, wenn es zur Ehre heidnischer Gottheiten geschah. "Sie," (die Priester) "beschneiden nicht ihr Haupt, nicht ihr Haar, kasteyen, geisseln nicht ihr Fleisch." (Levit. 21, 5) Das will so viel sagen, als habe Jehova den Priestern durch dieses Gesetz verbieten lassen, die Zeichen der Trauer für ihre Mitbürger an sich erblicken zu lassen. Sie durften ausser der Zeit ihres Dienstes um irgend einen ihrer Verwandten trauren; aber sie durften es nicht für Fremde, mit denen sie in Verbindung oder in Verhältnissen der Freundschaft stehen mochten. Ueberhaupt muss man in Hinsicht der Juden anders entscheiden, wenn von der Trauer der Priester; und anders, wenn von der Trauer des Volks die Rede ist.

Man muss das Verbot, von dem wir so eben geredet haben, nicht buchstäblich nehmen; so dass man glaubte, Moses habe es den gemeinen Juden schlichthin verboten, sich während der Zeit der Trauer Kopf- und Barthaar abschneiden zu lassen; sondern dieses Verbot bezog sich nur auf eine gewisse Art, diess zur Ehre des Gottes des Todes, das heisst zur Ehre des Adonis und Osiris zu thun. Die Trauer mit allen Zeremonien war dem Jüdischen Volke erlaubt; sie durften deshalb alle Kennzeichen derselben an sich tragen, worunter Bart- und Haar-Beschneiden den ersten Rang behaupteten; aber diess war den Priestern untersagt. So war nur diejenige Art, sich den Bart abscheren zu lassen, den Israeliten verboten, die sich auf Aegyptische Gebräuche bezog; denn bey den Aegyptern beschränkte sich der Bart nur auf die Spitze des Kinns, wie man an den Mumien und an den Figuren der Aegyptischen Gottheiten sieht, die uns noch übrig sind. Bey Menschen und Göttern waren Schläfe, Wangen und Lippen ganz glatt. Nur am Kinn sah man Barthaar, und dieses stieg bis unter die Brust hinab; und diesen Bartbüschel schnitten sich die Aegypter während der Trauer ab. Und diese Art sich den Bart abzuscheren, verbot Moses den Israeliten.

Der Prophet Jeremias, der die Expedition Nebucadnezars gegen die Moabiter vorher verkündigt, sagt, alle Köpfe würden unter ihnen ohne Haar, alle Bärte rasirt seyn. In dem Brief, welchen derselbe Jeremias den Juden in der Babylonischen Gefangenschaft schrieb, bezeugt er, falsche Priester hätten sich in ihre Tempel gesetzt, sie hätten zerrissne Kleider an, und hätten geschornen Kopf und Bart.

Wir lesen in demselben Propheten, dass nach der Zerstöhrung Jerusalems achtzig Männer von Sichem, Silo, Samaria nach Masphat kamen, um daselbst Godolias und den Ueberrest des Volks zu sehen; sie hatten rasirten Bart, zerrissne Kleider, ganz entstelltes Gesicht; das heisst, diese Menschen hatten alle Zeichen der Trauer an sich, zeigten sich dadurch als Leute, die den Sturz des Vaterlands, die Einäscherung und Entweihung des Tempels ihres Gottes tief betrauerten; und diess zeigt, dass diese Arten Trauergebräuche nicht durch das Gesetz verboten waren, weil sie bey einer regelmässigen und erlaubten Trauer vorkamen.

Bey den Römern war es ein zeichen der Trauer, man mochte sich nun Bart und Haare des Kopfs ganz abscheren lassen, oder man mochte sie auch nachlässig wachsen lassen, ohne dass man sie sich abschneiden liess. Wir lernen aus Sueton, dass, so bald der Tod des Germanikus bekannt wurde, die Asiatischen Könige, um ihren Schmerz über einen solchen Verlust auszudrücken, sich den Bart ausrissen, und ihren Gemahlinnen das Haupthaar abschneiden liessen. Nach der Einnahme der Stadt Sybaris durch die Krotonier rasirten sich fast alle Milesier zum Zeichen ihrer Traurigkeit den Bart. Aulus Gellius erzählt in seinen Attischen Nächten, dass sich die angesehensten Römer zu Zeit des Kriegs mit den Carthagern den Bart abschneiden liessen, um dadurch das Unglück zu bezeichnen, das die Republik bedrohte.

II. Man liess den Bart als Zeichen seiner Trauer wachsen

Man liess vordem in der Trauer und um seinen tiefen Schmerz an den Tag zu legen, den Bart auch wachsen. Miphiboset, der Sohn Sauls hatte die ganze Zeit über, als der König David durch Absalon aus Jerusalem vertrieben worden war, seinen Bart nicht rasirt; und er erschien in diesem Aufzug vor diesem Regenten bey seiner Zurückkehr. Auch "Miphiboset, der Sohn Sauls, ging dem Könige entgegen mit ungewaschnen Füssen und ungeschornem Bart", heisst es im zweyten Buch der Könige. Auch war es bisweilen bey den Römern ein Zeichen von Betrübniss und Trauer, wenn man sich den Bart wachsen liess. Markus Livius war bey seinem Abgange als Konsul von dem Volk verurtheilt worden, und dies verursachte ihm so viel Missvernügen, dass er sich auf das Land zurück zog, und sich Bart und Kopfhaar wachsen liess. MAn sah bisweilen bey Trauerfällen eine ganze Familie in ihre Wohnung sich verbannen; die Männer gingen dann in zerrissenen Kleidern, langem Bart, nachlässig um den Kopf hängenden Haaren; die Weiber trugen ihr Haar unordentlich über das Gesicht herabhängend und lagen auf den Fussboden niedergeworfen.

Die Perser rasirten sich während der Trauer; aber zur Zeit Alexanders des Grossen, wo sie ganz weichlich geworden waren, hatten sie dem Bart gänzlich entsagt. Unter der Regierung der Semiramis, welche für einen Mann gelten wollte, sah man bey den Assyriern keinen Bart mehr.

III. Rasirter Bart, als Strafe für grosse Verbrechen

Jehova droht im Jesaias, sich eines geliehenen Rasirmessers zu bedienen, um alles Haar am Körper seines Volks abzuscheren. "Der Herr wird mit einem gedungenen Schermesser das Haupt, die Haare der Füsse und den ganzen Bart scheren." (Jes. 7, 20) Das will sagen: er wird seine Rache gegen sein Volk durch das Schwerdt der Völker jenseit des Euphrats ausüben.

Andreas Thevet bezeugt in seiner allgemeinen Kosmogenie, die Bewohner von Kandia und der Insel Kreta seyn so sehr in ihren Bart verliebt, dass sie es für den grössten Schimpf und die grösste Beleidigung hielten, die man ihnen zufügen könnten, wenn man ihnen denselben abscheren liess. Er erzählt, er habe einen Menschen gesehen, der dazu verurtheilt gwesen sey, öffentlich einen rasirten Bart zu tragen, und er sey zur Strafe dafür verurtheilt worden, weil er mörderischer Weise einen Pfeil auf seinen Nachbar abgedrückt habe; und er habe diese Strafe für eben so hart gehalten, als wenn er gehängt worden wäre. Er sagt, auf der Insel Java verurtheile man diejenigen zu gleicher Strafe, der sich eines Weibes gelüsten lasse, das für den Serail des Königs bestimmt sey.

In der Geschichte der Wunder des heiligen Julus und des heiligen Clement, der Patrone des Klosters unter demsleben Namen in der Stadt Volterre in Toskana wird erzählt, es hätten Räuber in der Kirche dieser Heiligen einen Kelch und ein Evangelienbuch mit goldnen und silbernen Blatten gestohlen gehabt, und sich auf ein Schiff, das nach Pisa habe fahren wollen, gerettet. Gott habe sogleich einen Sturm entstehen lassen, der das Schiff in Gefahr, unterzugehen, gebracht habe. Die Einwohner von Pisa hätten diesen Sturm irgend einem seit kurzen begangenen Verbrechen beygemessen, hätten alle Passagiere durchsucht und die gestohlnen Sachen gefunden. Sie hätten hierauf die Räuber in die Kirche der Heiligen gebracht; man hätte ihnen vor der Kirchthüre die Haare des Barts abgeschnitten und sie an einen Ast von einem Baum aufgehängt, wo sie lange hängen geblieben wären. "Auch wurden den Räubern die Bärte abgeschoren, sie blieben vor der Thür der Heiligen lange an dem Ast eines Baums hängen, und verwitterten endlich." (Man sehe die genannte Schrift)





IV. Sprichwörtliche Redensarten, die man mit dem Wort Bart machte

V. Andere Arten, diess Wort zu nehmen